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MARVEL-BROKER/006: "JLA / Die Rächer"


Kurt Busiek, George Pérez


JLA / Die Rächer 1 von 4



Endlich! Das Marvel-Universum trifft auf Superman und Freunde

Eine kosmische Gefahr unvorstellbarer Größe in der Gestalt von "Krona" bedroht und vernichtet einzelne Universen des Multiversums auf seiner Suche nach der ultimativen Wahrheit. Die verschiedenen Universen nehmen zwar denselben Raum ein, jedoch mit einer anderen Vibrationsebene der Realität. Und nun wurden die Barrieren zwischen dem Marvel-Universum und dem des DC's mutwillig geschwächt, mit der Folge, daß die jeweiligen Superschurken der einen Welt auf die Helden der anderen Welt treffen. Doch dies ist nur das kleinere Übel, welches bei dem Crossover zwischen den beiden Verlagen DC COMICS und MARVEL COMICS auf die größten Superhelden der Welt, die JLA, - die "Justice League of America"-, und auf "Die Rächer", die mächtigsten Helden der Erde, zukommt. Die vierbändige Saga startet mit dem Buch "Reise in das Unerklärliche", ein Crossover- Projekt, das verspricht, so gigantisch und episch zu sein wie keines zuvor. Gigantisch ist auf jeden Fall die länge der Projektzeit, die der Zeichner George Pérez dafür aufgewendet hat, als er bereits im Jahre 1982 mit der Arbeit an einem ersten, offiziellen JLA/Rächer Comic begann, die dann doch aus unterschiedlichen Gründen scheiterte. Die damals von Pérez bereits angefertigten 22 Seiten erscheinen erstmalig in diesem Band, und so kann die Fangemeinde der Superhelden das langersehnte Treffen der Titanen voller Erwartung in ihren Händen halten.

Der Autor Kurt Busiek spannt dann auch den Erzählbogen seiner Geschichte nicht nur über vier Bände, sondern auch über die verschiedenen Universen und den darin innewohnenden Kräften und Wesen. Im Prolog bereist und vernichtet Krona, zunächst als eine Energiesonde, später gewandelt in ein Wesen, verschiedene Teile des Multiversum und trifft dann im Marvel-Universum auf einen der Ältesten des Kosmos, den Grandmaster, dessen Macht schon unvorstellbar ist -doch bleiben die Folgen aus dieser Begegnung zunächst im Dunkeln. Sein Gegenpart bei DC-Comic ist Metron, der anscheinend mit dem Grandmaster zusammen ein Spiel gegen Krona, zum Wohle ihrer beiden Universen, spielt.

Auf der niederen Ebene, auf der unsere allzeitbeliebten Superhelden agieren, bannt sich das klassische Szenarium des Heldencomics an, wie es schon bei Marvel in den Jahren 1987 - 1991 erfolgreich durchgeführt wurde. Damals spielte der Grandmaster ein Spiel, allerdings gegen den Tod, um seinen toten Bruder, den Sammler, der auch ein Ältester des Universums ist, wieder ins Leben zu rufen. Als Spielfiguren kämpften fast alle Marvel-Helden in Teams gegeneinander, auf der einen Seite für den Tod und auf der anderen für den Grandmaster, und sie mußten vier Teile einer goldenen Kugel finden, um die Welt zu retten. Diese Rettung wurde erst dann erfolgreich vollzogen, als sich die Helden gegen die übergeordnete Gefahr verbündeten.

Auch in diesem aktuellen Epos treffen die Helden beider Welten aufeinander, bei ihrer Aufgabe, zwölf Objekte der Macht, je sechs aus jedem Universum, zu sammeln, um unzählige Milliarden Leben zu retten, und sie bezichtigen jeweils die andere Gruppe als Unterdrücker und Schurken. Natürlich sind diese Verurteilungen geboren aus Eindrücken und Beobachtungen, die sie bei einen Kurzbesuch des anderen Universums erhascht haben, und gegründet in der eigenen Sprachlosigkeit, den Dingen nicht auf den Grund zu gehen. Im Comic wird die archaische Feindseligkeit allem Fremden gegenüber sehr deutlich dargestellt, und es wird hier auch noch wie zu Urzeiten mit Gewalt darauf reagiert. Der Kampf zwischen den Helden nimmt also seinen Lauf: Erst kommen die verbalen Angriffe, begleitet durch Drohgebärden, dann die körperliche Gewalt. Ähnlichkeiten mit politischen und militärischen Auseinandersetzungen der jüngsten Zeit unserer Realität sind rein zufällig ... In unserem Comic-Epos bleibt es abzuwarten, ob sich die ewig alte Geschichte im neuen Gewand wiederholt und sich die Guten gegen die Bösen zusammentun.

Doch ein kleiner Unterschied zeigt sich in einem Anflug von Selbstironie, die dezent auf genau diesem Klischeeablauf hinweist, als nämlich Mitglieder der jeweiligen Teams vorsichtig versuchen, ihre aufgebrachten Wortführer dahingehend aufmerksam zu machen, daß man vielleicht erstmal die Lage mit der anderen Gruppe klärend besprechen sollte, anstatt gleich draufloszuschlagen. Aber es hilft alles nichts, denn was wäre ein Heldenepos, wenn es zu keinem Kräftemessen der Protagonisten kommt, frei nach dem Motto, wer ist der dickste, größte, und stärkste Held im ganzen Land, oder aber auch, welche Heldengruppe ist das Dream-Team. Und endlich treffen Superman und Thor aufeinander, wo wir doch alle von der Schwäche des Stählernen gegenüber magischen und mystischen Dingen, wie z.B. dem Hammer von Thor, wissen. Ob das auch noch bei dieser Schlacht gilt, wird der geneigte Leser am 22. April im zweiten Band erfahren.

Die Erzählung macht einfach Freude, belebt sie doch die Sagen und Mythen aus grauer Vorzeit und läßt sie in den Heldencomics neu auferstehen. Vergleichbar mit den Schlachten in der germanischen Götterwelt zwischen den Wannen und den Asen, bei gleichzeitigem Kampf gegen die kosmischen Mächte und Kräfte, wie die Riesen und die Alben, und auf der ewigen Suche nach der Ordnung aller Dinge, also der ultimativen Wahrheit, streiten auch die liebgewonnenen Freunde und Bekannte um ihre Welten und um die Verwirklichung ihrer Ziele. Man durchlebt mit ihnen zusammen noch einmal die Geschicke der Menschheit im kosmischen Reigen von Anbeginn, mit all ihren Irrtümern und Interpretationen. Die Comics avancieren zu modernen Mythen, denn sie beziehen sich im weitesten Sinne auf verschiedenste Quellen alter Sagen und Legenden, die sie gekonnt zu immer wieder neuen Abenteuern verstricken, und doch transportieren sie dabei die Inhalte und das gleiche Verständnis vergangener Tage.

Die Bildgewalt der klassischen Mythen, die in alten Liedern und Dichtungen durch die Sprache zum Tragen kam, wird nun durch visuelle Kraft der exzellent gezeichneten Illustrationen abgelöst, die mit sehr großer Präzision und Sorgfalt und mit einer farbenprächtigen Liebe fürs Detail diesem Epos seinen Odem eingehaucht.

Euer Marvel-Broker


JLA / Die Rächer 1 von 4
Autoren: Kurt Busiek, George Pérez
Panini, Stuttgart, März 2004
52 Seiten, farbig, Softcover-Album, Kleinformat, 4,- Euro