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MELDUNG/164: 30. Rote Liste der bedrohten Kultureinrichtungen erschienen (Kulturrat)


Deutscher Kulturrat e.V. - Pressemitteilung vom 27. Februar 2018

30. Rote Liste der bedrohten Kultureinrichtungen ist erschienen

Berühmtes Millowitsch-Theater wurde mit Bibliothek, Studiengang und Kino neu aufgenommen


Berlin, den 27.02.2018. Die 30. Rote Liste der bedrohten Kultureinrichtungen ist in der aktuellen Politik & Kultur 02/2018 erschienen. Vier neue Kulturinstitutionen sind aufgenommen.

Darunter ist das berühmte Millowitsch-Theater in Köln, das eine feste Institution im Kulturbetrieb der Stadt ist. Das familiengeführte und deutschlandweit bekannte Volks- und Mundarttheater mit jahrzehntelanger Tradition wird Ende März dieses Jahres schließen. Eröffnet wurde die Spielstätte in der Nähe des Rudolfplatzes bereits 1936 mit der Aufführung von "Mädchen für alles". Seit 1953 übertrug der WDR live aus dem Millowitsch-Theater, was das Theater deutschlandweit bekannt machte. Die Gründe für Schließung sind zum einen betriebswirtschaftlicher Natur, zum anderen fehlt der Familie Millowitsch ein gebührender Nachfolger.

Ein Trost bleibt aber: Schon seit 2015 bespielt die Betreibergesellschaft Volksbühne am Rudolfplatz das Theater. Der Veranstaltungsbetrieb wird fortsetzten - eben nur nicht mehr mit dem Millowitsch-Theater.

Neben dem Millowitsch-Theater wurden zwei Kultureinrichtungen aus Baden-Württemberg auf die Rote Liste gesetzt.

Die Gemeindebücherei Leseinsel Waldbronn wird, wie vom Gemeinderat Waldbronn beschlossen, mit dem Ablauf des Pachtvertrages Ende Februar 2019 ihre Arbeit einstellen. Hintergrund ist die schwierige Finanzlage der Kommune Waldbronn im Landkreis Karlsruhe. Bürgermeister Franz Masino sagte dazu: "Die Einnahmen der Gemeinde reichen nicht mehr aus, um alle freiwilligen Einrichtungen finanzieren zu können." Die Leseinsel beherbergt neben ca. 4.500 Romanen und 6.500 Kinder- und Jugendbüchern auch eine umfangreiche Sammlung an Sachbüchern verschiedenster Wissensgebiete. Genutzt wird sie zu mehr als 90 Prozent von Waldbronner Bürgerinnen und Bürgern, ca. 45 Prozent der Leserinnen und Leser sind unter 18 Jahren. Denkbar ist laut Bürgermeister Masino die ehrenamtliche Weiterführung der Leseinsel mit Unterstützung durch den Förderverein der Bücherei.

Auch das Luna Filmtheater, ein Kleinod für Kinobegeisterte in Metzingen, ist von der Schließung bedroht. Eigentümerin des Gebäudes ist die Volksbank Ermstal-Alb. Der Mietvertrag mit der Bank läuft aber Ende 2019 aus und bisher ist keine Verlängerung geplant. Sollte das Luna schließen müssen, wären mit dem Wegfall der Einnahmen auch der Stadtjugendring selbst und das von ihm betriebene Kino Forum 22 in Bad Urach bedroht, da die Betreiber zurzeit von den Vorteilen leben, Säle in zwei Städten zu bespielen und so günstige Konditionen bei Filmverleihen zu erhalten.

Außerdem ist Sachsen-Anhalt um einen Studiengang ärmer: Am 24. Januar 2018 fasste der Senat der Martin-Luther-Universität den Beschluss zur Schließung der Bachelor-Studiengänge Instrumental- und Gesangspädagogik (IGP). Somit fällt die letzte Ausbildungsmöglichkeit für Musikschulpädagogik in Sachsen-Anhalt weg. Im Zuge des Hochschulpaktes von 2009 waren einige Lehrbereiche der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg zusammengelegt worden, so auch die musikpädagogisch-künstlerische Ausbildung, die nun an der Martin-Luther-Universität in Halle stattfand. Die Dozentenstellen laufen nach deren Pensionierung ohne Neubesetzung aus. Die momentan immatrikulierten Studierenden können ihr Studium zwar noch abschließen, jedoch können keine Neueinschreibungen für das Wintersemester 2018/19 vorgenommen werden. Der Wegfall der IGP-Studiengänge wird langfristig Auswirkungen auf die Ausbildung und die Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts haben.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Herausgeber von Politik & Kultur, Olaf Zimmermann, sagte: "Vier Kulturinstitutionen wurden neu auf die 30. Rote Liste der bedrohten Kultureinrichtungen gesetzt. Besonders bedauerlich ist, dass ein legendärer Kulturort wie das Millowitsch-Theater in Köln unter ihnen ist. Damit geht eine Ära des Volks- und Mundarttheaters in Köln zu Ende. Ob wie Theater-Chef Peter Millowitsch sagte, das gute alte Volkstheater wirklich langsam aus der Mode kommt, werden die nächsten Jahre zeigen. Die gerade stattfindende Debatte über Heimat zeigt, dass Menschen zunehmend nach regionaler Geborgenheit suchen. Ein Wiederaufleben des Volkstheaters unter junger Leitung ist deshalb nicht ausgeschlossen."


Die Rote Liste von Politik & Kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, stellt in Analogie zu den bekannten Roten Listen der Tiere und Pflanzen bedrohte Kultureinrichtungen in Deutschland vor. In der Roten Liste werden gefährdete oder bereits geschlossene Kulturinstitutionen, - vereine und -programme aufgeführt. (Kategorie 4: Gefährdung aufgehoben/ungefährdet; 3: Vorwarnliste; 2: gefährdet; 1: von Schließung bedroht; 0: geschlossen).

Alle bislang erschienenen Ausgaben der Roten Liste finden Sie unter:
http://www.kulturrat.de/rote-liste-kultur

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Quelle:
Pressemitteilung vom 27. Februar 2018
Deutscher Kulturrat e.V.
Mohrenstr. 63, 10117 Berlin
Telefon: 030-226 05 28-0, Fax: 030-226 05 28-11
E-Mail: post@kulturrat.de
Internet: http://www.kulturrat.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2018

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