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BUCHTIP/1062: Verständliches über Unendliches (MaxPlanckForschung)


MaxPlanckForschung - 2/2007
Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft

Verständliches über Unendliches


Rudolf Kippenhahn
EINS, ZWEI, DREI ...UNENDLICH
Eine Reise an die Grenzen der Mathematik
243 Seiten mit Schwarzweiß-Abbildungen und Grafiken
Piper Verlag GmbH, München 2007, 18,00 Euro.


Wussten Sie schon, dass eine Summe aus unendlich vielen Zahlen nicht immer unendlich groß ist? Und dass die Menge aller natürlichen Zahlen 1,2,3,4,5 ... nicht größer ist als die Menge der geraden - oder auch der ungeraden - natürlichen Zahlen? Oder dass die Menge der Dezimalzahlen zwischen 0 und 1 nicht abzählbar und daher mächtiger ist als die abzählbar unendliche Menge der natürlichen Zahlen - dass die Mathematiker also verschiedene Arten von Unendlich unterscheiden?

Falls Sie das nicht wissen, sollten Sie sich das Buch 'Eins, zwei, drei... unendlich' von Rudolf Kippenhahn vornehmen - und zwar getrost auch dann, wenn Ihnen Mathematik in der Schule eher Horror als Vergnügen bereitet hat. Denn so einleuchtend und geradezu selbstverständlich hat noch kein anderer Autor auch tiefliegende mathematische Zusammenhänge in einem populären Sachbuch dargelegt. Die Reise an die Grenzen der Mathematik - so der Untertitel des Buchs - gerät durch den Reiseführer Kippenhahn zu einem ungemein kurzweiligen und spannenden Erlebnis, mit vielfältigen und oft verblüffenden Einblicken in die Struktur mathematischer Probleme und deren Lösung.

Den Begriff des Unendlichen streng zu fassen, ihn sozusagen rechnerisch beherrschbar und handhabbar zu machen, war Voraussetzung für die Entwicklung der modernen Mathematik und deren Anwendung auf vielfältige physikalische, astronomische und technische Fragestellungen. Das Buch zeichnet diese Entwicklung in Form eines Dialogs zwischen dem Autor und seinem Enkel namens Alex nach, einem etwa 13 bis 14 Jahre alten, sehr wachen Knaben, der stellvertretend für den Leser kritische Fragen und Einwände vorbringt - ein didaktisch wie stilistisch reizvolles Konzept, das zu einer erstaunlich verständlichen Vermittlung auch anspruchsvoller abstrakter Gedankengänge führt.

Dabei beginnt diese Reise ins Unendliche ganz harmlos und anschaulich mit der Betrachtung einer Flasche und deren Etikett. Wie der Leser von diesem Start aus in die Gedankenwelt der Mathematik und schließlich zu Betrachtungen über die Endlichkeit oder Unendlichkeit des Weltraums geführt wird, ist ein seltenes Meisterstück populärwissenschaftlicher Prosa. Der einzige, allerdings unvermeidliche Mangel dieses Buchs über das Unendliche liegt darin, dass es endlich ist. Doch der Lesespaß ist - fast - unendlich.

Walter Frese


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Quelle:
MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftmagazin
der Max-Planck-Gesellschaft 2/2007, S. 76
Hrsg.: Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
Redaktionsanschrift: Hofgartenstraße 8, 80539 München,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. September 2007