Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/689: Urgent Action - Kolumbien - Neue Morddrohungen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-150/2011-1, AI-Index: AMR 23/021/2011, Datum: 17.6.2011 - pn

Kolumbien
Neue Morddrohungen

Weitere Informationen zu UA-150/2011 (AMR 23/017/2011, 23. Mai 2011)


FRANKLIN TORRES, Mitglied der Menschenrechtsorganisation MOVICE
INGRID VERGARA, Mitglied von MOVICE
PEDRO GENEY, Mitglied von MOVICE
CANDELARIA BARRIOS ACOSTA, Mitglied von MOVICE

Franklin Torres, Candelaria Barrios und Pedro Geney sind Mitglieder der Nationalen Bewegung für Opfer von staatlichen Verbrechen (Movimiento Nacional de Víctimas de Crímenes de Estado, MOVICE) im Departamento Sucre im Norden von Kolumbien. Am 14. Juni erhielten sie per E-Mail Morddrohungen.

Die betreffende E-Mail ging auch MOVICE-MitarbeiterInnen in Bogotá zu, die für die Sicherheit und den Schutz der Mitglieder von MOVICE verantwortlich sind. Darin stand: "Wir haben euch gewarnt...Heute müsst ihr die Konsequenzen tragen...unsere Kampagne 'Seid Patrioten, tötet einen Guerilla-Kämpfer' geht weiter...Wir wollten kein weiteres Blut vergießen, aber ihr zwingt uns dazu... Candelaria Barrios Acosta, Pedro Geney Arrieta, Franklin Torres sind Guerilla-Kämpfer, die sich als Menschenrechtsverteidiger tarnen. Es liegt ein Befehl vor, euch zu töten." (Se los advertimos.. hoy se tendran[sic] que acoger a las consecuencias. nuestra campaña haga patria mate a un guerrillero continua no queriamos[sic] mas sangre pero nos obligan. Candelaria Barrios Acosta Pedro Geney Arrieta Franklin Torres guerrilleros, disfrazados de defensores de derechos humanos esta dada la orden de darles la baja).

Diese Nachricht folgte auf eine vorherige E-Mail vom 10. Juni an Ingrid Vergara, Pedro Geney Arrieta und Franklin Torres, in der man sie zu töten drohte, wenn sie nicht bis zum 14. Juni das Gebiet verlassen.

Candelaria Barrios erhielt am 20. Mai eine Morddrohung am Telefon. Sie ist die Schwester von Jesús Barrios, der am 15. November 2006 von Paramilitärs getötet wurde. Die Drohung war wie folgt formuliert: "Ich warne dich. Ich habe gehört, man will dich und deinen Neffen umbringen. Es steht eine Belohnung von 20 Millionen aus. Verschwindet!" (Le aviso escuche un plan para matar a los que hablan tu y tu sobrino hay 20 millones para hacer la vuelta vayanse [sic])


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Am 19. Mai erhielten Franklín Torres, Ingrid Vergara und Pedro Geney eine Morddrohung per E-Mail. Sie sind Mitglieder von MOVICE in Sincelejo im Departamento Sucre, wo sich die Bewegung für die Rückgabe von Land, vor allem im Gebiet Montes de María, stark macht, das von paramilitärischen Gruppierungen, zum Teil mit Unterstützung der Armee, rechtswidrig vereinnahmt wurde.

Zu dieser Arbeit gehörte auch der Einsatz für die Rückgabe der Farm "La Europa" in der Gemeinde Ovejas im Departamento Sucre. Im Zuge ihres Einsatzes für die Rückgabe von Land wurden Mitglieder von MOVICE bereits bedroht und getötet. So töteten Paramilitärs am 23. März 2011 Eder Verbel Rocha. Am 17. Mai wurde der Hund der Familie Verbel vergiftet. Ein Angehöriger von einem der mutmaßlichen Mörder von Eder Verbel Rocha sagte, dass sie vorhatten, die ganze Familie zu vergiften.

Am 18. Mai 2010 wurde Rogelio Martínez, ebenfalls Mitglied von MOVICE und Sprecher einer Kleinbauerngemeinschaft, in der Nähe der Farm "La Alemania" in der Gemeinde San Onofre getötet. Die Farm machten sich Paramilitärs mit militärischer Unterstützung rechtswidrig zu eigen, nachdem ihre Besitzer getötet oder vertrieben worden waren. Seine Ermordung scheint im Zusammenhang mit den Bemühungen zu stehen, den Einsatz gegen die Straflosigkeit und für die Rückgabe von Land zu stoppen.

MOVICE ist ein Zusammenschluss von verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und setzt sich für Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen in Kolumbiens lang anhaltendem bewaffneten Konflikt ein. Die Mitglieder von MOVICE haben bereits viele Fälle von Tötungen und Verschwindenlassen dokumentiert und aufgedeckt, die auf das Konto von Sicherheitskräften und paramilitärischen Gruppen im Departamento Sucre gingen.

Kolumbianische MenschenrechtsverteidigerInnen, die sich dafür einsetzen, dass Grundbesitz zurückgegeben wird, der während des Konflikts hauptsächlich von paramilitärischen Gruppen, zum Teil in geheimer Absprache mit dem Militär, rechtswidrig vereinnahmt wurde, sind in den vergangenen Jahren wiederholt bedroht und getötet worden. Die meisten solcher Anschläge werden paramilitärischen Gruppen zugeschrieben. Allerdings nehmen auch Guerillagruppen MenschenrechtsverteidigerInnen und andere sozial engagierte AktivistInnen ins Visier, wenn sie durch sie ihre Interessen bedroht sehen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich möchte meine Besorgnis um die Sicherheit von Franklín Torres, Ingrid Vergara, Pedro Geney, Candelaria Barrios und anderen Mitgliedern der Organisation MOVICE zum Ausdruck bringen. Bitte gewähren Sie ihnen nach vorheriger Absprache angemessene Schutzmaßnahmen.

- Leiten Sie umgehend eine vollständige und unabhängige Untersuchung aller Vorwürfe über Drohungen, einschließlich vorhergehender Morddrohungen gegen Mitglieder von MOVICE ein, veröffentlichen Sie die Ergebnisse und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

- Ich erinnere Sie an ihre Verpflichtung aus der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern von 1998 nach der sicherzustellen ist, dass MenschrechtlerInnen ihre Tätigkeit ohne Angst ausüben können.

- Ich fordere Sie höflich auf, unverzüglich gegen paramilitärische Gruppierungen vorzugehen und diese aufzulösen, gemäß der von der kolumbianischen Regierung eingegangenen Verpflichtungen sowie der Empfehlungen seitens der UN und anderer internationaler Organisationen.


APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Sr. Juan Manuel Santos
Presidente de la República
Palacio de Nariño,
Carrera 8. No. 7-26
Bogotá, KOLUMBIEN
(korrekte Anrede: Dear President Santos/
Excmo. Sr. Presidente Santos/Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 57) 1 596 0631

MINISTER FÜR INNERES UND JUSTIZ
Sr. Germán Vargas Lleras
Ministerio del Interior y de Justicia
Carrera 9a. No 14-10
Bogotá, KOLUMBIEN
(korrekte Anrede: Dear Minister Vargas/
Estimado Sr. Ministro Vargas/Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 57) 1 599 8961


KOPIEN AN

MENSCHENRECHTSORGANISATION
MOVICE
Movimiento Nacional de Víctimas de Crímenes de Estado
Calle 38 No 28 A 30
Barrio Bogotá
Sincelejo
KOLUMBIEN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
I. E. Frau Dr. Maria Dora Victoriana Mejía Marulanda
Kurfürstenstr. 84
10787 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Juli 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Expressing concern for the safety of Franklin Torres, Candelaria Barrios, Pedro Geney, Ingrid Vergara and other members of MOVICE and urging the authorities to guarantee their safety in strict accordance with their wishes.

- Calling on the authorities to order a full and impartial investigation into all threats including previous death threats against members of MOVICE, publish the results and bring those responsible to justice.

- Reminding them to fulfil their obligations regarding the situation of human rights defenders, as laid out in the 1998 UN Declaration on Human Rights Defenders.

- Urge the authorities to take immediate action to dismantle paramilitary groups, in line with stated government commitments and recommendations made by the UN and other intergovernmental organizations.


WEITERE HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die paramilitärischen Gruppierungen in Kolumbien sind angeblich im Rahmen des von der Regierung finanzierten Demobilisierungsprozesses, der im Jahr 2003 begann, aufgelöst worden. Diese Gruppen operieren aber nach wie vor und begehen weiterhin schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen an MenschenrechtsverteidigerInnen und anderen Zivilpersonen. Manchmal geschieht dies sogar in geheimer Absprache mit den Sicherheitskräften oder mit deren Einverständnis. Während des lang anhaltenden bewaffneten Konflikts in Kolumbien sind Menschenrechtsorganisationen und GemeindesprecherInnen von Sicherheitskräften und paramilitärischen Gruppen wiederholt als Kollaborateure oder Unterstützer der Guerilla bezeichnet und bedroht, entführt oder getötet worden. Auch Guerillagruppierungen haben MenschenrechtsverteidigerInnen und GewerkschafterInnen bedroht und getötet, weil sie sie verdächtigten, mit dem Feind zu kooperieren.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-150/2011-1, AI-Index: AMR 23/021/2011, Datum: 17.6.2011 - pn
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juni 2011