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AKTION/780: Urgent Action - Pakistan - Journalist in Gefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-270/2011, AI-Index: ASA 33/015/2011, Datum: 13. September 2011 - ns

Pakistan
Journalist in Gefahr


Herr REHMATULLAH DARPAKHEL

Der Journalist Rehmatullah Darpakhel wurde vor einem Monat von unbekannten bewaffneten Männern in Nord-Waziristan, einem Gebiet im Nordwesten Pakistans, entführt. Seitdem wurden keine neuen Informationen bezüglich seines Verbleibs bekannt gemacht. Amnesty International befürchtet, dass ihm Folter und der Tod drohen. Seit der Entführung von Rehmatullah Darpakhel am Nachmittag des 11. August ist über ein Monat vergangen. Er wurde von unbekannten Männern entführt, als er in seinem Heimatort Miran Shah in Nord-Waziristan Lebensmittel einkaufte. Obwohl die pakistanischen Behörden wiederholt zugesagt hatten, den Fall zu untersuchen, hat bis jetzt keine angemessene Untersuchung der Entführung des Journalisten stattgefunden. Die Sorge um den Journalisten ist nach wie vor so groß wie zum Zeitpunkt der Entführung.

Rehmatullah Darpakhel ist ein erfahrener Journalist, bekannt für seine faire und neutrale Berichterstattung und einer der wenigen, die aus dem Stammesgebiet Nord-Waziristan berichten. Nord-Waziristan ist eines der aktivsten und gefährlichsten Gebiete im andauernden Konflikt zwischen den Taliban und den internationalen Einsatzkräften. Niemand hat bislang die Verantwortung für die Entführung des Journalisten übernommen, und weder seine Familie noch Freunde wissen, wo er sich befindet. Man befürchtet, dass er entweder von pakistanischen Sicherheitskräften oder von örtlichen Taliban, die mit Entführungen und außergerichtlichen Hinrichtungen während militärischer Operationen im Nordwesten des Landes in Verbindung gebracht werden, entführt wurde.

Mitglieder der Journalistenvereinigung Tribal Union of Journalists, deren Vizepräsident Rehmatullah Darpakhel war, äußerten Ängste hinsichtlich ihrer Zukunft und fühlen sich hilflos, da sie aus Angst vor Vergeltung seitens des Militärs und der Taliban nicht gegen die Entführung ihres Kollegen protestieren können.

Amnesty International ruft die pakistanischen Behörden auf, die sofortige und gründliche Untersuchung sowohl der Umstände von Rehmatullah Darpakhels Entführung als auch der Tötung oder Misshandlung anderer JournalistInnen sicherzustellen. Den Verantwortlichen muss ein fairer Prozess gemacht werden, der den international anerkannten Menschenrechtsstandards entspricht. Zu einer Zeit, in der die pakistanische Bevölkerung zunehmend besorgt ist um die Entwicklung von Recht und Ordnung im eigenen Land, müssen die politischen Parteien und Behörden Pakistans klarstellen, dass Menschenrechtsverletzer nicht über dem Gesetz stehen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Während sich die Sicherheitslage in Pakistan zunehmend verschlechtert und der Druck auf die Regierung im Umgang mit den zunehmenden Aufständen und terroristischen Aktivitäten immer größer wird, werden JournalistInnen in Pakistan, insbesondere diejenigen, die in Konfliktgebieten arbeiten, vermehrt aufgrund ihrer Berichte über Menschenrechtsverletzungen von staatlicher und nichtstaatlicher Seite bedroht und angegriffen. JournalistInnen erhalten verschiedene Drohungen von Behörden und bewaffneten Gruppen, werden eingeschüchtert, entführt, während der Haft gefoltert oder gezielt getötet. Dies geschieht im ganzen Land, aber vor allem in den nordwestlichen Gebieten, Belutschistan und Karatschi. Allein im August kam es zu mehreren Übergriffen auf Medienschaffenende, an denen Strafverfolgungsbehörden beteiligt gewesen sein sollen.

Am 6. August durchsuchte die Polizei Berichten zufolge das Hauptgebäude der urdusprachigen Tageszeitung "Mashriq" und gab an, nach einem Kriminellen zu suchen. Nachdem die JournalistInnen protestiert hatten, suspendierte der örtliche Polizeichef die PolizistInnen, die für die Durchsuchung verantwortlich waren. Am 14. August wurde der Journalist Muneer Shakir von zwei Männern, die auf einem Motorrad unterwegs waren, in Khuzdar in Belutschistan erschossen. Dies geschah kurz nachdem er über den Protest einer separatistischen Organisation in Belutschistan berichtet hatte. Niemand übernahm die Verantwortung für den Tod des Journalisten, aber die separatistischen Organisationen in Belutschistan sollen JournalistInnen verboten haben, über ihre Aktivitäten zu berichten. Ein Leiter des Samaa TV-Büros und zwei weitere MedienarbeiterInnen wurden Berichten zufolge am 19. August in Hayatabad, einem Vorort von Peshawar, festgenommen und von der Polizei geschlagen. Sie waren zuvor im Krankenhaus von Hayatabad gewesen, wo die Opfer eines Selbstmordattentats behandelt wurden. Die JournalistInnen wurden nach einigen Stunden freigelassen, nachdem andere JournalistInnen und Journalistenvereinigungen demonstriert hatten.

Am Mittag des 22. August wurden drei MitarbeiterInnen vom pashtosprachigen Sender Khyber News TV im Zentrum von Peshawar überfallen. Berichten zufolge blockierten Männer auf zwei Motorrädern und ein Auto das Fernsehteam und schossen auf die MitarbeiterInnen. Ein Journalist wurde von Steinen getroffen und schwer verletzt. Während all dies geschah, sah die Polizei Berichten zufolge tatenlos dabei zu und weigerte sich, dem verletzten Journalisten zu helfen. Dieser Übergriff war die Reaktion auf einen Bericht des Nachrichtensenders, in dem es um die Korruption der Provinzregierung von Khyber Pakhtunkhwa ging.

Das Komitee zum Schutz von Journalisten (Committee to Protect Journalists) gab an, dass die meisten Tötungen von Journalisten straflos blieben und dass 17 der Fälle seit 2001 ungeklärt seien.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich bin sehr besorgt darüber, dass seit 11. August keine weiteren Informationen über Rehmatullah Darpakhel bekannt geworden sind.

- Bitte leiten Sie umgehend unabhängige Ermittlungen über den Verbleib von Rehmatullah Darpakhel ein und wenn dieser sich in Haft befinden sollte, informieren Sie bitte umgehend seine Familie und stellen Sie sicher, dass alle an seinem Verschwinden beteiligte Personen, auch diejenigen auf oberster Befehlsebene, unverzüglich vor Gericht gestellt werden und dass Rehmatullah Darpakel eine Entschädigung erhält.

- Stellen Sie sicher, dass der Journalist nicht gefoltert oder misshandelt wird und dass er sofortigen Zugang zu Rechtsbeiständen seiner Wahl, seiner Familie und der notwendiger medizinischen Versorgung erhält.

- Ich möchte außerdem meine Sorge über die vermehrten Übergriffe auf JournalistInnenen und MedienarbeiterInnen in Pakistan ausdrücken.


APPELLE AN

PRÄSIDENT
Mr Asif Ali Zardari
Pakistan Secretariat
Islamabad, PAKISTAN
(korrekte Anrede: Dear President/ Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 92) 51 920 4974

GOUVERNEUR VON KHYBER PAKHTUNKHWA
Mr Syed Masood Kausar
Governor House, Peshawar, Khyber
Pakhtunkhwa, PAKISTAN
(korrekte Anrede: Dear Governor / Sehr geehrter Herr Gouverneur)
Fax: (00 92) 91 921 0899


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK PAKISTAN
S.E. Herrn Shahid Ahmad Kamal
Schaperstr. 29, 10719 Berlin
Fax: 030-2124 4210
E-Mail: mail@pakemb.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Urdu, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 25. Oktober 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Expressing concern that Rehmatullah Darpakhel has not been seen or heard from since 11 August.

- Urging the authorities to conduct an immediate, prompt and impartial investigation into the whereabouts of Rehmatullah Darpakhel and if he is found in state detention to immediately inform his relatives, ensuring that anyone involved in his disappearance, including at the highest levels of command, is promptly brought to justice and Mr Darpakhel is granted reparations.

- Calling on the authorities to take all possible steps to ensure that Rehmatullah Darpakhel is not subjected to torture or ill-treatment and allowed access to lawyers of his choice and any medical treatment he may require.

- Expressing your concerns about the growing attacks on journalists and media workers in Pakistan.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Der Journalist Saleem Shahzad wurde am 29. Mai in Islamabad von Unbekannten entführt und sein Leichnam, der Spuren von Misshandlungen aufwies, wurde zwei Tage später in der Nähe seines verlassenen Autos im nordwestlichen Teil des Landes gefunden. Im Oktober letzten Jahres hatte Saleem Shahzad angegeben, dass er Morddrohungen vom militärischen Geheimdienst bezüglich seiner Untersuchungen der Infiltration der pakistanischen Armee durch Mitglieder des Netzwerks Al-Qaida erhalten hatte. Auf die Morddrohung hin gab Saleem Shahzad bekannt,dass er im Falle seines Todes den militärischen Geheimdienst beschuldige. Eine öffentliche Untersuchung wurde angesetzt, um Saleem Shahzads Entführung und seinen Tod aufzuklären. Dennoch wird daran gezweifelt, dass die pakistanischen Geheimdienste angemessen untersucht werden.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-270/2011, AI-Index: ASA 33/015/2011, Datum: 13. September 2011 - ns
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2011