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LITERATUR/055: "DisneyWar - The Battle for the Magic Kingdom" (SWH)


Gefechtseröffnung


Auf 416 Seiten bringt der Pulitzer-Preisträger James B. Stewart (Den of Thieves) in seinem neuesten Buch DisneyWar: The Battle for the Magic Kingdom vieles Unangenehme über und aus dem Disney- Konzern zu Tage, was man nicht unbedingt im Wirtschaftsteil der Tagespresse zu lesen bekommt. Ursprünglich recherchierte Stewart, mit der vollen Unterstützung führender Verantwortlicher des Medien-Multis, die Auswirkungen von Disneys Handeln auf die amerikanische Kultur bzw. inwieweit sich das US-Kulturbild in der Politik des Unternehmens widerspiegelt. Als jedoch Roy E. Disney, der Neffe Walt Disneys, im November 2003 unerwartet den Vorstand des Konzerns verliess und in einem öffentlichen Brief Disneys CEO Michael Eisner zum Rücktritt aufforderte, verlagerte Stewart den Schwerpunkt des Buches zu Gunsten einer eher kritischen Betrachtung des Unternehmens.

Die vielen Insider-Informationen und Eindrücke, die Stewart während seiner jahrelangen Recherchen gesammelt hatte, waren jetzt nicht länger harmlose Betrachtungen für den Feuilleton- Teil, sondern explosives Material, das geeignet war, vielen Leuten schlaflose Nächte zu bereiten. Und die USA wären nicht die USA, wenn ein derartiges Buch nicht schon weit vor dem Erscheinungsdatum ganze Armeen von Rechtsanwälten auf den Plan gerufen hätte, deren Aufgabe darin besteht, sich in einem Dschungel aus Klagen und Gegenklagen zurechtzufinden. Obendrein erweckt dieses juristische Gerangel das ohnehin sensibilisierte Medieninteresse, was für die Verkaufszahlen zweifellos förderlich ist. Stewart gibt in seinem Buch u. a. brisante Einzelheiten über den nunmehr scheidenden Disney CEO Michael Eisner preis, er portraitiert den disneyeigenen TV-Sender ABC als funktionsgestört und offenbart Details über das angekratzte Image des designierten Eisner-Nachfolgers Robert A. Iger, dem innerhalb des Konzerns fehlende Qualifikationen für einen derartigen Top-Job nachgesagt werden.

Während die Disney-Oberen ihre unbedarfte Bereitschaft, Stewart intime Einblicke in ihr Allerheiligstes gewährt zu haben, bestimmt schon bitter bereuen, können sowohl Hollywood als auch die Wall Street es kaum erwarten, dass DisneyWar in den Handel kommt, und u. a. Einzelheiten über Eisners legendenumwobene Amtszeit ans Tageslicht bringt. Die Vermutungen innerhalb der US- Verlagswelt, dass dieses Buch vielleicht Stewarts erfolgreichstes werden könnte, dürfte durchaus berechtigt sein.


DisneyWar: The Battle for the Magic Kingdom,
erschienen bei Simon & Schuster Inc.,
erhältlich ab 8. März 2005
ISBN 0684809931