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AKTION/1726: Urgent Action - Russische Föderation, Morddrohungen gegen Protestierende


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-064/2014, AI-Index: EUR 46/022/2014, Datum: 19. März 2014 - bs

Russische Föderation
Morddrohungen gegen Protestierende



Frau SVETLANA CHERNOVA
Herr ALEXANDER LASHMANKIN
Herr IGOR TITARENKO

Mehrere FriedensaktivistInnen haben Morddrohungen erhalten, nachdem sie gegen die russische Militärintervention auf der Krim protestierten.

Am 2. März nahmen Svetlana Chernova, Alexander Lashmankin, Igor Titarenko und mehrere weitere FriedensaktivistInnen in der Stadt Samara an einer Reihe von Ein-Personen-Protesten teil, die nach russischem Recht keine vorherige Genehmigung erfordern. Danach erhielten sie mehrere Morddrohungen von anonymen Mitgliedern einer Onlinegruppe, die sich selbst "Anti-Maydan" nennt (in Anlehnung an die jüngsten Euro-Maidan-Proteste in Kiew). Die Gruppe nutzte dafür VKontakte, die russische Variante von Facebook. Die Gruppe stellte dort Fotos der Protestierenden ein und bat die NutzerInnen ihnen zu helfen, die Namen und Kontaktdaten zu identifizieren und "psychischen und körperlichen" Druck auf sie auszuüben. Später wurden persönliche Angaben und Kontaktdaten von Svetlana Chernova, Alexander Lashmankin, Igor Titarenko und mindestens zwei weiteren Protestierenden online veröffentlicht - ergänzt durch Drohungen. "Mädels, reißt ihr die Knochen raus", so lautete der Post vom 4. März, der ein Foto der Wohnung von Svetlana Chernova zeigte und ihre Adresse enthielt. Die Gruppe auf VKontakte ist zwar inzwischen geschlossen worden, und die Einträge wurden gelöscht, die Drohungen gegen die FriedensaktivistInnen gingen aber über andere soziale Netzwerke weiter. So wurde auf der populären Blog-Webseite LiveJournal eine neue Gruppe namens "Anti-Maydan 63" eingerichtet. Am 12. März wurden vor dem Apartmenthaus, in dem Alexander Lashmankin wohnt, mehrere aggressiv agierende Männer beobachtet. Ein Mitglied der "Anti-Maydan"-Gruppe schrieb dann auf LiveJournal, dass die Gruppe mit ihm ein Gespräch über seine Überzeugungen führen wolle. Alexander Lashmankin gelang es an jenem Tag, an den Männern vorbei in seine Wohnung zu kommen. Nach diesem Vorfall hinterließen Unbekannte an seiner Wohnungstür ein Graffiti mit dem Wort "US-Spion". Am 15. März griff eine Gruppe von Männern in Samara Protestierende an, die für den Frieden demonstrierten. Sie beschimpften die TeilnehmerInnen u.a. als "Faschisten". Einer der Männer entriss Igor Titarenko ein Banner und riss es in Stücke. Ein Polizist, der die Szene beobachtet hatte, griff zwar erst wenige Minuten später ein, verhinderte aber eine weitere Eskalation. Örtliche Menschenrechtsgruppen sind der Ansicht, dass beide Vorfälle von anonymen Mitgliedern der "Anti-Maydan"-Gruppe initiiert wurden. Die AktivistInnen haben wegen der Drohungen Anzeige bei den Behörden erstattet. Bislang hat nur Svetlana Chernova eine Antwort erhalten; ihr wurde mitgeteilt, die Anzeige sei an die örtliche Polizei weitergeleitet worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In der Nacht vom 26. auf den 27. Februar übernahmen bewaffnete Gruppen in Uniformen ohne Kennzeichnung die Kontrolle über mehrere Gebäude der örtlichen Behörden auf der Krim. Militärzubehör und Teile der ukrainischen Flotte sind de facto von organisierten Einheiten bewaffneter Männer in Militäruniformen blockiert bzw. besetzt worden. Die ukrainische Übergangsregierung wirft Russland eine Militärintervention der Krim vor. Die russischen Behörden bestreiten dies und behaupten, bei den bewaffneten Männern handele es sich um Mitglieder der örtlichen "Selbstverteidigungskräfte". Am 1. März erteilte das russische Parlament Präsident Putin die Befugnis, russische Truppen auf der Krim zu stationieren. Währenddessen bereiteten die Behörden der Krim ein Referendum vor, um über die Abspaltung von der Ukraine und die Angliederung an Russland zu entscheiden. Das diesbezügliche Abkommen ist inzwischen von Präsident Putin unterzeichnet worden.

Seit dem 2. März haben in der Russischen Föderation mehrere "Antikriegsproteste" stattgefunden. Die russischen Behörden reagieren darauf mit Festnahmen von hunderten Protestierenden allein in Moskau. Einige wurden zu Verwaltungshaftstrafen, andere zu hohen Geldstrafen verurteilt. Weitere Informationen finden Sie in der englischen Pressemitteilung
http://www.amnesty.org/en/for-media/press-releases/russia-freedom-expression-falls-victim-dramatic-events-ukraine-s-crimea-201).


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie hiermit bitten, eine unabhängige und zielführende Untersuchung der Morddrohungen und Drangsalierungen der FriedensaktivistInnen in Samara einzuleiten.
  • Bitte gewährleisten Sie die Sicherheit von Svetlana Chernova, Alexander Lashmankin und Igor Titarenko sowie der übrigen AktivistInnen.

APPELLE AN

LEITER DER FÜR SAMARA ZUSTÄNDIGEN ABTEILUNG DES INNENMINISTERIUMS
Lt.-Gen. Yuri Sterlikov
Ministry of interior for Samara region
ul. Sokolova, 34
443068 Samara,
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Lieutenant-General / Sehr geehrter Herr Sterlikov)
Fax: (007) 462 78 22 24
E-Mail: odir63@mail.ru

STAATSANWALT DER REGION SAMARA
Murat Kabaloev
ul. Chapayevskaya,
151 443010 Samara,
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Prosecutor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
E-Mail: prok@samtel.ru


KOPIEN AN

GENERALSTAATSANWALT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Yurii Yakovlevich Chaika
Bolshaia Dmitrovka 15 A
125993 Moscow, RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 7) 495 692 1725, (00 7) 495 987 58 41

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. April 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Launch an immediate, impartial and effective investigation into the death threats and incidents of harassment of the peace activists in Samara.
  • Ensure the safety of Svetlana Chernova, Alexander Lashmankin and Igor Titarenko and other activists.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-064/2014, AI-Index: EUR 46/022/2014, Datum: 19. März 2014 - bs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
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Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2014