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AKTION/432: Reaktionen und Erfolge, Juni/Juli 2008 (ai journal)


amnesty journal 6-7/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte

Reaktionen und Erfolge

- Kuba - Öffnung ohne Entwarnung
- Saudi-Arabien, Türkei, Mexiko - Aus der Haft entlassen
- Marokko - Junger Marokkaner frei
- Iran - Unbeirrbar für die Gleichheit
- Äthiopien/Somalia - Terrorverdächtige Kinder


ÖFFNUNG OHNE ENTWARNUNG

Kuba - Es gibt Anzeichen für einen Öffnungskurs in Kuba: Im April wandelte der von Raúl Castro geleitete Staatsrat fast alle Todesurteile in langjährige Haftstrafen um. Ausgenommen davon bleiben drei Personen, die wegen Terrorismus angeklagt sind. Mit Blick auf die Menschenrechte sieht Amnesty trotzdem keine Entwarnung oder eine grundsätzliche Änderung des Status quo. Bereits seit 2003 gibt es ein Hinrichtungsmoratorium, zudem hat Kuba nicht die Abschaffung der Todesstrafe verkündet. "Sämtliche Veränderungen sind leider kosmetischer Natur", sagte Maja Liebing, Sprecherin der Kuba-Ländergruppe. Um die Menschenrechtslage zu verbessern, müssten die 58 gewaltlosen politischen Gefangenen freigelassen werden, die seit mehr als fünf Jahren inhaftiert sind und lediglich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hatten. Tiefergreifende politische Reformen sind notwendig, um den Schutz der Menschenrechte zu garantieren. Beispielsweise muss die drastische Einschränkung der Reisefreiheit aufgehoben werden.


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AUS DER HAFT ENTLASSEN

Saudi-Arabien - Der Blogger Fouad Ahmad al-Fahrhan ist am 26. April ohne Anklage freigelassen worden. Der Besitzer einer kleinen IT-Firma war am 10. Dezember in seinem Büro festgenommen worden. Vor seiner Festnahme soll ihn ein Mitarbeiter des Innenministeriums gewarnt haben, dass man ihn vernehmen wolle. Vermutlich hatte die Festnahme mit Artikeln über politische Gefangene zu tun, die al-Fahrhan in seinem Internet-Blog veröffentlicht hatte.

Türkei - Der 15-jährige Cuneyt Ertus ist am 11. April aus der Haft entlassen worden. Nach Demonstrationen zum kurdischen Neujahrsfest "Newroz" war er am 22. März in Hakkari, im Südosten der Türkei, festgenommen worden. Im Fernsehen war zu sehen, wie ihn Polizisten misshandelten, obwohl er keinen Widerstand gegen die Festnahme leistete. Amnesty forderte eine unabhängige medizinische Untersuchung, die Ertus nun erhält. Eine unabhängige und umfassende Untersuchung des Vorgehens der Polizei steht noch aus.

Mexiko - David Venegas ist am 5. März nach elf Monaten Haft gegen Kaution freigelassen worden. Ihm drohen nach wie vor Anklagen wegen "Drogenbesitzes" und "tätlichen Angriffs und Widerstands gegen die Staatsgewalt". Venegas ist Mitglied der Dachorganisation "Asamblea Popular del Pueblo de Oaxaca" (APPO), die die Proteste in Oaxaca angeführt hatte. Berichten zufolge war Venegas ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und gefoltert worden. Eine Untersuchung der Foltervorwürfe ist bislang nicht eingeleitet worden.


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JUNGER MAROKKANER FREI

Marokko - Der 26-jährige Marokkaner Fouad Mourtada ist im März aus dem Gefängnis entlassen worden, nachdem ihn der König begnadigt hatte. Der junge IT-Ingenieur hatte auf der Internetplattform "Facebook" ein Profil des Prinzen Moulay Racchid erstellt. Daraufhin wurde er wegen Fälschung und Modifizierung von Internetdaten und wegen Fälschung der Identität eines Repräsentanten des Staates angeklagt. Vor Gericht gab Mourtada zu, das Profil des Prinzen auf Facebook erstellt zu haben. Er habe dies aus Bewunderung getan und nicht mit der Absicht, der Monarchie zu schaden. Zwei Delegierte von Amnesty hatten den Prozess beobachtet und diesen als unfair und als nicht internationalen Standards entsprechend kritisiert. Nachdem der junge Mann zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe von 1.320 US-Dollar verurteilt worden war, hatte sich Amnesty mit einer Eilaktion für seine Freilassung eingesetzt.


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UNBEIRRBAR FÜR DIE GLEICHHEIT

Iran - Die iranische Frauenrechtlerin Khadijeh Moghaddam ist am 16. April freigelassen worden. Die 56-Jährige, die rund eine Woche in verschiedenen Gefängnissen einsaß, war wegen der "Verbreitung regierungsfeindlicher Propaganda, Störung der öffentlichen Meinung und Handlungen gegen die nationale Sicherheit" angeklagt. Die Frauenrechtlerin ist aktives Mitglied der "Kampagne für Gleichberechtigung", die das Ende der rechtlichen Diskriminierung von Frauen im Iran fordert. Zudem ist sie Mitglied des "Mütterkomitees" und der Organisation "Mütter für den Frieden" und engagiert sich seit Jahren für die Umwelt. Während sich Moghaddam nach ihrer Freilassung nicht öffentlich äußern wollte, gab ihr Mann den Mitgliedern der Kampagne für Gleichberechtigung ein Interview. Ihm zufolge sei seine Frau über die Kampagne und deren Aktivitäten verhört und aufgefordert worden, Namen der Beteiligten zu nennen. "Meine Frau fand das unethisch und ging nicht darauf ein", sagte er. Unterstützen Sie die Kampagne für Gleichberechtigung. Mehr Info" unter: www.we-change.org


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TERRORVERDÄCHTIGE KINDER

Äthiopien/Somalia - 32 der 41 Kinder und Jugendlichen im Alter von neun bis 18 Jahren, die von äthiopischen Truppen festgenommen worden waren, sind wieder frei. Neun wurden an die somalische Kriminalpolizei überstellt und werden bis zum Abschluss der Ermittlungen in Gewahrsam gehalten. Äthiopische Soldaten hatten am 19. April die Al-Hildya-Moschee im Nordosten von Mogadischu gestürmt und die jungen Menschen verhaftet. Diese hatten dort am Religionsunterricht teilgenommen. Nach ihrer Festnahme wurden sie eine Woche lang in einem Militärlager in der Nähe einer Nudelfabrik im Norden von Mogadischu festgehalten. Äthiopische Soldaten gaben an, die restlichen Kinder und Jugendlichen würden freigelassen, sobald die Ermittlungen gegen sie abgeschlossen und sofern sie "keine Terroristen" seien.


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Quelle:
amnesty journal, Juni/Juli 2008, S. 4
Herausgeber: amnesty international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2008