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AKTION/812: Urgent Action - Saudi-Arabien - Zunahme von Hinrichtungen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-295/2011, AI-Index: MDE 23/025/2011, Datum: 28. September 2011 - ns

Saudi-Arabien
Zunahme von Hinrichtungen


Häftlinge im Todestrakt

Seit 5. September wurden acht zum Tode verurteilte Häftlinge in Saudi-Arabien hingerichtet. Dies stellt eine drastische Zunahme der Anzahl an Hinrichtungen dar. Amnesty International befürchtet, dass jederzeit noch mehr Exekutionen vollstreckt werden könnten.

Nach Ende des Fastenmonats Ramadan, hat die Anzahl an Hinrichtungen in alarmierender Weise zugenommen. Seit dem 5. September haben die Behörden die Hinrichtungen von acht Häftlingen, unter ihnen drei ausländische Staatsangehörige, bekannt gegeben.

Amnesty International verfügt über mehr als 100 Namen von Häftlingen, die meisten von ihnen ausländische Staatsangehörige, die derzeit wegen Drogenhandels angeklagt sind und in Saudi-Arabien im Todestrakt sitzen. Berichten zufolge wurden sie in Prozessen, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren nicht entsprachen, zum Tode verurteilt. Einige von ihnen erhielten dem Vernehmen nach keine Unterstützung seitens eines Rechtsbeistandes. Drogenverbrechen fallen nicht unter die Kategorie der "schwersten Verbrechen" und sind somit nicht in internationalen Standards wie den UN-Schutzmaßnahmen aufgeführt. Diese beinhalten die Garantie, dass die Rechte der TodeskandidatInnen geschützt werden und sie fordern, dass die Verbrechen, die mit der Todesstrafe geahndet werden, nicht über "vorsätzlich begangene Straftaten mit tödlichen oder anderen schweren Folgen" hinausgehen sollen.

Der Syrer Karim Ruslan al-Ruslan wurde am 14. September aufgrund mutmaßlicher Drogendelikte in al-Jawf hingerichtet. Dies ist der erste bekannte Fall in Saudi-Arabien seit dem 24. Januar 2010, in dem ein des Drogenhandels angeklagter Gefangener hingerichtet wurde. Nun wird befürchtet, dass auch anderen des Drogenverbrechens für schuldig befundenen Häftlingen die Exekution droht.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In Saudi-Arabien herrscht eine systematische Diskriminierung von schutzlosen Einzelpersonen. Viele während der letzten Jahre hingerichtete Personen waren ausländische Staatsangehörige. In den meisten Fällen handelte es sich um zugewanderte Arbeiter aus armen und Entwicklungsländern. Obwohl die Anzahl an Hinrichtungen während der letzten Jahre rückläufig war, ist sie in diesem Jahr wieder drastisch angestiegen. Allein im Mai wurden 15 Personen hingerichtet. In diesem Jahr wurden bereits mindestens 45 Personen exekutiert, mehr als während des gesamten letzten Jahres. Amnesty International ist sehr um die mehr als 100 Gefangenen besorgt, gegen die bekanntermaßen Todesurteile anhängig sind.

Im Jahr 2007 sind in Saudi-Arabien mindestens 158 Menschen hingerichtet worden, im Jahr 2008 waren es mindestens 102 Personen. 2009 wurden mindestens 69 Hinrichtungen vollstreckt. In Saudi-Arabien wird die Todesstrafe für eine Vielzahl von Vergehen verhängt. Gerichtsverfahren entsprechen bei Weitem nicht den internationalen Standards für einen fairen Prozess. Den Angeklagten wird nur selten eine rechtliche Vertretung zugestanden, und sie werden häufig nicht über den Stand des Verfahrens gegen sie informiert. Zudem sind Verurteilungen auf der Basis von durch Zwang oder Täuschung erzielten "Geständnissen" zulässig.

Amnesty International hebt in einem Bericht aus dem Jahr 2008 über die Todesstrafe in Saudi-Arabien deren häufige Anwendung und die unverhältnismäßig hohe Anzahl an Exekutionen ausländischer Staatsbürger und Staatsbürgerinnen aus sogenannten Entwicklungsländern hervor. Zusätzliche Informationen finden Sie auf Englisch unter: Saudi Arabia: Affront to Justice: Death Penalty in Saudi Arabia, 14. Oktober 2008,
http://www.amnesty.org/en/news-and-updates/report/saudi-arabia-executions-target-foreign-nationals-20081014.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

Ich bin in großer Sorge über den Anstieg der Hinrichtungen während der letzten Wochen.

Ich appelliere an Sie, ein sofortiges Hinrichtungsmoratorium zu erlassen als erster Schritt in Richtung Abschaffung der Todesstrafe und ich fordere Sie auf, alle Todesurteile umzuwandeln. Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie bis zur Abschaffung der Todesstrafe gemäß den internationalen Standards handeln müssen und die Todesstrafe nur im Falle von "schwersten Verbrechen" verhängen dürfen. Drogenverbrechen zählen nicht dazu. Außerdem möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Sie die UN-Schutzmaßnahmen zur Garantie der Rechte der Todeskandidaten umsetzen müssen. In diesen heißt es, dass die Todesstrafe nur nach einem fairen Gerichtsverfahren, in dem der Angeklagte jederzeit durch einen angemessenen Rechtsbeistand vertreten wird, verhängt werden darf.


APPELLE AN

König
His Majesty King 'Abdullah Bin 'Abdul 'Aziz Al-Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court
Riyadh, SAUDI-ARABIEN
(korrekte Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 966) 1 403 3125 (über das Innenministerium)

ZWEITER STELLVERTRETENDER PREMIERMINISTER UND INNENMINISTER
His Royal Highness Prince Naif bin 'Abdul 'Aziz Al-Saud
Ministry of the Interior
P.O. Box 2933
Airport Road
Riyadh 11134, SAUDI-ARABIEN
(korrekte Anrede: Your Royal Highness/ Königliche Hoheit)
Fax: (00 966) 1 403 3125 (bitte mehrmals versuchen)


KOPIEN AN

VORSITZENDER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Bandar Mohammed 'Abdullah Al-Aiban
Human Rights Commission
P.O. Box 58889
King Fahad Road, Building No. 373
Riyadh 11515
SAUDI-ARABIEN
E-Mail: hrc@haq-ksa.org

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN
S.E. Herrn
Prof. Dr. med Ossama Abdulmajed Ali Shoboksh
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179 oder 030-8892 5176
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. November 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE SEND APPEALS IMMEDIATELY

Expressing concern at the surge in executions in recent weeks. Urging the King to impose an immediate moratorium on executions as a first step towards the abolition of the death penalty, and to commute all existing death sentences.

Reminding the authorities that, pending full abolition, they should act in accordance with international minimum standards and limit the use of the death penalty to "most serious crimes", which do not include drugs-related offences, and should abide fully with the UN Safeguards guaranteeing protection of the rights of those facing the death penalty, which state that capital punishment may only be imposed after a fair trial in which the defendant is provided with "adequate legal assistance at all stages of the proceedings".


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-295/2011, AI-Index: MDE 23/025/2011, Datum: 28. September 2011 - ns
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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Heerstr. 178, 53111 Bonn
Telefon:+ 49 228 98373-0, Fax: +49 228 630036
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Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2011