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AKTION/823: Urgent Action - Indonesien - Gläubige erneut bedroht


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-212/2011-2, AI-Index: ASA 21/031/2011, Datum: 5. Oktober 2011 - gs

Indonesien
Gläubige erneut bedroht

Weitere Informationen zu UA-212/2011 (ASA 21/017/2011, 6. Juli 2011) und UA 212/2011-1 (ASA 21/019/2011, 11. Juli 2011)


ANGEHÖRIGE DER INDONESISCHEN CHRISTLICHEN KIRCHE TAMAN YASMIN (GEREJA KRISTEN INDONESIA - GKI)

Gläubige der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin (Gereja Kristen Indonesia - GKI) in der Stadt Bogor in Westjava sind erneut bedroht worden. Eine radikale Gruppe hat für den 9. Oktober angekündigt, den wöchentlichen Gottesdienst stören zu wollen. Die Drohung lässt um die Sicherheit der Gläubigen bangen.

Nach Angaben aus verlässlichen Quellen wollen sich am kommenden Sonntag zahlreiche Mitglieder einer Gruppe, die sich indonesisch-muslimisches Kommunikationsforum (FORKAMI) nennt, am Ort des Gottesdienstes der christlichen Kirchengemeinde Taman Yasmin (auch unter der Bezeichnung Gereja Kristen Indonesia bekannt) versammeln. Ihr Ziel ist es, den wöchentlichen Gottesdienst zu stören, um damit ihrem Protest gegen die Kirchengemeinde Ausdruck zu verleihen. Die Gemeindemitglieder werden bereits seit mehr als zwei Wochen von FORKAMI-AnhängerInnen bedroht und eingeschüchtert, um sie zum Verlassen des Geländes zu zwingen. Am 2. Oktober wurden ungeachtet der Präsenz von PolizistInnen der Verwaltungspolizei (Satpol PP) mehrere Gläubige tätlich angegriffen. An den zwei jüngsten Protestveranstaltungen gegen Taman Yasman soll der Bürgermeister von Bogor teilgenommen haben. Die Stadtverwaltung hat den Gehweg vor dem Kirchengebäude abgesperrt, um die Gläubigen auf diese Weise an der Abhaltung ihres Gottesdienstes zu hindern. Die Gemeinde fürchtet nun, dass ihre Mitglieder bedroht und angegriffen werden, wenn sie am 9. Oktober den Sonntagsgottesdienst besuchen möchten. Auch für die Zeit danach erwartet die Gemeinde weitere Einschüchterungsversuche und Anschläge.

Im Jahr 2008 hatte die Stadtverwaltung von Bogor auf Druck von radikalen islamistischen Gruppen hin der Kirchengemeinde die Baugenehmigung entzogen und das Gebäude versiegelt. Seitdem halten die Gläubigen ihren wöchentlichen Gottesdienst auf dem Gehsteig vor der Kirche ab. Einige AnwohnerInnen behaupten, dies stelle eine Störung der öffentlichen Ordnung dar. In Teilen der örtlichen Bevölkerung kam es bereits mit mutmaßlicher Unterstützung radikaler islamistischer Gruppen mehrfach zu Protesten gegen die Kirchengemeinde. Zwar entschied der Oberste Gerichtshof des Landes im Dezember 2010, dass die Kirche wieder geöffnet werden solle, der Bürgermeister von Bogor weigerte sich jedoch, das Urteil umzusetzen. Seit 2008 sind mindestens sieben Anschläge auf das Kirchengebäude verübt worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die indonesische christliche Kirche Taman Yasmin (Gereja Kristen Indonesia - GKI) in Bogor in Westjava wurde 2008 durch die Stadtverwaltung von Bogor geschlossen, nachdem der Kirchengemeinde die Baugenehmigung entzogen worden war. Die Behörden gaben an, dass Angehörige der Glaubensgemeinschaft bei Erhalt der Genehmigung Unterschriften gefälscht hätten. Im Dezember 2010 hob der indonesische Oberste Gerichtshof diese Entscheidung jedoch auf und ordnete an, dass die Kirche wieder geöffnet werden solle. Die Behörden von Bogor weigerten sich allerdings, diesem Gerichtsentscheid nachzukommen. Als Begründung führten sie mögliche soziale Unruhen an. Stattdessen boten sie den Gläubigen für ihre wöchentlichen Gottesdienste alternative Räumlichkeiten an einem anderen Ort an, was die Gläubigen wiederum ablehnten. Am 18. Juli 2011 setzte die indonesische Ompudsperson, deren Aufgabe in der Überwachung der Tätigkeit staatlicher Stellen und ihrer Bediensteten besteht, der Stadtverwaltung von Bogor eine Frist von 60 Tagen, um dem Urteil des Obersten Gerichtshofs gerecht zu werden. Nachdem die Verwaltung die Frist hatte verstreichen lassen, ohne tätig geworden zu sein, kündigte die Ombudsperson nach vorliegenden Meldungen an, sie werde den Fall auf der Grundlage des Gesetzes zu Ombudspersonen aus dem Jahr 2008 (Gesetz Nr. 37/2008) an den Staatspräsidenten Indonesiens weiterleiten.

Die Kirchengemeinde war in der Vergangenheit bereits Einschüchterungen und Angriffen von Teilen der örtlichen Bevölkerung ausgesetzt, die von radikalen islamistischen Gruppen unterstützt worden sein sollen. Anfang Juli 2011 wurde der Gemeinde die Kopie eines Briefes zugespielt, in dem ein Bewohner der in Bogor gelegenen Ortschaft Curugmekar die örtlichen Behörden und die Polizei aufgefordert hatte, sämtliche Gottesdienste und auch alle sonstigen Aktivitäten der Kirchengemeinde zu untersagen. Der auf den 28. Juni datierte Brief enthielt die Warnung, dass die derzeitige Situation "eine Aufforderung an die Gemeinde und andere bedeutet, darauf in einer Weise zu reagieren, die Unruhen hervorrufen könnte". Der Kirchengemeinde wurde das Ultimatum gestellt, ihre Aktivitäten bis zum 3. Juli einzustellen. Als die Gemeindemitglieder das Datum verstreichen ließen, versammelte sich in der Kirche eine Gruppe von BewohnerInnen, um dagegen zu protestieren. Die Polizei von Bogor befürchtete daraufhin, dass Gewalt ausbrechen könnte, und entsandte rund 200 ihrer MitarbeiterInnen zu dem Kirchengebäude.

Die indonesische christliche Kirche Taman Yasmin hat jüngst solidarische Unterstützung von der Jugendorganisation GP Ansor erfahren, einer Untergliederung von Nahdatul Ulama, die in Indonesien zu den mitgliederstärksten islamischen Vereinigungen zählt. Am 2. Oktober hat GP Ansor eine Solidaritätsveranstaltung zugunsten von Taman Yasman organisiert und Einladungsschreiben an den Präsidenten des Verfassungsgerichts, den Vorsitzenden der indonesischen Menschenrechtskommission Komnas Has sowie PolitikerInnen und VertreterInnen anderer islamischer Vereinigungen verschickt.


EMPFOHLENE AKTIONEN SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ergreifen Sie bitte angemessene Maßnahmen zum Schutz der Gläubigen der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin, und zwar gemäß ihrer Rechte auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.

- Ich möchte Sie bitten, umgehend eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Berichte über Einschüchterung, Drangsalierung und Angriffe gegen Mitglieder der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin einzuleiten und die Verantwortlichen in Übereinstimmung mit internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren vor Gericht zu stellen.

- Kommen Sie dem Urteil des Obersten Gerichtshofs bitte unverzüglich nach und gewährleisten Sie die Wiedereröffnung der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin. Sorgen Sie bitte außerdem dafür, dass alle religiösen Minderheiten in Indonesien Schutz genießen und ihren Glauben ohne Angst vor Einschüchterungen und Angriffen ausüben können.


APPELLE AN

BÜRGERMEISTER VON BOGOR
Diani Budiarto
Balaikota Bogor, Jl. Ir. H. Juanda No 10
Bogor, West Java, INDONESIEN
(korrekte Anrede: Dear Diani Budiarto / Sehr geehrter Herr Budiarto)
E-Mail: kominfo@kotabogor.go.id oder inspektorat@kotabogor.go.id

POLIZEIPRÄSIDENT VON INDONESIEN
General Timur Pradopo
Indonesian National Police Headquarters
Jl. Trunojoyo No. 3, Jakarta Selatan
INDONESIEN
(korrekte Anrede: Dear General Timur Pradopo / Sehr geehrter Herr Polizeipräsident)
Fax: (00 62) 21 722 0669


KOPIEN AN

OMBUDSPERSON DER REPUBLIK INDONESIEN
Danang Girindrawardana
Jl. HR. Rasuna Said Kav. C-19 (Gedung Pengadilan TIPIKOR)
Jakarta Selatan
INDONESIEN
Fax: (00 62) 21 5296 0908
E-Mail: ombudsman@ombudsman.go.id

BOTSCHAFT DER REPUBLIK INDONESIEN
S.E. Herrn Eddy Pratomo
Lehrter Straße 16-17, 10557 Berlin
Fax: 030-4473 7142
E-Mail: nur über die Website:
http://botschaft-indonesien.de/de/botschaft/organisation.htm
Kontaktformular:
http://www.botschaft-indonesien.de/de/kontak/kontakt.php


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Indonesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. November 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Take adequate measures to guarantee the safety of the Taman Yasmin Indonesian Christian Church congregation, in accordance with their right to freedom of thought, conscience and religion.

- Conduct prompt, independent and impartial investigations into all reports of intimidation, harassment and attacks against members of the Taman Yasmin Indonesian Christian Church and bring the perpetrators to justice in accordance with international fair trial standards.

- Immediately comply with the Indonesian Supreme Court ruling and re-open the Taman Yasmin Indonesian Christian Church and take steps to ensure that all religious minorities are protected and allowed to practise their faith free from fear, intimidation and attack.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Das Recht auf Religionsfreiheit ist in Indonesien per Verfassung und durch den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte geschützt, zu dessen Vertragsstaaten Indonesien gehört. Dennoch erhält Amnesty International immer wieder von Meldungen Kenntnis, denen zufolge religiöse Minderheiten, darunter auch ChristInnen, in Indonesien angegriffen und eingeschüchtert werden. Im Jahr 2010 wurden mindestens 30 Kirchen angegriffen oder zur Schließung gezwungen. Einige Kirchengebäude wurden von gewalttätigen Gruppen niedergebrannt oder auf andere Weise beschädigt. Kirchenmitglieder wurden ebenfalls zur Zielscheibe von Übergriffen.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-212/2011-2, AI-Index: ASA 21/031/2011, Datum: 5. Oktober 2011 - gs
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2011