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AKTION/708: Urgent Action - Indonesien - Gläubige bedroht


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-212/2011, AI-Index: ASA 21/017/2011,Datum: 6. Juli 2011 - ar ANGEHÖRIGE DER INDONESISCHEN CHRISTLICHEN

Indonesien
Gläubige bedroht


KIRCHE TAMAN YASMIN (GEREJA KRISTEN INDONESIA - GKI)

Gläubige der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin (Gereja Kristen Indonesia - GKI) in der Stadt Bogor in Westjava wurden von anderen AnwohnerInnen bedroht und befürchten nun, bei ihrer wöchentlichen Sonntagsmesse am 10. Juli angegriffen, drangsaliert und eingeschüchtert zu werden. Seit 2008 sind Angehörige der Kirche mindestens sechs Mal angegriffen worden.

Den Gläubigen ging am 2. Juli eine Kopie eines Briefes zu, in dem BewohnerInnen des zu Bogor gehörenden Dorfes Curug Mekar die örtlichen Behörden und die Polizei aufgefordert hatten, allen Gottesdiensten und religiösen Aktivitäten der Kirchengemeinde Einhalt zu gebieten. Die Gläubigen fürchten nun um ihre Sicherheit. 2008 entzog die Stadtverwaltung von Bogor auf Druck von radikalen islamistischen Gruppen hin der Kirchengemeinde die Baugenehmigung und ließ die Kirche schließen. Seitdem halten die Gläubigen ihren wöchentlichen Gottesdienst auf dem Gehsteig vor der Kirche ab. Einige AnwohnerInnen behaupten, dies stelle eine Störung der öffentlichen Ordnung dar. Aus diesem Grund kam es bereits aus Teilen der lokalen Bevölkerung mehrfach zu Protesten gegen die Kirchengemeinde mit mutmaßlicher Unterstützung radikaler islamistischer Gruppen. Zwar entschied der indonesische Oberste Gerichtshof im Dezember 2010, dass die Kirche wieder geöffnet werden solle; die Behörden von Bogor kamen einer entsprechenden Aufforderung des Gerichts jedoch nicht nach. Der Brief, den die Gläubigen am 2. Juli erhielten, war auf den 28. Juni datiert und forderte das Einstellen aller religiösen Aktivitäten der Kirchengemeinde bis zum 3. Juli. Als Begründung wurde angeführt, dass die derzeitige Lage "Reaktionen bei AnwohnerInnen und anderen Personen hervorruft, die potenziell zu einer Konfliktsituation führen könnten". Als die Gläubigen dieser Aufforderung nicht nachkamen, protestierten zahlreiche AnwohnerInnen vor der Kirche. Die örtliche Polizei stellte etwa 200 BeamtInnen ab, um mögliche Gewaltausbrüche zu verhindern. Bei der Protestveranstaltung sprach ein führendes Gemeindemitglied von "Anarchie", wenn die Kirchengemeinde weiterhin Gottesdienste auf dem Gehsteig abhalten sollte. Die BewohnerInnen des Stadtteils haben den Gläubigen nun eine neue Frist bis zum 10. Juli gesetzt, um ihre Aktivitäten einzustellen. Die Gläubigen fürchten nun, bei zukünftigen Sonntagsmessen Einschüchterungen und Angriffen ausgesetzt zu sein.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die indonesische christliche Kirche Taman Yasmin (Gereja Kristen Indonesia - GKI) in Bogor in Westjava wurde 2008 durch die Stadtverwaltung von Bogor geschlossen, nachdem der Kirchengemeinde die Baugenehmigung entzogen worden war. Die Behörden gaben an, dass Angehörige der Glaubensgemeinschaft bei Erhalt der Genehmigung Unterschriften gefälscht hätten. Im Dezember 2010 hob der indonesische Oberste Gerichtshof diese Entscheidung jedoch auf und ordnete an, dass die Kirche wieder geöffnet werden solle. Die Behörden von Bogor weigerten sich allerdings, diesem Gerichtsentscheid nachzukommen. Als Begründung führten sie mögliche soziale Unruhen an. Stattdessen boten sie den Gläubigen für ihre wöchentlichen Gottesdienste alternative Räumlichkeiten an einem anderen Ort an, was die Gläubigen wiederum ablehnten.

Die Kirchengemeinde war in der Vergangenheit bereits Einschüchterungen und Angriffen von Teilen der örtlichen Bevölkerung ausgesetzt, die von radikalen islamistischen Gruppen unterstützt worden sein sollen. Im März und April 2009 wurden in der Nähe der Kirche sieben Anhänger der Glaubensgemeinschaft verprügelt. Es wurde Anzeige bei der Polizei erstattet und das Gerichtsverfahren dauert noch an. Im Dezember 2010 wurden wegen einer Reihe von Protesten gegen die Kirche rund eintausend PolizeibeamtInnen vor Ort eingesetzt. Die Gläubigen wurden durch eine Polizeibarrikade am Betreten der Kirche gehindert und mussten ihre religiösen Aktivitäten auf dem Gehsteig abhalten. Während der Protestveranstaltung wurden die Gläubigen von einigen Protestierenden verbal angegriffen und eingeschüchtert. Das Recht auf Religionsfreiheit wird in Indonesien verfassungsrechtlich und durch den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dessen Vertragsstaat Indonesien ist, garantiert. Dennoch gehen Amnesty International nach wie vor Berichte darüber zu, dass religiöse Minderheiten, darunter auch Christen, in Indonesien angegriffen und eingeschüchtert werden. 2010 wurden mindestens 30 Kirchen angegriffen oder zur Schließung gezwungen. Zum Teil wurden Kirchen durch gewalttätige Gruppen niedergebrannt oder in anderer Weise beschädigt. Kirchenmitglieder wurden ebenfalls zur Zielscheibe von Angriffen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Leiten Sie bitte angemessene Maßnahmen zum Schutz der Gläubigen der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin ein, und zwar in Übereinstimmung mit ihren Rechten auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.

- Ich möchte Sie bitten, umgehend eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Berichte über Einschüchterung, Drangsalierung und Angriffe gegen Mitglieder der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin einzuleiten und die Verantwortlichen in Übereinstimmung mit internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren vor Gericht zu stellen.

- Kommen Sie dem Entscheid des Obersten Gerichtshofs bitte unverzüglich nach und öffnen Sie die indonesische christlichen Kirche Taman Yasmin wieder. Sorgen Sie bitte außerdem dafür, dass alle religiösen Minderheiten in Indonesien Schutz genießen und ihren Glauben ohne Angst vor Einschüchterungen und Angriffen ausüben können.


APPELLE AN

BÜRGERMEISTER VON BOGOR
Diani Budiarto
Balaikota Bogor, Jl. Ir. H. Juanda No 10 Bogor
West Java
INDONESIEN
(korrekte Anrede: Dear Diani Budiarto / Sehr geehrter Herr Budiarto)
E-Mail: kominfo@kotabogor.go.id oder
inspektorat@kotabogor.go.id

POLIZEIPRÄSIDENT VON WEST JAVA
Inspector General Putut Eko Bayuseno
Jl. Soekarno Hatta No. 748
Gedebage Bandung
West Java
INDONESIEN
(korrekte Anrede: Dear Inspector General/ Sehr geehrter Herr Polizeipräsident)
Fax: (00 62) 22 780 0029


KOPIEN AN

VORSITZENDER DER NATIONALEN
MENSCHENRECHTSKOMMISSION
KOMNAS HAM
Ifdhal Kasim
Jl. Latuharhary
No. 4 B, Menteng
Jakarta Pusat 10310, INDONESIEN
(korrekte Anrede: Dear Ifdhal Kasim / Sehr geehrter Herr Kasim)
Fax: (00 62) 21 39 25 227

BOTSCHAFT DER REPUBLIK INDONESIEN
S.E. Herrn Eddy Pratomo
Lehrter Straße 16-17, 10557 Berlin
Fax: 030-4473 7142
E-Mail: nur über die Website:
http://botschaft-indonesien.de/de/botschaft/organisation.htm
Kontaktformular:
http://www.botschaft-indonesien.de/de/kontak/kontakt.php


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Indonesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. August 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Take adequate measures to guarantee the safety of the Taman Yasmin Indonesian Christian Church congregation, in accordance with their right to freedom of thought, conscience and religion.

- Conduct prompt, independent and impartial investigations into all reports of intimidation, harassment and attacks against members of the Taman Yasmin Indonesian Christian Church and bring the perpetrators to justice in accordance with international fair trial standards.

- Immediately comply with the Indonesian Supreme Court ruling and re-open the Taman Yasmin Indonesian Christian Church and take steps to ensure that all religious minorities are protected and allowed to practise their faith free from fear, intimidation and attack.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-212/2011, AI-Index: ASA 21/017/2011,Datum: 6. Juli 2011 - ar ANGEHÖRIGE DER INDONESISCHEN CHRISTLICHEN
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2011