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AKTION/1429: Urgent Action - VR China, Aktivist wieder zu Hause


ai - URGENT ACTION
UA-NR: UA-191/2012-5, AI-Index: ASA 17/003/2013, Datum: 27. März 2013 - we

VR China
Aktivist wieder zu Hause



Herr ZHU CHENGZHI, 62 Jahre

Der gewaltlose politische Gefangene Zhu Chengzhi ist seit dem 20. März wieder bei sich zu Hause, wo er erneut unter "häuslicher Überwachung" steht. Man hatte ihn seit dem 15. März in einem Hostel festgehalten. Amnesty International befürchtet, dass ihm noch immer geheime Haft ohne Kontakt zur Außenwelt droht.

Der Menschenrechtsverteidiger Zhu Chengzhi war am 25. Juli 2012 der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" beschuldigt und offiziell in Haft genommen worden. Ihm wurde zur Last gelegt, Fotos des toten Li Wangyang in Umlauf gebracht zu haben, die angeblich am Tag seines Todes aufgenommen wurden. Man stellte ihn daraufhin ab dem 4. Januar 2013 zu weiteren Ermittlungen unter "häusliche Überwachung" (eine Form des Hausarrests). Nachdem er zunächst an einem unbekannten Ort festgehalten worden war, brachte man ihn am 1. Februar in seine Wohnung. Am 15. März holte die Polizei den Menschenrechtler dort ab und brachte ihn erneut an einen unbekannten Ort. Erst am 20. März tauchte er wieder auf. Zhu Chengzhi hat bestätigt, dass man ihn beide Male im selben Hostel festgehalten hat. Seiner Familie war sein Aufenthaltsort nicht bekannt. Dem Menschenrechtsverteidiger durfte während dieser Zeit weder Kontakt zu seinen Angehörigen, einem unabhängigen Rechtsbeistand, einem Arzt noch seinen Freunden aufnehmen.

Zhu Chengzhi befindet sich noch immer unter "häuslicher Überwachung". Auch wenn er sich derzeit wieder in seiner Wohnung befindet, besteht weiterhin die Gefahr, dass man ihn erneut an einen unbekannten Ort bringen könnte, wo er ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wird. Diese Befürchtung verstärken sich mit Hinblick auf das am 4. April bevorstehende chinesische Totengedenkfest Quingming. Berichten zufolge befürchtet die Polizei möglicherweise, dass AktivistInnen das traditionelle Fest nutzen könnten, um den Tod von Li Wangyang zu betrauern. Womöglich werden sie daher sicherstellen wollen, dass sich Zhu Chengzhi am 4. April nicht in der Provinz Hunan aufhält. Das Strafprozessrecht der VR China erlaubt der Polizei, Personen bis zu sechs Monate lang an ihrem Wohnsitz oder an unbekannten Orten, bei denen es sich nicht um offizielle Hafteinrichtungen handelt, unter "häuslicher Überwachung" festzuhalten. Diese Form der Inhaftierung kann bis auf ein Jahr verlängert werden. Weder das Strafprozessrecht noch andere Bestimmungen sehen vor, dass die Behörden die Familienangehörigen der Gefangenen über deren Verbleib informieren müssen. Eine derartige Inhaftierung stellt einen Verstoß gegen internationale Menschenrechtsstandards dar.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Der bekannte Menschenrechtsverteidiger Li Wangyang wurde am 6. Juni 2012 in einem Krankenhaus im Bezirk Daxiang der Stadt Shaoyang in der Provinz Hunan unter verdächtigen Umständen tot aufgefunden. Zhu Chengzhi wurde am 8. Juni in Shaoyang von Sicherheitskräften abgeführt, nachdem er wiederholt die Aufklärung des Todes von Li Wangyang gefordert hatte. Am selben Tag wurde er zu zehn Tagen Verwaltungshaft verurteilt. Seine Familie erwartete, dass er am 18. Juni freigelassen würde, doch stattdessen wurde er in eine Hafteinrichtung überstellt und am 25. Juli von der Polizei von Shaoyang wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" festgenommen. Die Anschuldigungen gründen sich darauf, dass Zhu Chengzhi Fotos des toten Li Wangyang in Umlauf gebracht haben soll Das Büro für öffentliche Sicherheit in Shaoyang informierte die Ehefrau von Zhu Chengzhi am 25. Dezember 2012, dass der Fall an die Staatsanwaltschaft der Stadt übertragen worden sei, um strafrechtliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen. Die Staatsanwaltschaft entschied jedoch, den Fall an die Polizei zurückzuleiten, um weitere Ermittlungen durchführen zu lassen. Die Polizei stellte ihn daraufhin am 4. Januar unter "häusliche Überwachung". Am 15. März hat die Staatsanwaltschaft den Fall zum zweiten Mal an die Polizei zurückverwiesen, damit diese nochmals weitere Ermittlungen durchführt.

Amnesty International betrachtet Zhu Chengzhi als gewaltlosen politischen Gefangenen, der lediglich aufgrund seiner Arbeit als Menschenrechtsverteidiger inhaftiert ist.

Artikel 73 des chinesischen Strafprozessrechts, geändert 2012 und seit dem 1. Januar 2013 in Kraft, schreibt vor, dass in Fällen, in denen der Strafverdächtige einen festen Wohnsitz hat, die häusliche Überwachung an diesem Wohnsitz stattfinden soll. Der Verdächtige kann jedoch auch an einem anderen "festgelegten Wohnort" unter Überwachung gestellt werden, "wenn der Verdacht auf Gefährdung der inneren Sicherheit, terroristische Straftaten oder schwere Korruptionsverbrechen besteht, und die Überwachung zu Hause eine Behinderung der Ermittlungen bedeuten würde". Die Überwachung "darf jedoch nicht in einer Haft- oder Untersuchungseinrichtung erfolgen". Weder das neue Strafprozessrecht noch die 2012 erlassenen Bestimmungen für die Sicherheitsorgane zur Behandlung von Strafsachen sehen jedoch vor, dass die Familien der Straftatverdächtigen über den Haftort informiert werden.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, Zhu Chengzhi sofort und bedingungslos freizulassen. Stellen Sie bis zu seiner Freilassung sicher, dass er nicht ohne Kontakt zur Außenwelt in geheimer Haft gehalten wird.
  • Ich bitte Sie außerdem um die Zusicherung, dass Zhu Chengzhi und seine Familie nicht drangsaliert werden und ihre Rechte auf Freizügigkeit und freie Meinungsäußerung wahrnehmen können.

APPELLE AN

LEITER DES BÜROS FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT VON SHAOYANG
Li Xiaokui Juzhang
Public Security Bureau of Shaoyang
8 Hongqilu Qingyunjie, Shaoyang city
Hunan Province, 422000, VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Director / Sehr geehrter Herr Li)
Fax: (00 86) 739 516 3018 (kombinierter Telefon-/Faxanschluss)
E-Mail: webmaster@hunan.gov.cn

OBERSTAATSANWALT DER VOLKSSTAATSANWALTSCHAFT VON SHAOYANG
Dai Huafeng Daijianchayuanzhang
People's Procuratorate of Shaoyang
27 Weiyuandonglu, Shaoyang City
Hunan Province, 422006, VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Chief Prosecutor / Sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt)
Fax: (00 86) 739 682 7854


KOPIEN AN

MINISTERPRÄSIDENT
Li Keqiang Guojiafuzhongli
The State Council General Office
2 Fuyoujie, Xichengqu Beijingshi 100017 VOLKSREPUBLIK CHINA
Fax: (00 86) 10 6238 1025 (Durchwahl 816)
E-Mail: notice@scio.gov.cn oder
- gov@govonline.cn

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S. E. Herrn Mingde Shi
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: botschaftchina@yahoo.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. Mai 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-191/2012 (ASA 17/020/2012, 11. Juli 2012, ASA 17/028/2012, 10. August 2012, ASA 17/006/2013, 11. Januar 2013, ASA 17/001/2013, 7. Februar 2013 und ASA 17/010/2013, 20. März 2013).)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to release Zhu Chengzhi immediately and unconditionally.
  • Calling on them to immediately disclose Zhu Chengzhi's whereabouts and provide him with access to his family, legal representation of his choice, and any medical assistance he may require pending his release.
  • Calling on them to guarantee that Zhu Chengzhu is not tortured or otherwise ill-treated.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Die Novellierung des Strafprozessrechts von 2012 formalisiert die rechtswidrige Praxis der geheimen Haft in China und vereinfacht möglicherweise Personen in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt zu halten sowie auch das Verschwindenlassen von Personen. Dies stellt einen Verstoß gegen die Verpflichtungen dar, die China gemäß internationaler Menschenrechtsabkommen eingegangen ist. Das neue Strafprozessrecht verhindert, dass Familienangehörige und Rechtsbeistände Zugang zu Straftatverdächtigen erhalten und erhöht die Gefahr, dass Gefangene gefoltert oder auf andere Weise misshandelt werden.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-NR: UA-191/2012-5, AI-Index: ASA 17/003/2013, Datum: 27. März 2013 - we
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2013