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FILM/591: 300 - Der Erfolg einer Comic-Verfilmung (SWH)


Szene WHatcher - Das Flyer-Zine der trivialen Szene und Anzeiger für triviales Entertainment seit 1995 No. 254, 3. April 2007

"Spartaner! Noch heute speisen wir in der Hölle!"

300 - Der Erfolg einer Comic-Verfilmung


Ein dunkler Satz, mit dem nicht nur der spartanische König Leonidas im Sommer 480 vor Christus seinem Häufchen Kriegern gegen die persische Übermacht des König Xerxes I. an dem strategisch bedeutsamen Thermopylen-Engpass Mut einflösste, sondern der heuer auch die amerikanische Filmindustrie mutig in die Zukunft blicken lässt. Der königliche Ausruf hat sich zudem unter der Grossstadtjugend laut New York Times bereits zum Schlagwort des Jahres gemausert, seit die Verfilmung von Frank Millers historischem Comic 300, deren Umsetzung Zack Snyder übernahm, in den USA die Kinosäle füllt, die Charts erobert und die Kassen klingeln lässt.

2005 noch wollten einige Pessimisten die Filmindustrie, und alles was zu einer vernünftigen Vorführung gehört, gar zu Grabe tragen. Allerdings haben sich, dank erfolgreicher Filme wie 300 derartige Schwarzmalereien bislang nicht realisiert. Mit 300 scheint Warner Bros., mehr zufällig, besonders den Nerv der jungen Zuschauer getroffen zu haben. Die warteten in der Eröffnungswoche (ab 9. März 2007) geduldig, teilweise in altgriechischem Hopliten- Outfit, in langen Schlagen vor den Kinos und bescherten Warner ein sensationelles Einspielergebnis. Unter anderem hatte noch nie zuvor ein im März angelaufener Film am ersten Wochenende derartige Summen eingespielt (knapp 71 Mio. US-Dollar) und nebenbei auch noch die aus Hollywood-Sicht zugegebenermassen eher bescheiden ausgefallenen Produktionskosten (64 Mio. US-Dollar) eingefahren.

Die US-amerikanischen Kritiker des Films stehen zumeist einsam im Walde, denn dass der (historische) Konflikt zu ernsthaft- realistisch dargestellt wird und zu viele sexuelle Doppeldeutigkeiten zulässt, dürften wohl bei einem mit "R" eingestuften Film (unter 17 nur in erwachsener Begleitung) kaum negative Aspekte sein. Während der Uraufführung des Streifens auf der Berlinale verliessen einige Kritiker gar das Kino, weil sie ihn als zu Bush-nahe einstuften. Auch Analysten sehen Parallelen zum politischen Tagesgeschehen, besonders was die aktuellen Kriegsschauplätze betrifft. Aber wann könnte man einen derartig kriegerischen Epos nicht mit einem momentanen Konflikt in Verbindung bringen, egal, ob die Verfilmung auf lächerliche oder heroische Art erfolgt? Und warum bringen junge Zuschauer am Rande des Films lauthals an Herodot'sche Worte angelehnte Rufe heraus, aus einer Zeit und einem Kulturkreis also, der ihnen wohl kaum aus dem Geschichtsunterricht geläufig sein dürfte? Überhaupt, wer sollte denn nun der amerikanische Präsident sein, Leonidas oder Xerxes I.? Aktuelle Bezüge spielen bei einer derartigen Thematik alleweil eine Rolle.

Am 5. April 2007 kommt 300 auch in die hiesigen Kinos, ab 16 - die deutschen Jugendschützer trauen unserem Jungvolk ein wenig mehr zu als die amerikanischen - und 116 Minuten lang. Als begleitende Lektüre zum cinematografischen Spektakel empfiehlt sich das ausgezeichnete Buch 300 - The Art of the Film, das auf deutsch im Cross Cult Verlag erschienen ist. Das liebevoll gestaltete und editierte Werk geht schwerpunktmässig auf die umfangreichen visual effects, Kameraeinstellungen und die aufwendige Maske ein. Das Buch dokumentiert eindrucksvoll, wie exakt die Umsetzung von Frank Millers Comic (siehe SW #246) ihren Lauf genommen hat. Und keine Angst, wenn sich beim Anschauen der Eindruck einstellt, als hätten schon die lieben Kleinen darin herumgeblättert, die roten Spritzer sind gewollt, natürlich nicht echt, aber ein Hinweis darauf, dass in dem Film nicht mit Wattebäuschchen geworfen wird.

300 - eine Erfolgsgeschichte auf ganzer Linie, als Comic, als Film, als Buch, und auch die Weiterverwertung wird die Kassen noch einmal kräftig füllen. Schon sprechen einige Filmschaffende von satten Zuwächsen in den kommenden Jahren - sie haben offenbar nicht viel dazugelernt, denn auf die Idee, dass sich der Geschmack der Massen wieder ändern und andere Medien wirklich die Wahrnehmungsformen einschneidend modifizieren könnten, kommen sie nicht.

300 startet am 5. April 2007 in den deutschen Kinos,
Infos und Trailer auf www.warnerbros.com

300 - The Art of the Film,
erschienen im Cross Cult Verlag,
128 Seiten, HC, 24,90 Euro, ISBN 978-3-936480-29-0
Infos und Bezug über www.cross-cult.de


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Quelle:
Szene WHatcher - Flyer-Zine der trivialen Szene und Anzeiger für
triviales Entertainment seit 1995 No. 254 vom 3. April 2007
Herausgeber: Joachim Heinkow
Luisenstrasse 32, 12209 Berlin-Lichterfelde
Tel.: 030-768 051 26, 0171-681 74 11
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Internet: http://www.szene-wHatcher.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. April 2007