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ANTIQUARIAT/005: "Jonathan Cartland" von Michel Blanc Dumont


Laurence Harlé, Michel Blanc Dumont

Jonathan Cartland (4)

"Der Schatz der Spinnenfrau"



"Der Schatz der Spinnenfrau", ist der vierte Band der Westernserie "Jonathan Cartland" des Zeichners Michel Blanc- Dumont und der Journalistin Laurence Harlé. Michel Blanc-Dumont, 1948 in Saint Montrond in Frankreich geboren, lernte zunächst das Handwerk des Restaurators. Er interessierte sich schon sehr früh und mit großem Enthusiasmus für die Geschichte des amerikanischen Westens. Später besuchte er die Kunstakademie und begeisterte sich für Malerei. Mehr nebenher entstanden seine ersten Comics. Berufsmäßig ins Comic-Gewerbe geriet Blanc-Dumont fast zufällig über einen Wettbewerb. Dort dachte man, er hätte alles abgezeichnet. Einer der Juroren empfahl den jungen Zeichner jedoch weiter, und so bekam er seine Chance. Michel Blanc-Dumonts erster Comic erschien in "Phenix", wenig später folgten die Abenteuer von Jonathan Cartland, die er zusammen mit der Journalistin Laurence Harlé gestaltete, im Montsmagazin "Lucky Luke Mensuel".

Beide waren Anfänger auf ihrem Gebiet und gingen daher recht unbeschwert an die Arbeit. Laurence Harlé schrieb ihr erstes Szenario innerhalb von 24 Stunden. Gemeinsam war ihnen, daß sie sich nicht an gängige Vorlagen klammern, sondern einen neuen Aspekt in das Western-Genre bringen wollten. "Jonathan Cartland" enthält im Gegensatz zu den klassischen Westernserien, die meistens sehr rational aufgebaut sind, auch eine mystische Seite, das irrationale Moment der Indianer, wie Blanc-Dumont es nennt. Diese "Andersartigkeit" verhalf der Serie zu ihrem Einstieg bei "Pilote", obwohl man dort bislang eher Science Fiction und Kurzgeschichten bevorzugte. Doch "Jonathan Cartland" kam an und entwickelte sich zu einer regelrechten Kultserie.

Cartland ist kein typischer Westernheld. Laurence Harlé beschreibt ihn als jemanden, der zwischen unterschiedlichen Kulturen hin- und hergerissen wird, ein wenig naiv ist, und seinen Weg nur unklar kennt. Das wird auch im vorliegenden Album "Der Schatz der Spinnenfrau" deutlich, wo er sich, von den Indianern verhöhnt, von den Weißen zum Dummen gemacht, am Ende in der Gosse wiederfindet.

Während jedermann die zeichnerischen Fähigkeiten und die Detailfreudigkeit Michel Blanc-Dumonts bewundern wird, bleibt sein ausgeprägter Hang zum Authentischen vielen Lesern wahrscheinlich verborgen. Bei ihm muß alles stimmen, Kleider, Waffen, Landschaften, wofür er sich im Laufe der Jahre eine umfangreiche Dokumentation zugelegt hat. Zur Veranschaulichung sei nur ein Beispiel genannt: Die Pistolenhalfter werden in Blanc-Dumonts Zeichnungen stets relativ hoch um die Taille gegürtet getragen, was, wie man auch auf alten Fotos sehen kann, historisch korrekt wiedergegben ist. Die um die Hüfte schlabbernden Colts, die man aus Western-Filmen kennt, entstanden erst mit diesem Medium - es wirkte "echter", wenn die Helden möglichst lässig ihre Schießeisen zogen.

Werfen wir nun also einen Blick in "Der Schatz der Spinnenfrau":


März 1860 ... Ein etwas trüber Morgen in
San Francisco ...
Hey! Du! Wo willst du hin?
Der Hurensohn schuldet mir zwei Wochen Miete!
Festhalten den Kerl!!

... Jonathan Cartland ist abgebrannt und will sich heimlich aus dem Hotel schleichen. Doch er wird dabei erwischt. Der aufgebrachte Besitzer nimmt ihm seine letzten Habseligkeiten ab, und Cartland bekommt obendrein eine Tracht Prügel verpaßt.

In so einer Lage ist man nicht wählerisch, und daher nimmt Cartland den Job, den ihm der Chinese Li, ein alter Bekannter, vermittelt, gerne an. Lester Bolton heißt Jonathans neuer Arbeitgeber, und er braucht einen Führer für seine Expedition nach Arizona. Dort sucht er nach dem Grab eines Pueblo-Indianers; ein sehr interessanter Fund für die Wissenschaft, wie er sagt. Der berühmte englische Archäologe Sir Edward Raleigh geht mit auf die Reise.

Jonathan Cartland mißfällt, daß er bis zur Abreise im Haus Boltons bleiben muß - aus Diskretionsgründen, meint der neue Arbeitgeber. Und auch die Reise selbst beginnt für ihn mit einer unangenehmen Überraschung, denn außer dem Archäologen ist noch seine Tochter mit von der Partie, eine ausgesprochen launische und anspruchsvolle junge Dame, die Cartland ihre ganze Verachtung spüren läßt. Mit der Postkutsche reist die kleine Gruppe zunächst nach Fort Buchanan, wo die Expeditionsausrüstung auf sie wartet.

Lester Bolton, der sich anfangs als höflicher Gentleman gab, läßt schon bald seine Maske fallen und entpuppt sich als herrischer und unvernünftiger Auftraggeber, dem es gefällt, auf Kosten von Cartland den ausgefallenen Wünschen von Miss Cynthia-Ann nachzukommen. Cartland ahnt, daß es mit dem "Grab des Pueblo- Indianers" noch etwas anderes auf sich haben muß. Und richtig - als Bolton erfährt, daß er von einem Mann namens Wolcott verfolgt wird, weiht er Cartland notgedrungen in seine wahren Absichten ein: Er sucht nach einem sagenhaften Indianerschatz, dem "Schatz der Spinnenfrau". Wolcott, so behauptet Bolton, sei sein Sekretär gewesen, dem er vertraut hatte und der ihn hinterging. Er habe die Landkarten stehlen wollen und seinen Diener umgebracht, wofür Bolton ihn vor Gericht brachte. Cartland glaubt ihm nicht, hat aber auch nichts gegen ihn in der Hand.

Die Expedition scheint unter einem Unglücksstern zu stehen. Indianer entführen Miss Cynthia-Ann, ihr Vater erkrankt - er sei das Opfer eines bösen Zaubers, erklärt ein Hopi-Medizinmann den "Bahanas", wie die Weißen in ihrer Sprache genannt werden; um ein Haar wird Bolton von einem tödlich-giftigen "Gila-Monster" gebissen, kurz danach greift ihn ein blutrünstiger Puma an. Trotz all dieser Zwischenfälle und obwohl sie noch keine Spur von der Entführten haben, geht die Suche nach dem Schatz weiter...


... Mehr soll hier aber nicht verraten werden, da sonst zuviel von der Spannung verloren gehen würde. Nur noch so viel: Miss Cynthia-Ann kann befreit werden und ist dennoch verloren, und der schurkische Lester Bolton findet seinen "Schatz" - doch erweist er sich auch als das, was er sich erhofft hat, oder werden sich die Worte des alten Hopi, des Wächters des Schatzes, erfüllen??

Geht Bahanas ...,
geht den Weg in euer Unglück ...

Die Serie erschien vor einigen Jahren bei comicplus+ und kostete seinerzeit 16,80 DM pro Album.