Schattenblick → INFOPOOL → BILDUNG UND KULTUR → FAKTEN


SPRACHE/917: Bedrohte Sprachen und äthiopische Handschriften - zwei neue Forschungsprojekte starten (idw)


Akademie der Wissenschaften in Hamburg - 08.02.2016

Bedrohte Sprachen und äthiopische Handschriften: zwei neue Forschungsprojekte starten


Zwei neue Langzeitvorhaben der Akademie der Wissenschaften in Hamburg: "Grammatiken, Korpora und Sprachtechnologie für indigene nordeurasische Sprachen" und "Die Schriftkultur des christlichen Äthiopiens: Eine multimediale Forschungsumgebung" beginnen mit ihrer Arbeit an der Universität Hamburg. Die beiden Langzeitprojekte gehören zu insgesamt neun Vorhaben, die von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) im Herbst 2015 neu in das Akademieprogramm aufgenommen wurden. Davon sind die beiden genannten Langzeitvorhaben mit einem Gesamtfördervolumen von 14,3 Mio Euro für die Akademie der Wissenschaften in Hamburg bewilligt worden.


Die Dokumentation vom Aussterben bedrohter Sprachen ist das Ziel des Forschungsvorhabens "Grammatiken, Korpora und Sprachtechnologie für indigene nordeurasische Sprachen".

Der Nordeurasische Raum ist von großem Interesse für Sprachwissenschaftler aus aller Welt. Die Vielfalt der in diesem Gebiet anzutreffenden indigenen Sprachen, wie z.B. Ketisch, Selkupisch und deren Dialekte ist akut bedroht, da sie nur noch von wenigen Bewohnern der Region aktiv gesprochen werden. Es existieren jedoch vor Ort sowie in Archiven auf dem Gebiet der Russischen Föderation zahlreiche Belege und Beschreibungen in Form von Niederschriften und Tonaufnahmen, die einzigartige Dokumente der lokalen Sprachen und Kulturen darstellen. Der innovative Charakter des Vorhabens besteht darin, diese existierenden Beschreibungen der einzelnen Sprachen in dem Forschungsprojekt zusammenzutragen, zu digitalisieren und mit einer Fülle von weiteren linguistischen Informationen zu ergänzen. Mithilfe moderner und interdisziplärer Methoden der digitalen Datenaufbereitung sollen nachhaltige Grundlagen für die empirische Erforschung der Sprachen im nordeurasischen Raum geschaffen werden. Auf diese Weise werden hochattraktive systematisch erschlossene multimediale Ressourcen geschaffen. Diese so genannten "Sprachkorpora" werden der wissenschaftlichen Öffentlichkeit, ebenso wie interessierten Laien, dauerhaft online zugänglich gemacht.

Das Langzeitforschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Beáta Wagner-Nagy ist auf eine Gesamtlaufzeit von 18 Jahren angelegt und wird am Institut für Finnougristik/Uralistik und am Hamburger Zentrum für Sprachkorpora (HZSK) der Universität Hamburg durchgeführt werden.

Die systematische Aufarbeitung des Wissens über äthiopische Handschriften ist das Ziel des zweiten bewilligten Langzeitvorhabens "Die Schriftkultur des christlichen Äthiopiens: Eine multimediale Forschungsumgebung".

Äthiopien liegt, kulturgeschichtlich gesehen, sowohl am Rande des "Christlichen Orients" als auch mitten in Afrika. Die Kultur ist deshalb gleichermaßen beeinflusst von den Anfängen des Christentums wie auch des Islams. Außergewöhnlich für ein afrikanisches Land südlich der Sahara besitzt es ein reiches schriftliches Erbe, das auf das erste Millennium vor unserer Zeitrechnung zurückgeht. Es gibt aber bis heute keine systematische Zusammenstellung - weder aller bekannten Texte noch ihrer Erschaffer. Diesem Zustand soll das Vorhaben "Schriftkultur Äthiopiens" entgegenwirken. Eine vielfältige und vielschichtige virtuelle Forschungsumgebung soll geschaffen werden, in der Texte in Originalschrift, Transkription und Übersetzung aus unterschiedlichen Zeitperioden und Regionen mithilfe einer Datenbank, in der Informationen zu den Textträgern, Autoren und Herkunftsorten verknüpft werden. Das auf 25 Jahre ausgelegte Langzeitforschungsvorhaben wird unter Leitung von Prof. Dr. Alessandro Bausi am Asien-Afrika-Institut, insbesondere am Hiob Ludolf Zentrum für Äthiopistik der Universität Hamburg, durchgeführt werden.

"Wir freuen uns sehr, dass die Kooperationsverträge mit der Universität Hamburg unterzeichnet sind und die zwei neuen geisteswissenschaftlichen Langzeitvorheben ihre Arbeit aufnehmen können. Diese Langzeitvorhaben sind ein wichtiger Meilenstein für die Forschung in Hamburg und Norddeutschland und zeigen, dass die Akademie der Wissenschaften in Hamburg wächst", so Prof. Dr.-Ing. Edwin Kreuzer, Präsident der Akademie.

Universitätspräsident Prof. Dr. Dieter Lenzen: "Sowohl Sprache als auch die Medien ihrer Vermittlung sind zentrale Grundlagen von Kultur und helfen uns daher, uns selbst und die Vergangenheit zu verstehen. Daher ist es ein lohnenswertes Ziel, alte Sprachen und Manuskripte nachhaltig zu erschließen und zu konservieren, und die beiden bewilligten Projekte bilden eine gute Basis für die Zusammenarbeit mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. Ich gratuliere den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sehr herzlich zu diesem hervorragenden Erfolg."

Das von Bund und Ländern finanzierte Akademieprogramm dient der Erschließung, Sicherung und Vergegenwärtigung des kulturellen Erbes. Es ist eines der größten geisteswissenschaftlichen Forschungsprogramme der Bundesrepublik Deutschland und wird von der Union der deutschen Akademien koordiniert. Für 2016 wurden insgesamt Mittel in Höhe von 62 Mio Euro bewilligt.


Die Akademie
Der Akademie der Wissenschaften in Hamburg gehören herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Disziplinen aus dem norddeutschen Raum an. Sie trägt dazu bei, die Zusammenarbeit zwischen Fächern, Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Institutionen zu intensivieren. Sie fördert Forschungen zu gesellschaftlich bedeutenden Zukunftsfragen und wissenschaftlichen Grundlagenproblemen und macht es sich zur besonderen Aufgabe, Impulse für den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu setzen. Die Grundausstattung der Akademie wird finanziert von der Freien und Hansestadt Hamburg. Präsident der Akademie ist Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E.h. Edwin J. Kreuzer. Die Akademie der Wissenschaften in Hamburg ist Mitglied in der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1234

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Akademie der Wissenschaften in Hamburg, Catherine Andresen, 08.02.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang