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AKTION/594: Urgent Action - Libyen - Journalisten in Haft und Foltergefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-082/2011, AI-Index: MDE 19/008/2011, Datum: 22. März 2011 - ar

LIBYEN
Journalisten in Haft und Foltergefahr


AHMED VAL WALD-EDDIN, 34-jähriger mauretanischer Staatsbürger
LUTFI AL-MASSOUDI, 34-jähriger tunesischer Staatsbürger
AMMAR AL-HAMDAN, 34-jähriger norwegischer Staatsbürger
AMMAR AL-TALLOU, britischer Staatsbürger

Vier Journalisten des arabischen Fernsehsenders Al Jazeera wurden vor zwei Wochen bei dem Versuch, das Land zu verlassen, im Westen von Libyen festgenommen. Seitdem befinden sie sich ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft und sind in akuter Gefahr, gefoltert oder in anderer Weise misshandelt zu werden. Viele weitere Journalist_innen, die über die Unruhen berichteten, wurden ebenfalls ins Visier genommen.

Berichten zufolge wurden die vier Journalisten in der Nähe von Zantan, nahe der tunesischen Grenze, von den libyschen Behörden festgenommen. Es handelt sich um zwei Korrespondenten - den Mauretanier Ahmed Val Wald-Eddin und den Tunesier Lutfi Al-Massoudi - und zwei Kameramänner - den Norweger Ammar Al-Hamdan und den Briten Ammar Al-Tallou. Ein CNN-Berichterstatter, der am 19. März kurzzeitig festgenommen und wieder freigelassen worden war, will Lutfi Al-Massoudi in einer Hafteinrichtung in Tripolis gesehen haben. Bisher wurden jedoch die Familien der vier Männer und auch Al Jazeera nicht von den Behörden in Tripolis über den Aufenthaltsort der Journalisten informiert und konnten auch noch keinen Kontakt zu ihnen aufnehmen. Mitte Februar begann im Osten Libyens eine Welle von Festnahmen und Fällen des Verschwindenlassens, von denen sowohl libysche als auch ausländische Staatsangehörige betroffen sind. Zunächst wurden libysche Schriftsteller_innen und Verfechter_innen der Demokratie festgenommen, die sich für friedliche Demonstrationen gegen die Regierung eingesetzt hatten. Unter den Vermissten befinden sich sechs libysche Journalist_innen, die sich - unter anderem in den internationalen Medien - kritisch zur Situation in Libyen geäußert hatten. Atef al-Atrash, Mohamed al-Sahim, Mohamed al-Amin, Idris al-Mismar, Salma al-Shaab und Suad al-Turabouls sollen dem Vernehmen nach von Muammar Gaddafis Sicherheitskräften festgenommen worden sein. Amnesty International ist in Sorge um die Inhaftierten und befürchtet, dass sie im Gewahrsam der libyschen Sicherheitskräfte in akuter Gefahr sind, gefoltert oder in anderer Weise misshandelt zu werden. Unter den Festgenommenen befinden sich Berichten zufolge auch 14-jährige Kinder.

Die Sorge um inhaftierte Journalist_innen ist umso größer, da andere Journalist_innen, die von Muammar Gaddafis Sicherheitskräften festgenommen und kürzlich wieder freigelassen worden waren, über schwere Menschenrechtsverletzungen berichteten. Drei Reporter der britischen BBC, die am 7. März nahe Az-Zawiya festgenommen und am 9. März wieder freigelassen wurden, gaben an, dass sie geschlagen und einer Scheinhinrichtung ausgesetzt worden seien. Vier Journalisten der New York Times, die am 21. März freigelassen wurden, wurden ebenfalls schwer misshandelt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Seit Beginn der Proteste Mitte Februar und den darauf folgenden Unruhen wird immer wieder berichtet, dass libysche Behörden und Muammar Gaddafis Sicherheitskräfte Journalist_innen internationaler und nationaler Medien ins Visier nehmen.

Die Libysche Behörde für externe Kommunikation (Libyan Authority for External Communications), die für die Beziehungen zu den internationalen Medien zuständig ist, erklärte in einer Stellungnahme vom 23. Februar, dass die libyschen Behörden nicht für die Sicherheit ausländischer Journalist_innen verantwortlich seien, die ins Land einreisten, ohne sich an die erforderliche Vorgehensweise zu halten. Demnach müssten sie eine Genehmigung der Regierung einholen und eine Beaufsichtigung durch die Behörden akzeptieren. Weiter hieß es, dass Journalist_innen, die "illegal" nach Libyen eingereist seien, von den Behörden in Tripolis als "vogelfrei" angesehen würden.

Am 12. März wurde Hassan Al Jaber, ein Kameramann von Al Jazeera, in einem Hinterhalt nahe Bengasi im Osten des Landes getötet. Er war mit Kolleg_innen in einem Auto unterwegs, als Unbekannte das Feuer auf den Wagen eröffneten und ihn dabei erschossen. Ein weiterer Journalist, Mohammed al-Nabbous, der Gründer des libyschen Fernsehsenders Libya Al-Hurra TV, soll am 19. März bei dem Versuch erschossen worden sein, über eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Pro- und Anti-Gaddafi-Streitkräften in Bengasi zu berichten. Weitere Personengruppen, die festgenommen wurden oder dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen sind, sind Schriftsteller_innen und Verfechter_innen der Demokratie, die sich kritisch über die Unterdrückung unter der Herrschaft von Muammar Gaddafi geäußert haben. Diese wurden von den Behörden in Tripolis offenbar verdächtigt, sich für die Demonstrationen gegen Muammar Gaddafi eingesetzt zu haben. Amnesty International hat zudem Festnahmen von friedlichen Protestierenden, Unbeteiligten und Kämpfer_innen dokumentiert.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie auf, Ahmed Val Wald-Eddin, Lutfi Al-Massoudi, Ammar Al-Hamdan und Ammar Al-Tallou umgehend und bedingungslos freizulassen.

- Sorgen Sie bitte dafür, dass alle inhaftierten Journalist_innen freigelassen werden, und dass alle Reporter_innen im Land ihrer Arbeit frei und ohne Furcht vor Drangsalierung, Einschüchterung oder Inhaftierung nachgehen können.

- Ich fordere Sie auf, alle Personen, die allein aufgrund ihrer Meinungsäußerungen oder friedlichen Aktivitäten in Verbindung mit den Protesten festgehalten werden, sofort und bedingungslos freizulassen.

- Leiten Sie bitte eine umfassende und unabhängige Untersuchung aller Folter- und Misshandlungsvorwürfe ein und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.


APPELLE AN

REVOLUTIONSFÜHRER
Colonel Mu'ammar Al-Gaddafi
Office of the Leader of the Revolution
Tripoli
LIBYEN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: - info@algathafi.org

VORSITZENDER DER "GADDAFI-STIFTUNG FÜR ENTWICKLUNG"
Executive Director
El Fatah Tower, 5th Floor B No.57
PO Box 1101
Tripoli
LIBYEN
(korrekte Anrede: Dear Sir)


KOPIEN AN

AUßENMINISTER
Mussa Kussa
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 218) 21 340 2921
E-Mail: über die Homepage
http://www.foreign.gov.ly/online/contactus.php
Erste Textbox: Name; Zweite Textbox: E-Mail-Adresse; Dritte Textbox:
Klicken Sie auf die erste Zeile (Englisch: Minister of Foreign Affairs); Letzte Textbox: Nachricht

VOLKSBÜRO DER SOZIALISTISCHEN LIBYSCH-ARABISCHEN VOLKS-DSCHAMAHIRIJA
S.E. Herrn Jamal Ali Omar El-Baraq
Podbielskiallee 42, 14195 Berlin
Fax: 030-2005 9699
E-Mail: info@libysche-botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 3. Mai 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Calling for the immediate and unconditional release of Ahmed Val Wald-Edin, Lufi Al-Massoudi, Ammar Al-Hamdan and Ammar Al-Tallou.

- Calling on the authorities to ensure the release of all detained journalists and to ensure that all journalists are allowed to conduct their work freely and without fear of harassment, intimidation or detention.

- Calling on the authorities to immediately and unconditionally release all those detained on account of their opinions or peaceful activities in support of the protests.

- Urging the authorities to ensure that all allegations of torture and other ill-treatment are fully and independently investigated and those responsible for such abuses are brought to justice.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-082/2011, AI-Index: MDE 19/008/2011, Datum: 22. März 2011 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2011