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AKTION/1815: Erfolge - Oktober 2014


amnesty journal 10/2014 - Das Magazin für die Menschenrechte

Erfolge

- Uganda: Gericht kippt Gesetz gegen Homosexuelle
- Türkei: Fast acht Jahre Haft für Todesschuss auf Demonstranten
- China: Tibetischer Filmemacher freigelassen
- Myanmar: Haftstrafe reduziert
- Bahrain: Bahrainischer Aktivist frei
- Sambia: Anklage fallengelassen
- Sudan: Christin in die USA eingereist



Uganda kippt Gesetz gegen Homosexuelle

Uganda - Am 1. August erklärte Ugandas Verfassungsgericht ein Anti-Homosexuellengesetz für "null und nichtig", da im Dezember 2013 zum Zeitpunkt der Abstimmung über das Gesetz im Parlament nicht genügend Abgeordnete anwesend waren.

In Uganda sind homosexuelle Handlungen seit der britischen Kolonialzeit verboten. Das neue Gesetz hatte darüber hinaus die "Förderung von Homosexualität" unter Strafe gestellt. Dies betraf NGOs, aber auch Angehörige von Homosexuellen.

Amnesty begrüßte die Aufhebung des Gesetzes als wichtigen Schritt zur Beendigung der staatlichen Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen. "Obwohl die Aufhebung des Anti-Homosexuellengesetzes allein aus formalen Gründen erfolgte, stellt dieses Ereignis einen bedeutenden Erfolg für Ugandas Aktivistinnen und Aktivisten dar, die seit Jahren gegen den Gesetzesentwurf demonstriert hatten. Dabei hatten sie immer wieder ihre Sicherheit aufs Spiel gesetzt, um dafür einzutreten, dass Ugandas Gesetzgebung die Menschenrechte achtet", sagte Sarah Jackson, die stellvertretende Leiterin der Afrika-Abteilung von Amnesty.

Seit der Verabschiedung des Gesetzes hat Amnesty International einen starken Anstieg willkürlicher Festnahmen, polizeilicher Gewalt und Erpressungen von Homosexuellen in Uganda festgestellt. Viele von ihnen verloren ihre Arbeitsstelle, wurden obdachlos oder mussten aus dem Land fliehen.


Fast acht Jahre Haft für Todesschuss auf Demonstranten

Türkei - Mindestens vier Menschen wurden bei den Protesten in der Türkei im vergangenen Jahr durch Polizeigewalt getötet. Nun hat ein Gericht erstmals einen Polizeibeamten, der einen Demonstranten erschossen hatte, zu einer Haftstrafe verurteilt. Der Beamte muss für sieben Jahre und neun Monate ins Gefängnis, weil er am 1. Juni 2013 den 26-jährigen Ethem Sarisülük in Ankara mit seiner Dienstwaffe getötet hat. Der Angeklagte behauptete während der Verhandlung, er sei von Demonstranten mit Steinen beworfen worden und habe deshalb Warnschüsse in die Luft abgefeuert. Eine der Kugeln habe Sarisülük getroffen. Das Gericht wies diese Argumentation zurück, räumte jedoch ein, dass der Beamte von Demonstranten provoziert worden sei. Dass der 28-jährige Polizist tatsächlich den Todesschuss abgefeuert hat, steht indes außer Zweifel: Die Tat wurde auf einem Video festgehalten. Die Familie des Opfers hält die Strafe für zu gering und will Berufung einlegen. Die Staatsanwaltschaft hatte mindestens 26 Jahre Haft gefordert. Die Proteste entzündeten sich im Mai 2013 an einem geplanten Bauprojekt auf dem Gelände des Gezi-Parks in Istanbul. Nach einem gewaltsamen Polizeieinsatz weiteten sich die Proteste auf das ganze Land aus und richteten sich auch gegen die autoritäre Politik von Regierungschef Erdogan. Amnesty International hatte nach den Gezi-Protesten kritisiert, dass die Polizei für gewalttätige Übergriffe auf Demonstranten nicht bestraft werde. Bisher wurden lediglich neun Polizisten angeklagt. Mehr als 5.500 Menschen stehen hingegen derzeit vor Gericht, weil sie Protestkundgebungen organisiert oder an ihnen teilgenommen haben sollen.


EINSATZ MIT ERFOLG

Weltweit beteiligen sich Tausende Menschen mit Appellschreiben an den "Urgent Actions", den "Briefen gegen das Vergessen" und an Unterschriftenaktionen von Amnesty International. Dass dieser Einsatz drohende Menschenrechtsverletzungen verhindert und Menschen in Not hilft, zeigen diese Beispiele.


Tibetischer Filmemacher freigelassen

China - Der Filmemacher Dhondup Wangchen wurde Anfang Juni nach sechs Jahren Haft freigelassen. Er war im März 2008 wegen seines Dokumentarfilms "Leaving Fear Behind" festgenommen und mehr als ein Jahr lang an einem unbekannten Ort festgehalten worden. Nach einem geheimen Prozess im Westen Chinas wurde Dhondup Wangchen Ende 2009 wegen "Staatsgefährdung" zu sechs Jahren Haft verurteilt. In "Leaving Fear Behind" ließ der Filmemacher zahlreiche Tibeter zu Wort kommen, die sich kritisch über die Situation in Tibet und über die Olympischen Spiele 2008 in Peking äußerten.


Haftstrafe reduziert

Myanmar - Die gewaltlosen politischen Gefangenen Zaw Pe und Win Myint Hlaing wurden am 4. Juli aus dem Gefängnis entlassen. Zuvor hatte ein Berufungsgericht ihre Haftstrafen von einem Jahr auf drei Monate reduziert. Amnesty International begrüßte die Freilassung, wies jedoch darauf hin, dass die beiden Männer gar nicht erst hätten inhaftiert werden dürfen. Zaw Pe, ein Reporter der Non-Profit-Organisation "Democratic Voice of Burma" sowie Win Myint Hlaing waren nur deswegen festgenommen worden, weil sie ein Interview mit einem Mitarbeiter der Bildungsbehörde der Stadt Magwe über Korruptionsvorwürfe filmen wollten. Viele weitere gewaltlose politische Gefangene, darunter auch Journalisten, befinden sich nach wie vor in Myanmar in Haft. Amnesty International fordert ihre umgehende und bedingungslose Freilassung.


Bahrainischer Aktivist frei

Bahrain - Der Aktivist Mahdi Sahwan wurde am 8. Juli aus dem Jaw-Gefängnis entlassen, nachdem er eine einjährige Haftstrafe verbüßt hatte. Er war im Juli 2013 festgenommen worden, weil er auf politischen Demonstrationen Reden gehalten hatte. Dabei soll er den bahrainischen König "beleidigt" und zu einer nicht genehmigten Versammlung aufgerufen und sich an ihr beteiligt haben. Am 30. September 2013 verurteilte ihn ein Gericht wegen "Majestätsbeleidigung" zu einem Jahr Gefängnis und wegen "Aufrufs zu einer nicht genehmigten Versammlung" zu weiteren drei Monaten Haft. Das Strafmaß wurde später in einem Berufungsverfahren auf ein Jahr reduziert.


Anklage fallengelassen

Sambia - James Mwape und Philip Mubiana wurden am 3. Juli nach mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft aus Mangel an Beweisen freigelassen. Die Männer waren angeklagt, eine sexuelle Beziehung "entgegen der natürlichen Ordnung" unterhalten zu haben, was nach Paragraf 155 des sambischen Strafgesetzbuches mit einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren bis zu lebenslanger Haft bestraft werden kann. Amnesty International betrachtete James Mwape und Philip Mubiana als gewaltlose politische Gefangene, die lediglich aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung festgenommen worden waren, und setzte sich mit Eilaktionen für die beiden Männer ein. Außerdem arbeitete Amnesty International mit sambischen Aktivisten vor Ort zusammen, um die Häftlinge zu unterstützen und den Prozess zu beobachten.


Christin in die USA eingereist

Sudan - Meriam Ibrahim konnte Ende Juli den Sudan verlassen und in die USA einreisen. Sie war am 23. Juni aus der Haft entlassen worden, nachdem ein Berufungsgericht das gegen sie verhängte Todesurteil aufgehoben hatte. Die Christin war in erster Instanz wegen "außerehelichen Geschlechtsverkehrs" zu hundert Peitschenhieben und wegen "Abkehr vom islamischen Glauben" zum Tod durch Erhängen verurteilt worden. Bis zu ihrer Ausreise hatte Meriam Ibrahim gemeinsam mit ihrer Familie Schutz in der US-Botschaft in Khartoum gesucht. Die sudanesischen Behörden verweigerten ihr zunächst die Ausreise. Mehr als eine Million Amnesty-Mitglieder weltweit hatten sich für die Freilassung von Meriam Ibrahim eingesetzt. Amnesty hat den Sudan aufgefordert, die Gesetze, die zu ihrer Verurteilung geführt haben, zu revidieren.

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Quelle:
amnesty journal, Oktober 2014, S. 7+9
Herausgeber: amnesty international
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Redaktionsanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Februar 2015


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