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SPRACHE/893: Eröffnung des Sonderforschungsbereichs der Saar-Uni zur Informationsdichte von Sprache (idw)


Universität des Saarlandes - 08.04.2015

Sonderforschungsbereich der Saar-Uni zur Informationsdichte von Sprache wird offiziell eröffnet


Seit Oktober vergangenen Jahres erforschen Sprachwissenschaftler und Psychologen der Universität des Saarlandes Texte und Äußerungen im Hinblick auf ihre Informationsdichte. Hierfür hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) einen Sonderforschungsbereich eingerichtet. In einer ersten Förderperiode bis Mitte 2018 fließen knapp acht Millionen Euro an die Saar-Universität. Offiziell eröffnet wird das Saarbrücker Forschernetzwerk am Freitag, 17. April 2015, von 10 bis 17 Uhr mit einem wissenschaftlichen Kolloquium in englischer Sprache auf dem Campus (Gebäude C7 4).
Dabei werden beteiligte Wissenschaftler erste Forschungsergebnisse vorstellen, zudem werden zwei renommierte Sprachforscher aus den USA Vorträge halten.


Ob in den Hörfunk-Nachrichten, bei Jubiläums-Ansprachen oder in Fachvorträgen: Sprecher sind in der Regel bestrebt, ihre Äußerungen möglichst effizient und informativ zu gestalten. "Normalerweise formulieren wir unsere Nachrichten so, dass wir mit möglichst geringem Aufwand ein maximales Verständnis beim Zuhörer erreichen", erläutert Elke Teich, Professorin für Englische Sprach- und Übersetzungswissenschaft an der Universität des Saarlandes. Sie ist Sprecherin des Sonderforschungsbereichs "Informationsdichte und sprachliche Kodierung", den die DFG seit 2014 in einer ersten vierjährigen Förderperiode mit knapp acht Millionen Euro finanziert. Im Forscherverbund analysieren Sprachwissenschaftler und Psychologen die Informationsdichte gesprochener und geschriebener Texte und untersuchen, warum sich ein Sprecher für eine bestimmte Version seiner Nachricht entscheidet. "Grundsätzlich gilt, dass bei sprachlichen Äußerungen immer eine Balance zwischen bereits Bekanntem und neuer Information angestrebt wird", sagt Elke Teich.

Auch wenn die Saarbrücker Wissenschaftler in den meisten der 14 Teilprojekte Grundlagenforschung betreiben, werden die Erkenntnisse in viele praktische Anwendungen fließen, ist Elke Teich überzeugt. Unter anderem in die automatische Sprachsynthese - beispielsweise um die Natürlichkeit maschineller Sprache zu verbessern. "Mithilfe der Ergebnisse können außerdem Computerprogramme optimiert werden, die automatische Textzusammenfassungen erstellen oder die Verständlichkeit von Texten für die anvisierte Leserschaft prüfen - was auch für didaktische und pädagogische Texte wie Lehrbücher interessant ist", sagt die Sprachwissenschaftlerin, die sich seit langem mit der Wissenschaftssprache beschäftigt. Insbesondere geht sie mit ihrem Team der Frage nach, wie sich die Informationsdichte der Wissenschaftssprache in den letzten 250 Jahren entwickelt hat. Dazu analysieren die Forscher große Mengen von Texten unterschiedlicher Disziplinen, darunter auch die Textsammlung der Londoner Royal Society ab dem Jahr 1665. "Unsere Hypothese lautet, dass mit der zunehmenden Spezialisierung der wissenschaftlichen Disziplinen auch bestimmte sprachliche Codes entstanden sind. Dies soll nun auf einer großen Datenbasis empirisch nachvollzogen werden."

Als wie schwierig Leser einen Text empfinden, wollen die Psychologen im Projektverbund mittels Blickexperimenten herausfinden. Dazu messen sie mit dem "Eyetracking"-Verfahren, wie lange der Blick von Probanden beim Lesen an bestimmten Textstellen haften bleibt. "Außerdem können wir bei Experimenten mit Hirnstrommessungen sehen, dass es bei unerwarteten Begriffen einen Überraschungseffekt gibt. Begriffe, die in der Situation stärker erwartet werden, können die Probanden dagegen schneller erkennen und verarbeiten", erläutert Elke Teich. Ein weiteres Thema ist die Verarbeitung von Sprache im Alter. Die Erkenntnisse sind beispielsweise für die Gestaltung automatischer Sprachansagen im Auto wichtig, damit ältere Menschen damit nicht überfordert sind.

Im Sonderforschungsbereich "Informationsdichte und sprachliche Kodierung" arbeiten Experten unterschiedlicher Disziplinen sowie mehr als 20 Doktoranden und sechs Postdoktoranden in insgesamt 14 Teilprojekten. Beteiligt sind Linguisten der Angewandten Sprachwissenschaft, Germanistik und Slavistik, darunter die Professorin Elke Teich als Sprecherin sowie die Professoren Ingo Reich und Roland Marti. Aus dem Fachbereich Allgemeinen Linguistik, zu dem die Computerlinguistik gehört, wirken die Professoren Matthew Crocker, Dietrich Klakow, Bernd Möbius, Manfred Pinkal und Hans Uszkoreit mit. Von Seiten der Fachrichtung Psychologie trägt die Professorin Jutta Kray zum Forschungsprojekt bei. Außerdem sind Vera Demberg, Maria Staudte und Ingmar Steiner beteiligt, die am Saarbrücker Exzellenzcluster "Multimodal Computing and Interaction" eigene Forschergruppen leiten. Zudem forschen Hannah Kermes und Noam Ordan, wissenschaftliche Mitarbeiter der Professorin Elke Teich, im neuen Großprojekt mit. Untersucht werden hauptsächliche deutsche und englische Texte, darüber hinaus Texte aus der slawischen Sprachfamilie, beispielsweise in Russisch, Bulgarisch und Tschechisch.


Link zum Programm der Eröffnungsveranstaltung:
https://www.uni-saarland.de/fileadmin/user_upload/Aktuelles/Presse/PDF/2015/2015-04/SFB_1102_Programm_Eroeffnung.pdf

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution8

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität des Saarlandes, Gerhild Sieber, 08.04.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. April 2015

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