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AKTION/1403: Urgent Action - Saudi-Arabien, Hinrichtung von sieben Männern verschoben


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-058/2013-1, AI-Index: MDE 23/009/2013, Datum: 5. März 2013 - cw

Saudi-Arabien
Hinrichtung von sieben Männern verschoben



Herr SARHAN BIN AHMED BIN ABDULLAH AL MASHAYEKH
Herr SA'ID BIN HASSAN BIN AHMED AL-'AMRI
Herr ALI BIN MUHAMMAD BIN HAZAM AL-SHIHRI
Herr NASSER BIN SA'ID BIN SA'AD AL-QAHTANI
Herr SA'ID BIN NASSER BIN MUHAMMAD AL-SHAHRANI
Herr ABDUL AZIZ BIN SALEH BIN MUHAMMAD AL-'AMRI
Herr ALI BIN HADI BIN SA'ID AL-QAHTANI

Die ursprünglich für den 5. März angesetzten Hinrichtungen von sieben saudi-arabischen Männern wurden verschoben. Die zum Tode Verurteilten könnten allerdings schon in der kommenden Woche hingerichtet werden. Im August 2009 sprach das Gericht in der Stadt Abha im Südwesten von Saudi-Arabien sieben Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren eines bewaffneten Raubüberfalls schuldig, der im Januar 2006 verübt worden war. Einer der Männer, Sarhan bin Ahmed bin Abdullah Al Mashayekh, wurde zum Tode und anschließender Kreuzigung verurteilt. Die anderen sechs, Sa'id bin Hassan bin Ahmed al-'Amri, Ali bin Muhammad bin Hazam al-Shihri, Nasser bin Sa'id bin Sa'ad al-Qahtani, Sa'id bin Nasser bin Muhammad al-Shahrani, Abdul Aziz bin Saleh bin Muhammad al-'Amri und Ali bin Hadi bin Sa'id al-Qahtani, sollen ebenfalls hingerichtet werden. Das Verfahren dauerte nur wenige Stunden. Den Männern wurde sowohl eine rechtliche Vertretung als auch die Möglichkeit Rechtsmittel einzulegen verweigert.

SicherheitsbeamtInnen, die während der Verhandlung anwesend waren, warnten die Männer, man würde sie erneut foltern, sollten sie ihre "Geständnisse" zurückziehen. Außerdem drohte man ihnen damit, ihre Familienmitglieder zu inhaftieren und vor ihren Augen zu foltern. Die Männer wurden 2005 bzw. 2006 festgenommen. Sie sollen während ihrer Verhöre bei der Kriminalpolizei in Abha brutal geschlagen worden sein. Außerdem soll man ihnen weder Nahrung noch Wasser gegeben, den Schlaf entzogen und sie gezwungen haben, 24 Stunden lang zu stehen, bevor man sie dann dazu aufforderte, ihre "Geständnisse" zu unterschreiben. Die Männer waren bereits dreieinhalb Jahre im Gefängnis in Abha inhaftiert, bevor man sie vor Gericht stellte. Bei zwei der Männer handelt es sich möglicherweise um jugendliche Straftäter. Ali bin Muhammad bin Hazam al-Shihri soll zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Tat etwa 16 Jahre alt gewesen sein. Sa'id bin Nasser bin Muhammad al-Shahrani war damals womöglich ebenfalls jünger als 18 Jahre. Es wird angenommen, dass sie zunächst im Jugendtrakt des Gefängnisses inhaftiert waren und später in den Erwachsenentrakt verlegt wurden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Saudi-Arabien hat eine der höchsten Hinrichtungsraten der Welt. Zwischen 1985 und 2012 wurden mindestens 1.938 Menschen exekutiert. Im Jahr 2013 wurden bereits mindestens 17 Todesurteile vollstreckt. Saudi-Arabien ist Vertragsstaat des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, das die Hinrichtung von Menschen untersagt, die im Alter von unter 18 Jahren straffällig geworden sind. Doch das Land vollstreckt Hinrichtungen an minderjährigen StraftäterInnen und verstößt damit gegen das Übereinkommen. Im Januar 2013 wurde ein Hausmädchen aus Sri Lanka wegen eines Verbrechens hingerichtet, das sie im Alter von unter 18 Jahren begangen haben soll.

Die Resolution 19/37 des UN-Menschenrechtsrats vom 23. März 2012 über die Rechte von Kindern fordert die Staaten auf, "Kinder, die wegen Verstößen gegen das Strafgesetz beschuldigt, angeklagt oder schuldig befunden werden, und bei denen Zweifel bezüglich ihres genauen Alters bestehen, solange als minderjährig zu betrachten, bis die Staatsanwaltschaft diese Annahme wiederlegen kann, und die Angeklagten wie Minderjährige zu behandeln, sollte kein Beweis für das Gegenteil erbracht werden."

Die Behörden in Saudi-Arabien verurteilen Menschen für zahlreiche Straftaten zum Tode, die nicht die internationalen Mindestvoraussetzungen für die Verhängung der Todesstrafe erfüllen. Unter anderem verhängen sie die Todesstrafe wegen bewaffneten Raubüberfalls, Drogenschmuggels und wegen "Straftaten" wie der Abkehr vom Glauben (Apostasie), deren Kriminalisierung internationale Normen verbieten.


BITTE SCHREIBEN SIE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich begrüße die Aussetzung der Hinrichtungen von Sarhan bin Ahmed bin Abdullah Al Mashayekh, Sa'id bin Hassan bin Ahmed al-'Amri, Ali bin Muhammad bin Hazam al-Shihri, Nasser bin Sa'id bin Sa'ad al-Qahtani, Sa'id bin Nasser bin Muhammad al-Shahrani, Abdul Aziz bin Saleh bin Muhammad al-'Amri und Ali bin Hadi bin Sa'id al-Qahtani. Ich bitte Sie, die gegen diese Männer verhängten Todesurteile nicht zu vollstrecken.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass die Männer einen neuen Prozess erhalten, der den internationalen Standards für ein faires Verfahren in vollem Umfang entspricht und bei dem nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird.
  • Ich möchte Sie daran erinnern, dass Saudi-Arabien Vertragsstaat des Übereinkommens über die Rechte des Kindes ist, das die Hinrichtung von Personen untersagt, die zum Zeitpunkt der ihnen zur Last gelegten Tat jünger als 18 Jahre waren. Zudem müssen angeklagte Personen als zum Tatzeitpunkt minderjährig betrachtet werden, wenn diesbezüglich Zweifel bestehen.
  • Führen Sie bitte eine Untersuchung der Folter- und Misshandlungsvorwürfe der sieben Männer durch.

APPELLE AN

KÖNIG
King Abdullah Bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh, SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 966) 1 403 3125 (über Innenministerium)

INNENMINISTER
His Royal Highness Prince Mohammed
bin Naif bin Abdul Aziz Al Saud
Ministry of the Interior, P.O. Box 2933
Airport Road, Riyadh 11134, SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Royal Highness / Königliche Hoheit)
Fax: (00 966) 1 403 3125


KOPIEN AN

JUSTIZMINISTER
His Excellency Shaykh Dr Mohammed bin Abdulkareem Al-Issa
Ministry of Justice
University Street, Riyadh 11137
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: His Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 966) 1 401 1741 oder
(00 966) 1 402 0311

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN

S.E. Herrn
Prof. Dr. med Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 30-8892 5179 oder 030-8892 5176
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. April 2013 keine Appelle mehr zu verschicken. Weitere Informationen zu UA-058/2013 (MDE 23/008/2013, 1. März 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Welcoming the temporary halt in executions of the seven men, but calling on the authorities to prevent the imposition of the death penalty against any of them.
  • Urging the authorities to ensure that the seven men receive a new trial that fully meets the international standards for fair trial, without recourse to the death penalty.
  • Reminding them of Saudi Arabia's obligations as a state party to the Convention on the Rights of the Child, which prohibits the use of the death penalty on individuals aged under 18 at the time of the alleged crime, and of the right of defendants to be presumed to have been under the age of majority at the time of the alleged crime, when in doubt.
  • Calling on the authorities to investigate the seven men's allegations of torture and other ill-treatment.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

In Saudi-Arabien zum Tode verurteilten Personen werden in den meisten Fällen - oftmals öffentlich - enthauptet. Nach Vollstreckung der Todesurteile werden die Leichname in einigen Fällen "gekreuzigt". Der Körper und im Falle einer Enthauptung auch der abgetrennte Kopf werden dabei an einem Pfahl befestigt und zur Abschreckung auf einem öffentlichen Platz zur Schau gestellt.

Gerichtsverfahren in Saudi-Arabien entsprechen bei Weitem nicht den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren. Den Angeklagten wird nur selten eine rechtliche Vertretung zugestanden und sie werden häufig nicht über den Stand des Verfahrens informiert. Verurteilungen auf der Basis von durch Zwang oder Täuschung erzielten "Geständnissen" sind zulässig.

Die UN-Garantien zum Schutz der Rechte von Personen, denen die Todesstrafe droht, legen angemessene Möglichkeiten zur Verteidigung und Berufung fest und verbieten das Verhängen der Todesstrafe, wenn die Gegebenheiten nicht eindeutig sind und eine andere Auslegung der Fakten möglich ist.

Die saudi-arabischen Sicherheitskräfte setzen Folter und andere Misshandlungen ein, um "Geständnisse" zu erzwingen, ohne dass sie dafür strafrechtlich verfolgt werden. Zu den von ihnen genutzten Methoden gehören Schlafentzug, Faustschläge, Schläge mit Stöcken, Aufhängen an der Decke und Elektroschocks. Saudi-Arabien ist Vertragsstaat des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das sowohl die Anwendung von Folter oder anderer Misshandlung als auch die Verwendung der auf diese Weise erlangten "Geständnisse" vor Gericht verbietet.

Nähere Informationen zu der exzessiven Anwendung der Todesstrafe in Saudi-Arabien finden Sie in dem englischsprachigen Bericht von Amnesty International Affront to Justice: Death Penalty in Saudi Arabia aus dem Jahre 2008. Diesen finden Sie unter:
http://www.amnesty.org/en/library/info/mde23/027/2008

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2013