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AKTION/1606: Urgent Action - Bahrain, Haftstrafe wegen Majestätsbeleidigung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-275/2013, AI-Index: MDE 11/049/2012, Datum: 7. Oktober 2013 - mr

Bahrain
Haftstrafe wegen Majestätsbeleidigung



MAHDI SAHWAN, 43 Jahre alt

Der politische Aktivist Mahdi Sahwan ist von einem Strafgericht in Manama wegen "Majestätsbeleidigung" zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden. Weitere drei Monate Haft erhielt er wegen "Aufruf zu einer nicht genehmigten Versammlung". Möglicherweise ist Mahdi Sahwan ein gewaltloser politischer Gefangener.

Der islamistische Aktivist Mahdi Sahwan wurde festgenommen, als er am 7. Juli 2013 einer Vorladung auf die Polizeiwache al-Budaiya in der Hauptstadt Manama nachkam. Seine Festnahme steht in Zusammenhang mit Reden, die er am 5. Juli auf politischen Demonstrationen gehalten hatte. Während dieser Reden hat er angeblich den König "beleidigt" und zu "nicht genehmigten Versammlungen" aufgerufen. Nach der Festnahme wurde er sieben Tage im Dry-Dock-Gefängnis festgehalten. Am 15. Juli ordnete die Staatsanwaltschaft wegen der laufenden Ermittlungen eine Verlängerung der Inhaftierung um 45 Tage an. Das Gerichtsverfahren gegen ihn begann am 26. August vor Abteilung 3 des vorinstanzlichen Strafgerichts. Am 30. September verurteilte ihn dieses Gericht wegen "Majestätsbeleidigung" zu einem Jahr Gefängnis und zu weiteren drei Monaten Haft wegen "Aufrufs zu nicht genehmigten Versammlungen". Sein Rechtsbeistand hat gerade Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung verlegte man Mahdi Sahwan vom Dry-Dock-Gefängnis, in dem er seit seiner Festnahme festgehalten wurde, in das Ja-Gefängnis 30 Kilometer südlich von Manama.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Am 14. April 2013 billigte das Kabinett Bahrains einen Zusatz zu Artikel 214 des Strafgesetzbuchs, der die Strafe für die Beleidigung des Königs, Scheich Hamad Bin 'Issa Al Khalifa, der Nationalflagge und anderer nationaler Symbole erhöht. Die Novellierung wurde im Juni vom Parlament gebilligt und muss nun noch vom König ratifiziert werden, um in Kraft zu treten. Diese "Straftaten" könnten dann über hohe Geldstrafen hinaus mit bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet werden.

Artikel 214 des bahrainischen Strafgesetzbuches lautet: "Die Beleidigung des Emirs [Königs], der Nationalflagge und des Nationalwappens wird mit einer Gefängnisstrafe geahndet". Dies stellt eine Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung dar. Zweieinhalb Jahre nach dem Aufstand in Bahrain und den angekündigten Reformen befinden sich immer noch gewaltlose politische Gefangene in Haft - darunter auch Demonstrierende, die während der Proteste festgenommen wurden. Ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit werden weiterhin unterdrückt. In den vergangenen Monaten wurde gewaltlosen politischen Gefangenen nicht nur die Freilassung verwehrt, es ist sogar vermehrt zu Inhaftierungen von Personen gekommen, darunter auch Frauen, die auf Twitter oder bei Demonstrationen friedlich ihre Meinung geäußert haben. Bahrainische Gerichte scheinen stärker darauf bedacht zu sein, sich der Regierung unterzuordnen, als wirksame Rechtsmittel für Bahrainerinnen anzubieten und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten.

Die Unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (Bahrain Independent Commission oft Inquiry - BICI), die am 29. Juni 2011 vom König benannt wurde, ist damit beauftragt worden, während der Proteste 2011 begangene Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und einen Bericht zu erstellen. Nach der Veröffentlichung dieses Berichts im November 2011 verpflichtete sich die bahrainische Regierung öffentlich zur Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen. Der Bericht beleuchtete die Reaktion der Regierung auf die Massenproteste und dokumentierte weitreichende Menschenrechtsverletzungen. In einer der Schlüsselempfehlungen forderte der Bericht die Regierung auf, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen wie Folter und exzessive Gewaltanwendung vor Gericht zu stellen und unabhängige Untersuchungen zu Foltervorwürfen durchzuführen.

Dennoch sind viele der Versprechen der Regierung bis heute nicht eingelöst worden. Die Einberufung der BICI und ihr Bericht wurden als bahnbrechende Initiative angesehen, doch nach über einem Jahr ist das Versprechen bedeutender Reformen von der Regierung immer noch nicht in die Tat umgesetzt worden. Die bahrainische Regierung kommt den wesentlichen Empfehlungen der BICI zur Rechenschaftslegung nicht nach. Dazu zählt das Versagen, unabhängige, effektive und transparente Untersuchungen zu Anschuldigungen über Folter und andere Misshandlungen, exzessiver Gewaltanwendung und der Strafverfolgung derjenigen, die andere angewiesen haben Menschenrechtsverletzungen zu verüben, einzuleiten. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in dem englischen Bericht Bahrain: Reform shelved, Repression unleashed unter
http://amnesty.org/en/library/info/MDE11/062/2012/en

In einer gemeinsamen Erklärung an die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte vom 9. September zur Menschenrechtslage in Bahrain, die 47 Staaten unterzeichnet haben, äußerten diese im Rahmen der 25. Tagung des UN-Menschenrechtsrates ihre Besorgnis über die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen in Bahrain.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich ersuche Sie dringend, Mahdi Sahwan sofort und bedingungslos freizulassen, da die einzigen Anklagen, die gegen ihn erhoben wurden, keinen Straftatbestand darstellen sollten und der Verpflichtung Bahrain zuwiderlaufen, die friedliche Wahrnehmung der Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit zu schützen.
  • Bitte stellen Sie sicher, dass Mahdi Sahwan weder gefoltert noch in anderer Weise misshandelt wird und er regelmäßigen Zugang zu seiner Familie und einem Rechtsbeistand seiner Wahl hat.
  • Bitte heben Sie auch die Gesetzgebung auf, die gegen das Recht auf friedliche Meinungsäußerung aus Artikel 19 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, dessen Vertragsstaat Bahrain ist, verstößt.

APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace
al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior, P.O. Box 13, al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain


KOPIEN AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali bin Abdullah Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
PO Box 450
al-Manama, BAHRAIN
Fax: (00 973) 1753 1284
E-Mail: minister@justice.gov.bh
Twitter: @Khaled_Bin_Ali

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S. E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7,10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 18 November 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the Bahraini authorities to release Mahdi Sahwan on the basis that the only charges against him should not be considered criminal offences and contravene Bahrain's obligation to uphold the rights to freedom of expression and peaceful assembly.
  • Calling on them to ensure that Mahdi Sahwan is protected from torture and other ill-treatment and that he has regular access to his family and lawyer.
  • Urging them to repeal laws that criminalize the peaceful exercise of the right to freedom of expression, in line with Bahrain's obligations under Article 19 of the International Covenant on Civil and Political Rights.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Am 28. Juli 2013 hielt das bahrainische Parlament eine außerordentliche Sitzung ab und legte dem König Scheich Hamad Bin 'Issa Al Khalifa daraufhin 22 Empfehlungen vor, welche die im Antiterrorgesetz von 2006 dargelegten Strafen verschärfen. Wenige Tage später erließ der König mehrere Dekrete, die das Recht auf freie Meinungsäußerung weiter beschränken. So sind z.B. alle Proteste, Sitzstreiks und Versammlungen auf unbestimmte Zeit verboten und den Sicherheitskräften wurden weitere umfassende Befugnisse erteilt.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-275/2013, AI-Index: MDE 11/049/2012, Datum: 7. Oktober 2013 - mr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2013