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AKTION/625: Urgent Action - Irak - Folter an Protestierenden


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-108/2011, AI-Index: MDE 14/018/2011, Datum: 8. April 2011 - pn

IRAK
Folter an Protestierenden


Herr ALA NABIL
und ZWEI WEITERE INHAFTIERTE

Der politische Aktivist 'Ala Nabil wurde am 8. April nach einer Demonstration in Bagdad festgenommen. Sein Aufenthaltsort ist unbekannt. Amnesty International fürchtet, dass er und weitere Protestierende sich in großer Gefahr befinden, gefoltert zu werden. Es ist bekannt, dass andere Protestierende in der letzten Zeit in Haft gefoltert wurden.

'Ala Nabil, ein politischer Aktivist Ende zwanzig, war einer von mindestens fünf jungen Männern, die Berichten zufolge gegen 13 Uhr nahe des Tahrir-Platzes in Bagdad, von Sicherheitskräften in Zivil festgenommen wurden. Sie hatten kurz zuvor eine Demonstration auf dem Tahrir-Platz verlassen, bei der gegen Arbeitslosigkeit, Korruption der Behörden und unzureichende Sozialleistungen protestiert wurde. Mindestens zwei der fünf jungen Männer wurden ca. zwei Stunden nach ihrer Festnahme wieder freigelassen. Neben 'Ala Nabil könnten jedoch zwei weitere Demonstranten, deren Namen Amnesty International nicht bekannt sind, in Haft gehalten werden. Einer der beiden freigelassenen Männer äußerte Amnesty International gegenüber, dass er die Festnahme von 'Ala Nabil beobachtete kurz, bevor er selbst festgenommen wurde. Man verband ihm daraufhin die Augen und brachte ihn an einen unbekannten Ort. Dort wurde er nach eigenen Angaben geschlagen und getreten sowie mit einem Elektroschockstab gefoltert, der normalerweise für Vieh verwendet wird. Ihm ist nicht bekannt was mit 'Ala Nabil geschah.

Freunde von 'Ala Nabil können ihn seit seiner Festnahme nicht mehr telefonisch über sein Mobiltelefon erreichen; sein Aufenthaltsort bleibt weiterhin ungewiss. Amnesty International befürchtet, dass für 'Ala Nabil eine große Gefahr besteht, gefoltert zu werden. Irakische Streitkräfte hatten ihn bereits zuvor im Zusammenhang mit einer Demonstration am 21. März in Bagdad festgenommen. Er wurde mehrere Stunden lang festgehalten und Berichten zufolge während seiner Haft gefoltert, unter anderem auch durch Schläge mit einem Kabel. Andere Protestierende, die in den vergangenen Wochen inhaftiert waren, wurden eigenen Angaben zufolge schwer gefoltert. Abdel-Jabbar Shaloub Hammadi beispielsweise schilderte Amnesty International, wie er nach seiner Festnahme am 24. Februar insgesamt zwölf Tage in Gewahrsam verbrachte und sowohl geschlagen als auch gefoltert wurde. Unter anderem beschrieb er, dass man ihn gefesselt und dann an der Decke aufgehängt hatte. Zudem übergoss man ihn mit eiskaltem Wasser. Der Journalist und Schriftsteller Hadi al-Mehdi, ein weiterer Teilnehmer der Proteste, berichtete von Schlägen, Elektroschock-Folter an den Füßen und Vergewaltigungsdrohungen während seiner Inhaftierung vom 25. bis zum 26. Februar.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Abdel-Jabbar Shaloub Hammadi übernahm bei der Organisation des sog. "Tag des Zorns" am 25. Februar in Bagdad eine wichtige Rolle. Wie Amnesty International von ihm erfahren hat, wurde er am 24. Februar in den Straßen von Bagdad von 30 bewaffneten Angehörigen der Polizeikräfte angehalten. Abdel-Jabbar Shaloub Hammadi wurde geschlagen und mit verbundenen Augen in einem Fahrzeug zu einem Polizeigebäude im Stadtbezirk al-Baladiyat in Bagdad gebracht. Seinen Angaben zufolge wurde er unter anderem an der Decke aufgehängt - entweder an den Handgelenken oder an seinen aneinander gefesselten Armen und Beinen - und mit eiskaltem Wasser übergossen. Nach fünf Tagen überstellet man ihn schließlich in das Geheimdienstministerium im Stadtbezirk Sahat al-Nussur und entließ ihn am 8. März morgens aus der Haft.

Hadi al-Mehdi arbeitet als Journalist und Schriftsteller. Am 25. Februar nahm er an den Protesten anlässlich des "Tags des Zorns" teil, die auf dem Tahrir-Platz in Bagdad stattfanden. Gegenüber Amnesty International berichtete er, dass nach dem Ende der Demonstration während eines Mittagessens mit drei Freunden plötzlich mindestens 15 SoldatInnen in das Restaurant stürmten. Hadi al-Mehdi und seine Freunde wurden von den SoldatInnen mit Gewehren geschlagen und gewaltsam in Fahrzeuge gestoßen. Hadi al-Mehdi wurde in eine Hafteinrichtung gebracht, die später als das ehemalige Verteidigungsministerium identifiziert wurde und dort einem Verhör unterzogen. Während des Verhörs wurde Hadi al-Mehdi wiederholt geschlagen. Zwei Mal wurde er mit Elektroschocks an den Füßen gefoltert und er wurde mit Vergewaltigung bedroht. In den Morgenstunden des 26. Februar wurde er schließlich ohne Anklage freigelassen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE UND BRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich bitte Sie eindringlich, den Aufenthaltsort von 'Ala Nabil und sämtlicher mit ihm zusammen inhaftierten Personen bekannt zu geben.

- Ich fordere Sie auf 'Ala Nabil und alle mit ihm zusammen festgenommenen Personen unverzüglich und bedingungslos freizulassen, sofern kein begründeter Verdacht besteht, dass sie eine international als Straftat anerkannte Handlung begangen haben.

- Ich appelliere außerdem an Sie, die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit im Irak zu schützen.

- Leiten Sie zudem eine unabhängige Untersuchung aller Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen an inhaftierten Protestierenden ein. Veröffentlichen Sie die Ergebnisse, stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht und stellen Sie sicher, dass die Betroffenen umfassende Entschädigungen erhalten.


APPELLE AN

MINISTERPRÄSIDENT UND AMTIERENDER MINISTER FÜR SICHERHEIT UND VERTEIDIGUNG
His Excellency Nuri Kamil al-Maliki
Prime Minister
Convention Centre (Qasr al-Ma'aridh)
Baghdad, Irak
(korrekte Anrede: His Excellency)


KOPIEN AN

JUSTIZMINISTER
His Excellency Hassan al-Shemri
MINISTER FÜR MENSCHENRECHTE
His Excellency Mohammad Shayaa al-Sudan
HINWEIS: BITTE SCHICKEN SIE IHRE APPELLE AN DIE IRAKISCHEBOTSCHAFT
UND NENNEN SIE ALS ADRESSATEN DIE OBEN GENANNTEN PERSONEN

Botschaft der Republik Irak
S. E. Herrn Hussain Mahmood Fadhlalla Alkhateeb
Pacelliallee 19 - 21, 14195 Berlin
Fax: 030-8148 8222
E-Mail: info@iraqiembassy-berlin.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 20. April 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Calling on the authorities to reveal the whereabouts of 'Ala Nabil and any other protesters detained with him;

- Calling for the immediate release of 'Ala Nabil and other protesters, unless they are to be promptly charged with a recognizable criminal offence and brought to trial in full conformity with international fair trial standards;

- Calling on the government to respect the rights to peaceful assembly and freedom of expression in Iraq;

- Urging the government to order an independent investigation into these and other allegations of torture and other ill-treatment of detained protesters, make the results public, prosecute those found responsible for torture and other abuses, and ensure that victims of torture and other abuses receive full reparation.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-108/2011, AI-Index: MDE 14/018/2011, Datum: 8. April 2011 - pn
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. April 2011