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AKTION/466: Briefe gegen das Vergessen, Februar/März 2010


amnesty journal 02/03/2010 - Das Magazin für die Menschenrechte

Briefe gegen das Vergessen - Aktion der Monate Februar/März 2010

- Tunesien - Saber Ragoubi
- Simbabwe - WOZA-Mitglieder
- Moldau - Oxana Radu


Tag für Tag werden Menschen gefoltert, wegen ihrer Ansichten, Hautfarbe oder Herkunft inhaftiert, ermordet, verschleppt oder man lässt sie "verschwinden". AMNESTY INTERNATIONAL veröffentlicht regelmäßig an dieser Stelle drei Einzelschicksale, um an das tägliche Unrecht zu erinnern. Internationale Appelle helfen, solche Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und zu beenden.

Sie können mit Ihrem persönlichen Engagement dazu beitragen, dass Folter gestoppt, ein Todesurteil umgewandelt oder ein Mensch aus politischer Haft entlassen wird. Schreiben Sie bitte, im Interesse der Betroffenen, höflich formulierte Briefe an die jeweils angegebenen Behörden des Landes.

Sollten Sie eine Antwort auf Ihr Appellschreiben erhalten, schicken Sie bitte eine Kopie an AMNESTY INTERNATIONAL.

AMNESTY INTERNATIONAL
Postfach, 53108 Bonn
Tel.: 0228/98 37 30, Fax: 0228/63 00 36
E-mail: Info@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de

Spendenkonto
Bank für Sozialwirtschaft (BfS) Köln,
Kto.-Nr.: 8090100, BLZ: 370 205 00
oder Postbank Köln,
Kto.-Nr.: 22 40 46-502, BLZ 370 100 50


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TUNESIEN

Saber Ragoubi

Im Dezember 2006 und Januar 2007 wurden 30 Männer unter dem Verdacht festgenommen, in der Nähe der Stadt Soliman unweit von Tunis in einen Zusammenstoß zwischen den Sicherheitskräften und einer bewaffneten Gruppe verwickelt gewesen zu sein. Nach der Gesetzeslage hätten sie innerhalb von sechs Tagen einem Richter vorgeführt werden müssen, diese Frist wurde in ihrem Fall jedoch nicht gewahrt.

Der Prozess gegen die Männer fand am 30. November 2007 statt. Sie wurden unter anderem wegen Verschwörung zum Sturz der Regierung, Einsatz von Schusswaffen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Die Männer bestritten sämtliche Vorwürfe. Das Gerichtsverfahren, dem Delegierte von Amnesty beiwohnten, verstieß gegen internationale Standards der Fairness.

Vor Gericht gaben die Männer an, in der Haft gefoltert und misshandelt worden zu sein. Man habe sie unter anderem an der Decke aufgehängt, mit Fäusten und Stöcken geschlagen, ihnen Elektroschocks versetzt und sie Scheinhinrichtungen unterzogen. Einigen der Männer wurde angedroht, man werde sie selbst oder aber ihre Mütter und Schwestern vergewaltigen. Der Angeklagte Saber Ragoubi sagte: "Ich wurde im Gefängnis von Mornaguia misshandelt und verlor dabei drei meiner Vorderzähne. Ich habe eine Untersuchung des Vorfalls beantragt. Darüber hinaus musste ich mich nackt ausziehen, weil man mich zur Rasur meines Bartes zwingen wollte." Das Gericht untersuchte die Vorwürfe der Angeklagten, gefoltert und zu Geständnissen gezwungen worden zu sein, nicht in angemessener Weise.

Von den 30 Angeklagten wurden 29 zu Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren und lebenslanger Haft verurteilt. Gegen Saber Ragoubi erging die Todesstrafe. Er befindet sich derzeit in Einzelhaft und darf unter Verstoß gegen tunesische Rechtsvorschriften wie auch internationale Standards weder Besuche von seiner Familie erhalten noch schriftlich kommunizieren.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den tunesischen Staatspräsidenten und fordern Sie ihn auf, das Todesurteil gegen Saber Ragoubi umzuwandeln, ihm Besuche seiner Familie und medizinische Behandlung zu gewähren. Fordern Sie außerdem Wiederaufnahmeverfahren für alle Angeklagten, die internationalen Standards für faire Prozesse entsprechen.

Schreiben Sie in gutem Arabisch, Französisch, Englisch oder auf Deutsch an:
President Zine El Abidine Ben Ali
Palais Présidentiel
Tunis
TUNESIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: 00216-71 74 47 21
Standardbrief Luftpost bis 20 g: 1,70 Euro

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Tunesischen Republik
Lindenallee 16, 14050 Berlin
Fax: 030-3082 0683


SIMBABWE

WOZA-Mitglieder

Während einer friedlichen Demonstration am Valentinstag 2003 wurden mehrere Mitglieder der Menschenrechtsorganisation Women of Zimbabwe Arise (WOZA) festgenommen. Einige wurden über Nacht in Haft gehalten. Seit diesem Vorfall sind Mitglieder der Organisation wiederholt von der Polizei festgenommen, eingeschüchtert, schikaniert und misshandelt worden. Bei friedlichen Protesten und Demonstrationen kommt es bis heute immer wieder zu Festnahmen. Selbst schwangere Frauen und von ihren Kindern begleitete Mütter bleiben davon nicht verschont.

Am 28. Mai 2008 wurden in Harare bei einer Demonstration, die sich gegen staatlich geschürte Gewalt im Vorfeld der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen richtete, 14 WOZA-Mitglieder festgenommen. Zwölf der Festgenommenen kamen am 11. Juni gegen Kaution wieder frei, die WOZA-Sprecherinnen Jenni Williams und Magodonga Mahlangu verbrachten hingegen 37 Tage in Haft.

Bislang wurden mehr als 3.000 WOZA-Mitglieder festgenommen und zeitweise in Haft gehalten. Ihr Einsatz für die Menschenrechte ist durch die ständige Gefahr der Inhaftierung bedroht. Um auf die Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, mit denen Frauen und ihre Familien bei der Wahrnehmung ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte konfrontiert sind, organisiert WOZA in den Monaten Februar und März regelmäßig Demonstrationen. Damit die Organisation ihre friedlichen Aktionen fortführen kann, benötigt sie Ihre Unterstützung.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den Polizeipräsidenten von Simbabwe und geben Sie Ihrer Sorge über willkürliche Festnahmen, Einschüchterungsversuche und Misshandlungen von WOZA-Mitgliedern Ausdruck. Richten Sie die Erwartung an den Polizeipräsidenten, dass die in der Verfassung des Landes wie auch international verbrieften Rechte der WOZA-Mitglieder auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit respektiert werden.

Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch an:
Augustine Chihuri
Commissioner General of Police
Zimbabwe Republic Police
Police Headquarters
PO BOX 8807
Causeway
Harare
SIMBABWE
(korrekte Anrede: Dear Commissioner General)
Fax: 00258-263-425 32 12
Standardbrief Luftpost bis 20 g: 1,70 Euro

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Republik Simbabwe
Herrn Robert Mabulala, Botschaftsrat
Kommandantenstr. 80
10117 Berlin
Fax: 030-2045 50 62


MOLDAU

Oxana Radu

Nach Protesten gegen den Ausgang der Parlamentswahlen vom April 2009 wurden Berichten zufolge mehrere hundert Menschen, unter ihnen Minderjährige, von der Polizei festgenommen. Oxana Radu zählte zu einer Gruppe von 36 jungen Leuten aus dem Süden Moldaus, die mit zwei Kleinbussen in die Hauptstadt Chisinau gereist waren, um an den Demonstrationen teilzunehmen. Als sie am 7. April kurz vor Mitternacht die Rückfahrt antreten wollten, wurden sie von der Polizei angehalten, zur Wache nach Chisinau gebracht und dort misshandelt.

Oxana Radu gab gegenüber Amnesty International an: "Sie führten mich in einen Raum, in dem sich ein Polizist und eine Polizistin befanden. Ich musste mich nackt ausziehen und versuchte, meine Blöße mit den Armen zu verdecken. Ich war ziemlich außer Fassung, doch sie lachten über mich und sagten: 'Dir ist kalt, wir werden Dich aufwärmen.' Sie zwangen mich, Kniebeugen zu machen." Anschließend wurde Oxana Radu in eine Zelle gebracht, in der sich ihre Schwester und vier weitere Frauen befanden. Berichten zufolge blieben die Gefangenen zwei Tage lang ohne Nahrung und Wasser, durften keinen Kontakt zu ihren Familien aufnehmen und auch keinen Rechtsbeistand einschalten.

Oxana Radu wurde beschuldigt, einen Polizisten angebrüllt zu haben. Noch auf der Wache wurde sie einem Richter vorgeführt, der sie zu fünf Tagen Verwaltungshaft verurteilte. Zur Ableistung der Strafe wurde Oxana Radu zusammen mit zwei anderen Frauen in den Norden des Landes gebracht. Am 14. April gegen 14 Uhr kam sie wieder frei. Oxana Radu erstattete Anzeige wegen ihrer Behandlung, die Staatsanwaltschaft lehnte jedoch die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen ab.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den Generalstaatsanwalt und fordern Sie, dass der von Oxana Radu erhobene Vorwurf der Misshandlung im Gewahrsam der Polizei unverzüglich untersucht und die Verantwortlichen vor Gericht gebracht werden.

Schreiben Sie in gutem Moldauisch, Englisch oder auf Deutsch an:
Valeriu Zubco
General Prosecutor
Str. Mitropolit Beneleski-Bodoni, 26
Chisinau MD-2005
MOLDAU
(korrekte Anrede: Dear Prosecutor General)
Standardbrief Luftpost bis 20 g: 0,70 Euro

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Republik Moldau
Herrn Aureliu Ciocoi, Botschaftsrat
Gotlandstr. 16, 10439 Berlin
Fax: 030-44 65 29 72
E-Mail: office@botschaft-moldau.de
oder aciocoi@botschaft-moldau.de


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Quelle:
amnesty journal, Februar/März 2010, S. 76-77
Herausgeber: amnesty international
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn
Telefon: 0228/98 37 30, E-Mail: info@amnesty.de
Redaktionsanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
Postfach 58 01 61, 10411 Berlin, E-Mail: ai-journal@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Februar 2010