ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-160/2011-1, AI-Index: EUR 46/001/2013, Datum: 25. Januar 2013 - cw
Russland
Kritik an russischen Behörden
Weitere Informationen zu UA-160/2011 (EUR 46/023/2011, 2. Juni 2011)
Herr TAMERLAN DOKUVICH SULEIMANOV (oder SULEYMANOV)
Der Aufenthaltsort des Tschetschenen Tamerlan Dokuvich Suleimanov ist noch immer unbekannt. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte haben die russischen Behörden seine Rechte verletzt und müssen nun Schadensersatz leisten. Der Vater von Tamerlan Dokuvich Suleimanov hatte Beschwerde gegen das Vorgehen der Behörden eingelegt.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist am 22. Januar im Fall Tamerlan Dokuvich Suleimanov zu einem Urteil gekommen. Doku Suleimanov, der Vater des tschetschenischen Staatsbürgers, hatte nach Artikel 34 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) Beschwerde eingereicht. In seinem Urteil, das für Russland bindend ist, stellte der EGMR fest, dass Russland im Fall von Tamerlan Dokuvich Suleimanov gegen die EMRK verstoßen hat. Eine Gruppe bewaffneter Männer hatte den Tschetschenen am 9. Mai 2011 entführt. Er war gesehen worden, als man ihn in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny aus der Autowerkstatt, in der er arbeitete, wegbrachte.
Doku Suleimanov hatte sich an den EGMR gewandt und vorläufige Maßnahmen nach Regel 39 der Verfahrensordnung des EGMR beantragt, nachdem sein Sohn durch Ermittlungen der Regierung nicht ausfindig gemacht werden konnte. Er hatte zuvor erfahren, dass Tamerlan Dokuvich Suleimanov auf einem "Stützpunkt" in dem Dorf Yaloy-Mohk im tschetschenischen Bezirk Kurchaloy gefangen gehalten werde. Der EGMR hatte am 29. Juli 2011 der Russischen Föderation angeordnet, den tschetschenischen ErmittlerInnen Zugang zu sämtlichen Stützpunkten in Yaloy-Mohk zu gewähren und zu untersuchen, ob Tamerlan Dokuvich Suleimanov auf besagtem Stützpunkt festgehalten wird oder zu einem früheren Zeitpunkt festgehalten worden sei. Wie dem Urteil vom 22. Januar zu entnehmen ist, wurden die Polizeistationen, auf denen man Tamerlan Dokuvich Suleimanov vermutete, erst Wochen später überprüft. Die Besichtigungen erfolgten ohne die entsprechenden Sachverständigen und mutmaßlich an der Entführung beteiligte PolizeibeamtInnen nahmen an den Ermittlungen teil. Dies steht im Gegensatz zu den Grundsätzen einer unabhängigen Untersuchung.
Amnesty International ist seit Jahren bekannt, dass PolitikerInnen weder gewillt noch in der Lage sind, umfassende und gründliche Untersuchungen zu Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien durchzuführen, wenn Polizei- und andere StrafverfolgungsbeamtInnen in diese verwickelt sind. Viele Opfer von Menschenrechtsverletzungen in der Tschetschenischen Republik haben Amnesty International berichtet, dass Angehörige der Strafverfolgungsbehörden im Rahmen von Untersuchungen zu Verbrechen wie dem Verschwindenlassen oder außergerichtlichen Hinrichtungen überhaupt nicht befragt wurden. Außerdem seien keine ordentlichen Ermittlungen hinsichtlich ihrer Beteiligung an den Verbrechen durchgeführt worden.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bisher 189 Urteile in Fällen gesprochen, die von EinwohnerInnen Tschetscheniens im Zusammenhang mit den Ereignissen zwischen 1999 und 2006 eingebracht worden waren, und in denen es sich bei den Tätern um Angehörige der föderalen Sicherheitskräfte handelte. Die Jahre zwischen 1999 und 2006 sind als der "zweite Tschetschenienkrieg" bekannt, der im Anschluss an eine seit 1994 währende Kampfpause ausbrach. Der Fall Suleymanov gegen Russland ist seit Beginn der Alleinherrschaft durch Ramsan Kadyrov, dem Sohn des 2004 ermordeten tschetschenischen Präsidenten Achmat Kadyrow, der erste, der sich mit Verbrechen in Tschetschenien befasst. Suleymanov gegen Russland ist zudem offenkundig der erste Fall, in dem Regel 39 der Verfahrensordnung des EGMR bei einer Entführung im Nordkaukasus angewendet wurde. Damit wurde ein wichtiger Präzedenzfall geschaffen, durch den sich der Wirkungsraum für die Anwendung vorläufiger Maßnahmen des EGMR erweitert.
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119049 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Innenminister)
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Technicheskii per. 2
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RUSSISCHE FÖDERATION
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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2013