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BUCHTIP/1097: Jahrbuch Menschenrechte (ai journal)


amnesty journal 01/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte

Wenn die Armut versklavt
Das Jahrbuch Menschenrechte 2007 befasst sich mit modernen Formen der Sklaverei und aktuellen Fragen der Menschenrechtsarbeit.

Von Ali Al-Nasani


Sklaverei ist keineswegs aus der Welt verschwunden, sie existiert in neuen Formen in vielen Ländern weltweit. Mindestens zwölf Millionen Sklaven gibt es nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO.

In seinem Beitrag weist Aidan McQuade daraufhin, dass allein in Indien Millionen Menschen ausgebeutet werden, obwohl die moderne Sklaverei bereits 1976 per Gesetz abgeschafft wurde. Dirk Pleiter schildert das wachsende Problem der Wanderarbeitnehmer in China, die gefährdet sind, Opfer von Zwangsarbeit zu werden. Dabei profitieren staatliche und private Unternehmen von diesen Tagelöhnern. Die Beispiele machen deutlich, dass Armut die Menschen in die Sklaverei treibt. Das Engagement dagegen muss daher mit dem Kampf gegen die Armut verbunden werden.

Lesenswert ist auch die Rede des ehemaligen UNO-Generalsekretärs Kofi Annan anlässlich des Tags der Menschenrechte 2006. In dieser zog er eine kritische Bilanz der Menschenrechtsarbeit der UNO und bezeichnete die Menschenrechte als dritte Säule neben Entwicklung und Frieden. Zu den vier Komponenten einer umfassenden Menschenrechtsstrategie gehören, so Annan, die Verantwortung der Nationalstaaten sowie der Staatengemeinschaft für den Schutz der Bevölkerung vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischen Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschheit. Die zweite Komponente sei eine Antiterrorismusstrategie, die auf der Achtung und dem Schutz der Menschenrechte aufgebaut ist. Drittens müsse die Staatengemeinschaft für eine umfassende Umsetzung ihrer Menschenrechtsprinzipien sorgen. Viertens sei der Kampf gegen Straflosigkeit ein wesentlicher Faktor, um mutmaßliche Kriegsverbrecher nicht straffrei davonkommen zu lassen.

Das Spannungsfeld zwischen internationaler Justiz und Amnestie als Vorbedingung für einen Frieden beschreibt Leonie von Braun am Beispiel Ugandas. Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) erließ 2005 Haftbefehle gegen fünf Anführer der "Widerstandsarmee des Herrn". Ihnen wird die Entführung von Kindern zur Last gelegt, die zu Soldaten ausgebildet werden und für Massaker an der Zivilbevölkerung verantwortlich sind. Im Herbst 2006 signalisierte ihr Anführer Joseph Kony die Bereitschaft zu Friedensgesprächen. Die Rebellen würden ihre Waffen niederlegen, wenn ihnen eine Amnestie zugesagt würde. Es scheint, als verhinderten die Haftbefehle des ICC einen Friedensschluss in Uganda. Doch bisher sind weder die entführten Kinder freigelassen worden, noch haben die Rebellenführer eine Waffenruhe befohlen. Der Chefankläger des ICC betonte daher, eine Rücknahme der Haftbefehle sei angesichts der erdrückenden Beweise nicht in Betracht zu ziehen. Gleichzeitig könne die "Vollstreckung" der Haftbefehle ausgesetzt werden, wenn dadurch der Konflikt politisch gelöst werden könne.

Gerade das Beispiel der Kindersoldaten, die zunächst Opfer sind und dann zu Tätern werden, zeigt, wie schwierig es ist, Gerechtigkeit zu finden. Von Braun betont daher zu Recht, dass eine abschließende und allgemeingültige Regelung des Konflikts zwischen Frieden und Gerechtigkeit auch mit Hilfe des ICC nicht herbeizuführen sein wird.

Der Autor ist ai-Referent für Lobbyarbeit und internationale Kommunikation.


JAHRBUCH MENSCHENRECHTE
Schwerpunkt: Sklaverei heute
Hg.: Deutsches Institut für Menschenrechte u.a.
Suhrkamp Verlag, 2007, 341 S., 12 Euro


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Quelle:
amnesty journal, Januar 2008, S. 37
Herausgeber: amnesty international
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E-Mail: info@amnesty.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2008