Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1763: Urgent Action - Ägypten, wegen konstruierter Anklagen vor Gericht


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-093/2014, AI-Index: MDE 12/021/2014, Datum: 17. April 2014 - mr

Ägypten
Wegen konstruierter Anklagen vor Gericht



Frau ABRAR AL-ANANY
Frau MENATALLA MOUSTAFA
Frau YOUSRA EL KHATEEB

Die ägyptischen Behörden haben drei Studentinnen aufgrund konstruierter Vorwürfe inhaftiert. Die Frauen sind gewaltlose politische Gefangene und werden nur deshalb in Haft gehalten, weil sie ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit friedlich wahrgenommen haben.

Die 18-jährigen Studentinnen Abrar Al-Anany und Menatalla Moustafa und die 21-jährige Graduiertenstudentin Yousra El Khateeb sind am 12. November 2013 nach Zusammenstößen zwischen Unterstützer_innen und Gegner_innen der inzwischen verbotenen Muslimbruderschaft auf dem Universitätscampus an der Mansoura-Universität festgenommen worden. Sie zählten zu mindestens 23 Studierenden, die an diesem Tag festgenommen wurden. Die drei jungen Frauen werden im Öffentlichen Gefängnis von Mansoura festgehalten und dürfen nur fünf Minuten pro Woche von ihren Familien besucht werden.

Die Frauen sind angeklagt, "einer verbotenen Organisation anzugehören, die terroristische Methoden einsetzt" - eine Anklage, die regelmäßig gegen Menschen erhoben wird, die die Muslimbruderschaft unterstützen. Ihnen wird zudem vorgeworfen, unter dem restriktiven neuen Demonstrationsgesetz "ohne Erlaubnis protestiert zu haben", "sich rücksichtslos verhalten zu haben" und "öffentliches Eigentum zerstört zu haben".

Die drei Frauen werden mit verurteilten Straftäterinnen festgehalten, die sie Berichten zufolge regelmäßig schikanieren und einschüchtern und sie als Terroristinnen beschimpfen. Nach Angaben der Familie ist Menatalla Moustafa nicht bei guter Gesundheit: Sie leidet an Epilepsie und hatte seit Anfang April mindestens drei Anfälle, einen Arzt hat sie jedoch nicht gesehen.

Seit Februar sind die drei Frauen mehrere male vor das Strafgericht von Mansoura gebracht worden. Das Gericht hat ihren Fall wiederholt vertagt. Die nächste Anhörugn ist auf den 21. Mai 2014 anberaumt. Laut Zeug_innen und den Rechtsbeiständen hatten die drei Frauen an einer friedlichen Demonstration teilgenommen, sich aber umgehend versteckt, als die Zusammenstöße begannen. Amnesty International konnte einen Brief der Sicherheitsabteilung der Universität einsehen, in dem steht, dass die Frauen nicht an den Ausschreitungen beteiligt waren und deshalb freigelassen werden sollten.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Zusammenstöße an der Mansoura-Universität, zu denen es bei einer Demonstration der studentischen Anhänger_innen der Muslimbruderschaft kam, dauerte fünf Stunden und führte zu mindestens 70 Verletzten. Nachdem der universitäre Sicherheitsdienst erfolglos versucht hatte, die Kontrolle über die Situation zu erlangen, rief der Universitätspräsident die Sicherheitskräfte. Sie kamen mit gepanzerten Fahrzeugen und setzten Tränengas ein, um die Studierenden auseinanderzutreiben. 23 Studierende wurden festgenommen, darunter auch die drei Frauen.

Laut Zeug_innen und Rechtsbeiständen waren die drei jungen Frauen nicht an den Zusammenstößen beteiligt. Sie hatten sich zwar an den friedlichen Protesten beteiligt, sich dann aber in einen Raum der pharmazeutischen Fakultät zurückgezogen, als die Zusammenstöße begannen. Amnesty International konnte ein Schreiben der Sicherheitsabteilung der Universität an den Staatsanwalt einsehen, in dem steht, dass sie nicht an den Gewalttätigkeiten beteiligt waren und um ihre Freilassung gebeten wird. Nach ihrer Festnahme wurden die drei auf die Polizeiwache Menyat Al Nasr gebracht und dann in das Öffentliche Gefängnis von Mansoura. Menatalla Moustafa war zum Zeitpunkt ihrer Festnahme erst 17 Jahre alt. Sie wurde dennoch sowohl auf der Polizeiwache als auch im Gefängnis zusammen mit Erwachsenen festgehalten.

Seit Semesterbeginn im September 2013 sind von regierungsfeindlichen Aktivistengruppen "Studierende gegen den Staatsstreich" mehrere Protestveranstaltungen auf Universitätsgeländen abgehalten worden. Universitätscampi und sogar Schlafräume sind häufig zum Austragungsort dieser Zusammenstöße geworden.

Universitäten in ganz Ägypten sind von den Protesten und Zusammenstößen betroffen, darunter auch die zwei größten Universitäten des Großraums Kairo, die Universität Kairo und die Ain Shams. Die Al-Azhar Universität ist ein Zentrum der Studierendenunruhen. Die Sicherheitskräfte haben exzessive Gewalt eingesetzt, darunter auch tödliche Gewalt, um die Protestierenden auseinanderzutreiben. Mindestens 14 Studierende sind laut Angaben der Vereinigung für Gedanken- und Meinungsfreiheit bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften zu Tode gekommen. Die Gerichte haben mindestens drei Studierende der Al-Azhar-Universität zu 18 Monaten bis 17 Jahren Gefängnis verurteilt.

Ein neues Demonstrationsgesetz, dass das Recht auf Versammlungsfreiheit einschränkt und von Interimspräsident Adly Mansour am 24. November 2013 unterzeichnet wurde entspricht nicht den internationalen Standards. Es räumt dem Innenministerium weitreichende Ermessenspielräume bei Protesten en, darunter auch den Einsatz von Schusswaffen gegen friedlich Protestierende. Wenn Protestierende eines Verstoßes gegen das Gesetz schuldig gesprochen werden, drohen ihnen bis zu fünf Jahre Gefängnis und Geldstrafen in Höhe von 100 000 ägyptischen Pfund (etwa 10.361 Euro).


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie eindringlich bitten, die Anklagen gegen Abrar Al-Anany, Menatalla Moustafa und Yousra El-Khateeb fallenzulassen und sie umgehend und bedingungslos freizulassen.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass Menatalla Moustafa Zugang zu der von ihr benötigten medizinischen Versorgung erhält.
  • Bitte trennen Sie die drei Frauen bis zu ihrer Freilassung von anderen verurteilten Straftäter_innen.

APPELLE AN

STAATSANWALT
Hesham Mohamed Zaki Barakat
Office of the Public Prosecutor
Supreme Court House, 1 "26 July" Road
Cairo, ÄGYPTEN (Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 202) 2 577 4716 oder
(00 202) 2 575 7165
(nur während der Bürozeiten, MEZ +1)

ÜBERGANGSPRÄSIDENT
Adly Mahmoud Mansour
Office of the President
Al Ittihadia Palace, Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441


KOPIEN AN

STELLVERTRETENDER BEAUFTRAGTER FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Multilateral Affairs and International Security Affairs Ministry of
Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7, 10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Mai 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urge the Egyptian authorities to drop all charges against Abrar Al-Anany, Menatalla Moustafa and Yousra Elkhateeb, and release them immediately and unconditionally.
  • Calling on them to give Menatalla Moustafa access to any medical attention she may require.
  • Calling on them to separate the three women from other convicted prisoners pending their release.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-093/2014, AI-Index: MDE 12/021/2014, Datum: 17. April 2014 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2014