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AKTION/760: Urgent Action - Kuba - Frauen wird Recht auf Protest verweigert


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-256/2011-1, AI-Index: AMR 25/004/2011, Datum: 1. September 2011 - ns

Kuba
Frauen wird Recht auf Protest verweigert


FRAUEN der Organisationen Damas de Blanco und Damas de Apoyo

Am 28. August 2011 wurden Familienmitglieder und UnterstützerInnen gewaltloser politischer Gefangener auf Kuba daran gehindert, friedliche Protestmärsche abzuhalten. Seit Mitte Juli werden sie aufgrund ihrer friedlichen Demonstrationen von StaatsbeamtInnen schikaniert und eingeschüchtert.

Die Damas de Blanco (Damen in Weiß), eine Gruppe von Familienangehörigen ehemaliger gewaltloser politischer Gefangener und derzeit noch in Haft befindlicher politischer Gefangener, und die Damas de Apoyo sind seit Mitte Juli Opfer von willkürlichen Festnahmen und tätlichen Angriffen durch Sicherheitskräfte und RegierungsanhängerInnen im südöstlichen Santiago de Cuba und den umliegenden Städten geworden.

Am 28. August fand in der Wohnung von Aimée Garcés Layva ein Treffen von dreizehn Damas-Frauen statt, die an einem Gottesdienst in der Kathedrale von Santiago de Cuba teilnehmen und anschließend einen friedlichen Protestmarsch um die Kathedrale herum abhalten wollten. Laut den Aussagen anderer Frauen war das Haus jedoch am frühen Morgen von Polizeiwagen und PolizeibeamtInnen umstellt. AugenzeugInnen berichten, dass die Damas-Frauen durch die Polizei tätlich angegriffen und gezwungen worden seien, in Busse einzusteigen. Wie bereits an vorhergehenden Sonntagen, wurden sie in ihre Wohnorte in der Nähe von Santiago de Cuba gebracht und dort freigelassen. Die Frauen gaben außerdem an, dass die Polizei ihre Computer, Handys, Kameras, Speicherkarten, Notizen sowie weitere externe Festplatten aus der Wohnung von Aimée Garcés Layva beschlagnahmte. Zwei weitere Damas-Frauen, die am 27. August von Holguín nach Santiago de Cuba fuhren, prangerten ihre gewaltsame Festnahme in der Provinz Bayamo an. Sie wurden nach Holguín zurückgebracht, wo sie eine Nacht im Gefängnis verbringen mussten.

Für den 4. September planen die Damas-Frauen nun einen Schweigemarsch und an jedem nachfolgenden Sonntag wollen sie zur Freilassung der Festgenommenen aufrufen, die ihrer Meinung nach nur aufgrund von regimekritischen Aktivitäten festgenommen wurden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Im Jahr 2003 haben die kubanischen Behörden an mehreren Tagen insgesamt 75 Männer und Frauen festgenommen, die in friedlicher Weise Kritik an der Regierung geübt hatten. Die Inhaftierten wurden seinerzeit im Schnellverfahren vor Gericht gestellt und zu Freiheitsstrafen von bis zu 28 Jahren verurteilt. Nach Einschätzung von Amnesty International handelte es sich bei ihnen um gewaltlose politische Gefangene. Die letzten von ihnen haben ihre Freiheit im April 2011 zurückerhalten.

Die Damen in Weiß organisieren friedliche Protestmärsche, auf denen sie Blumen verteilen und zur Freilassung von inhaftierten Familienmitgliedern und Freunden aufrufen. Das Europäische Parlament verlieh der Organisation im Jahr 2005 den Sacharow-Preis für geistige Freiheit.

Die Organisation Damas de Apoyo entstand als eine Solidaritätsgruppe zur Unterstützung von und Teilnahme an Aktivitäten der Damen in Weiß. In den östlichen Provinzen Santiago de Cuba, Hulguín, Las Tunas, Granman und Guantánamo sind inzwischen 35 Gruppen der Damen in Weiß und der Damas de Apoyo aktiv.

Frauen beider Organisationen sind im Zusammenhang mit ihren friedlichen Aktivitäten wiederholt schikaniert und eingeschüchtert worden. Am 18. August 2011 wollten 49 Frauen der Damen in Weiß und der Damas de Apoyo im Zentrum von Havanna eine Kundgebung veranstalten, um damit ihren Kolleginnen in Santiago de Cuba und anderen im Osten des Landes gelegenen Provinzen ihre Solidarität zu bekunden. AnhängerInnen der Regierung zwangen die Frauen jedoch unter Anwendung von Gewalt in ihre Wohnungen zurück. Am 14. August reisten 22 der Damen in Weiß nach Santiago de Cuba, um in der dortigen Kathedrale einen Gottesdienst zu besuchen. Allerdings gelangten nur drei von ihnen in das Gotteshaus hinein. Fünf Frauen wurden vor Beginn der Messe festgenommen und stundenlang auf den verschiedenen Polizeistationen der Stadt in Haft gehalten. Die übrigen 14 Frauen der Gruppe wurden an einem Polizeiposten elf Kilometer außerhalb der Stadt angehalten und von Polizistinnen aus dem Bus herausgeholt, in dem sie unterwegs waren. Neun der Frauen wurden unter Fußtritten und Schlägen in Polizeiwagen gezerrt und zu ihren Wohnungen zurückgefahren, darunter Belkis Cantillo Ramírez, Ehefrau des ehemaligen gewaltlosen politischen Gefangenen José Daniel Ferrer García.

Am 21. August fand in der Stadt Palma Soriana in der Wohnung von Aimée Garcès Layva ein Treffen von elf Damas-Frauen statt, während vor dem Haus rund 100 PolizistInnen und Regierungstreue stundenlang Präsenz zeigten. Als die Frauen das Haus verlassen wollten, wurden sie von PolizeibeamtInnen gestoßen, an den Haaren gezogen und schließlich gezwungen, in Busse einzusteigen. Nach wenigen Kilometern Fahrt mussten die Frauen in Polizeiwagen umsteigen und wurden schließlich in der Nähe ihrer Wohnorte in den Provinzen Santiago de Cuba und Holguín aus den Fahrzeugen herausgelassen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie auf, den Damen in Weiß und den Damas de Apoyo uneingeschränkt die Genehmigung zu erteilen, an Sonntagen friedliche Protestmärsche durchzuführen und Gottesdiensten beizuwohnen.

- Ich appelliere an Sie, Schikanen und Einschüchterungsversuche gegenüber den Damen in Weiß, den Damas de Apoyo und allen übrigen BürgerInnen des Landes einzustellen, die lediglich von ihren Rechten auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit in friedlicher Weise Gebrauch machen.

- Bitte sorgen Sie dafür, dass die Anklagen der Damen in Weiß und der Damas de Apoyo gegen die PolizeibeamtInnen sorgfältig und unabhängig untersucht werden und dass die Verantwortlichen gemäß den internationalen Vorgaben strafrechtlich verfolgt werden.


APPELLE AN

STAATS- UND REGIERUNGSCHEF
Raúl Castro Ruz
Presidente, La Habana, KUBA
(korrekte Anrede: Su Excelencia / Your Excellency/ Exzellenz)
Fax: (0053) 7 833 30 85 (über das Außenministerium) oder
(001) 212 779 16 97 (über die ständige Vertretung - Kubas bei der UN)
E-Mail: cuba@un.int (c/o ständige Vertretung von Kuba bei der UN)

INNENMINISTER
General Abelardo Coloma Ibarra
Ministro del Interior y Prisiones Ministerio del Interior, Plaza de
la Revolución, La Habana, KUBA (korrekte Anrede: Su Excelencia / Exzellenz)
Fax: (0053) 7 855 66 21
(001) 2 127 791 697 (über die ständige Vertretung - Kubas bei der UN)
E-Mail: correominint@mn.mn.co.cu


KOPIEN AN

ERSTER SEKRETÄR DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI VON SANTIAGO DE CUBA
Primer Secretario del PCC de Sabtiago de Cuba
Herr Lázaro Espósito
Avenida Garzón 51
Plaza de Martes
Santiago de Cuba
Provincia de Santiago de Cuba
KUBA

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KUBA
S.E. Herrn Raúl Becerra Egaña
Stavanger Str. 20, 10439 Berlin
Fax: 030-916 4553
E-Mail: embacuba-berlin@botschaft-kuba.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 13. Oktober 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Calling on the authorities to permit the Damas de Blanco and Damas de Apoyo to march peacefully on Sundays and attend religious services without unreasonable restrictions.

- Urging them to cease immediately the harassment and intimidation of the Ladies in White, Ladies in Support and any other citizens who seek to exercise peacefully their rights to freedom of expression and association.

- Asking them to thoroughly and independently investigate the accusations of ill-treatment by police officers on the Ladies in White and Ladies in Support and bring those responsible to justice respecting international standards.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-256/2011-1, AI-Index: AMR 25/004/2011, Datum: 1. September 2011 - ns
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2011