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MARVEL-BROKER/004: "Helden Special 1 - Der Glaubenskrieg"


A. Davis, G. Johns, M. Grell, D. Jurgens


Helden Special 1

"Der Glaubenskrieg"

Thor verläßt die Rächer



Im Jahre 1963 vereinigten sich einige der mächtigsten Helden der Erde, um gemeinsam gegen Feinde zu kämpfen, die ein einzelner nicht bezwingen konnte. Sie nannten sich "die Rächer" und machten sich zur Aufgabe, Ungerechtigkeiten zu rächen, ohne dabei den Boden des Rechts zu verlassen. Thor gehörte zu den Gründungsmitgliedern, genauso wie Iron Man, Ant-Man, Wasp und der Hulk. Später stieß noch Captain America hinzu und wurde zu ihrem Anführer gewählt. In den folgenden Jahren kamen immer wieder neue Helden hinzu, während alte Mitglieder als Reserve-Team in den Hintergrund rückten.

Mit diesem "HELDEN SPECIAL" geht für Marvel Deutschland die Ära der Heftserien mit den klassischen Marvel-Helden zuende. Das vorliegende Crossover bildet den Prolog zu einer neuen Serie - "die Fantastischen Vier & die Rächer" -, die bereit ist, das Erbe anzutreten. Die Abenteuer der klassischen Marvel-Helden "Thor" und "Iron Man" werden in einer zukünftigen "MARVEL MONSTER EDITION" weitergeführt. Anscheinend soll der Fürst von Asgard innerhalb der verschiedenen neuen Heftserien und Editionen unterschiedliche Wege beschreiten. Ausgangspunkt ist jeweils eine fiktive Geschichte, als Spiegel der realen Welt, bei der die Regierungen und Unternehmen versuchen, einen Status quo zu bewahren, während Globalisierungsgegner sich redlich bemühen, ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Thor wird durchaus als ein Gegner des weltpolitischen Status dargestellt, doch während in der Reihe "DIE ULTIMATIVEN" der ultimative Thor Veränderungen aus dem Inneren heraus erreichen will, sieht der "klassische" Thor hingegen seine Aufgabe darin, eine komplette neue Weltordnung zu schaffen, die in seinen Augen gerechter wäre.

Thor bestieg den Thron von Asgard nach dem tragischen Tod seines Vaters Odin, um fortan das germanische Götterreich der Asen zu führen. Doch vergaß der Donnergott nicht das Schicksal der Erde, und so beschloß er, dem Planeten im großen Stil zu helfen. Er verlegte die Stadt Asgard in den Himmel über New York und konnte seither beide Welten überblicken. Erste große, weltweite Hilfsaktionen liefen an, und viele Menschen brachten ihm ihre Bewunderung entgegen, schlossen sich zu Gruppen und Gemeinschaften auf der ganzen Erde zusammen, um den wohltätigen Donnergott zu verehren. Dies jedoch sehen die bisherigen Machthaber, Regierungen und Kirchen, gar nicht gern. Vor diesem Hintergrund spielt die Saga "Glaubenskrieg".

In dem Abenteuer werden zwar vordergründig verschiedene Konfliktfelder angesprochen, als da wären der Kampf der Religionen zwischen dem Christentum und den germanischen Göttern mit Thor als Asenfürst oder auch die Auseinandersetzung zwischen Globalisierungbefürwortern und -gegnern, doch tatsächlich wirkt die Story eher so, als wenn hier nur die alte Frage nach der Richtigkeit des weltpolitischen Kurses aufgeworfen würde, der zwischen den amerikanischen Parteien der Demokraten und der Republikaner zu Scheingefechten führt. Die Verfechter der demokratischen Position, vertreten durch Iron Man und auch Captain America, stehen für die Sicherung der amerikanischen Vorherrschaft und ihrer stillen Erweiterung durch eine Kriegsführung mit wirtschaftlichen und politischen Mitteln.

Die Anhänger der republikanischen Doktrin wären dann Thor und seine göttlichen Mitstreiter, die eigenmächtig und ohne Zustimmung der Vereinten Nationen souveräne Staaten angreifen, um einen Umsturz der amtierenden Regierung herbeizuführen. Doch einig sind sich beide Parteien in der Gewißheit, daß ein Status quo die amerikanische Position als einzige Supermacht der Welt in Gefahr brächte, weshalb ein Wachstum der Wirtschaft, ein Ausbau des geografischen Einflusses, kurzum eine Globalisierung in den verschiedensten Bereichen unter amerikanischer Führung unablässig ist. Nur die Art und Weise, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, wird von beiden politischen Lagern unterschiedlich gehandhabt.

So erkennt man auch im "Glaubenskrieg" den gängigen Propagandafeldzug des Aggressors, den dieser stets nach einem ähnlichen Schema führt, um einen Krieg gegen einen anderen Staat zu rechtfertigen: Das diktatorische Regime des osteuropäischen Staates "Slokovia" unterdrückt sein eigenes Volk, verbietet die freie Religionsausübung und droht mit Völkermord. Der Nachbar, der kleine, aber mächtige Balkanstaat Latveria des Dr. Doom, droht im Falle eines Einmarschs internationaler Kräfte in Slokovia, seinerseits mit Krieg, der sich jedoch gegen die Invasoren richten würde, weil Dr. Doom kein Interesse an einer Destabilisierung der Region hat. Dann sind da noch die Russen, die Amerikaner und, seit dem Krieg gegen Serbien, auch die Nato, und plötzlich droht der Ausbruch des dritten Weltkriegs. Der "klassische" Thor muß nun das Problem viel umfänglicher angehen, und es bahnt sich nach einen heftigen Streit gegen den Eisernen, in dessen Folge Thor die Rächer verläßt, das Unvermeidliche an, die Erschaffung einer neuen Weltordnung mit mehr Gerechtigkeit. Ob sich diese Erneuerung nun gegen die bestehenden Machtverhältnisse richtet oder sie sogar bestärkt und die Herrschaftsstrukturen auf die nächst höhere Entwicklungsstufe hebt, wird sich erst in der Fortsetzung dieser spannenden Saga zeigen.

Euer Marvel-Broker


Helden Special 1: Glaubenskrieg
Autoren: A. Davis, G. Johns, M. Grell, D. Jurgens
Panini, Stuttgart, Januar 2004
84 Seiten, farbig, Softcover-Album, Kleinformat, 6,- Euro