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AKTION/945: Urgent Action - Ukraine - Asylsuchende setzen ihren Hungerstreik aus


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-029/2012-1, AI-Index: EUR 50/002/2012, Datum: 22. Februar 2012 - we

Ukraine
Asylsuchende setzen ihren Hungerstreik aus

Weitere Informationen zu UA 029/2012 (EUR 50/001/2012, 31. Januar 2012)


ASYLSUCHENDE AUS SOMALIA UND ERITREA

Eine Gruppe Asylsuchender und MigrantInnen aus Somali befand sich sechs Wochen lang im Hungerstreik aus Protest gegen ihre rechtswidrige Inhaftierung und mutmaßliche Misshandlungen. Am 17. Februar setzte die Gruppe ihren Streik aus. Damit reagierten sie auf die Zusicherung des staatlichen Migrationsdienstes der Ukraine, ihre Asylgesuche zu prüfen.

Die Gruppe von Menschen aus Somalia und Eritrea befindet sich noch immer widerrechtlich in Haft in einem Unterbringungszentrum für MigrantInnen in der Stadt Zhuravichi, in der nordwestlichen Region Volyn. Amnesty International, das Flüchtlingshilfswerk der UNO und Human Rights Watch hatten aufgrund von Berichten über Schläge und andere Misshandlungen der Gefangenen in der Haftanstalt, Pressemitteilungen diesbezüglich veröffentlicht. Daraufhin besuchte die Präsidialkommission für Verhütung von Folter das Unterbringungszentrum und traf die InsassInnen. Den InsassInnen wurde versichert, dass der ukrainische Migrationsdienst sich zu der Wiedereröffnung seiner regionalen Büros in Volyn verpflichten würde. Weiterhin würde der Migrationsdienst beginnen, Anträge auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus und die damit verbundenen Schutzmaßnahmen anzunehmen. Mit der Umsetzung dieser Zusicherungen wurde jedoch noch immer nicht begonnen. Weitere Berichte über Misshandlungen liegen nicht vor.

Die Menschen, die im Zentrum für MigrantInnen inhaftiert sind, wurden alle "mit dem Ziel der Abschiebung" zu bis zu einem Jahr Haft verurteilt. Die entsprechenden Akten belegen jedoch, dass es in der Vergangenheit keinerlei Abschiebungen von somalischen oder eritreischen StaatsbürgerInnen aus der Ukraine gegeben hat. Sie wurden stattdessen stets wieder aus der Haft entlassen und mussten mit erneuter Festnahme rechnen. Da ihnen keine Abschiebung droht, entfällt auch jede rechtliche Grundlage, diese Menschen in Haft zu nehmen. Ihre Inhaftierung ist somit willkürlich und ungesetzlich. InsassInnen des Unterbringungszentrums für MigrantInnen haben berichtet, sie seien von den dortigen MitarbeiterInnen geschlagen und misshandelt worden. Einige von ihnen seien für mehrere Tage in einen Isolationstrakt verlegt worden, in dem keine Betten zur Verfügung standen. Darüber hinaus, so die Asylsuchenden, seien sie telefonisch und in anonymen E-Mails mit dem Tod bedroht und in rassistischer Weise beschimpft worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In dem Zentrum für MigrantInnen in Zhuravichi leben rund 60 somalische und sechs eritreische StaatsbürgerInnen, unter ihnen etwa 20 zum Teil unbegleitete Minderjährige. Die SomalierInnen waren in der Zeit um den 23. Dezember in verschiedenen Landesteilen der Ukraine verhaftet worden. Die Festnahme der EritreerInnen hatte im November 2011 stattgefunden.

Ausländische StaatsbürgerInnen werden von Verwaltungsgerichten in der Ukraine zu bis einjährigen Freiheitsstrafen verurteilt, die sie in einem der beiden im Land existierenden Auffangeinrichtungen für MigrantInnen abzuleisten haben. Eine der Einrichtungen befindet sich nahe der russischen Grenze in Rozsudov in der Region Chernigiv, die andere in Zhuravichi in der Region Volyn im Westen der Ukraine. Die Migranteneinrichtungen dienen laut einer Weisung des Innenministeriums der zeitlich befristeten Inhaftierung ausländischer StaatsbürgerInnen und staatenloser Personen, die sich unbefugt in der Ukraine aufhalten und ausgewiesen werden sollen. In der Praxis werden MigrantInnen rund ein Jahr in den Einrichtungen festgehalten und anschließend in ihr Herkunftsland zurückgeführt oder frei gelassen. Somalische Staatsangehörige werden häufig nach Ablauf ihrer Haftstrafe zunächst freigelassen, anschließend aber wegen ihres nach wie vor irregulären Status erneut festgenommen. Die Ukraine ist Vertragsstaat der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, des UN-Übereinkommens gegen Folter und der Europäischen Menschenrechtskonvention. Somit darf die Regierung keine Person in ein Land zurückführen, in denen dieser Person Folter oder anderweitige schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie höflich auf, eine unparteiische und rechtzeitige Überprüfung von Flüchtlingsanträgen gemäß internationaler Standards sicherzustellen.

- Ich bitte Sie, daran zu denken, dass eine unverzügliche Untersuchung von Vorwürfen, denen zufolge Häftlinge geschlagen, bedroht und in anderer Weise misshandelt worden sind, noch immer aussteht.

- Lassen Sie die inhaftierten Asylsuchenden aus Somalia und Eritrea unverzüglich frei. Als Vertragsstaat der UN-Flüchtlingskonvention darf die Ukraine Menschen nicht in ein Land zurückführen, in denen sie von schweren Menschenrechtsverletzungen bedroht sind.


APPELLE AN

GENERALSTAATSANWALT
Viktor Pshonka
Riznitska Street 13/15
01601 Kyiv
UKRAINE
(korrekte Anrede: Dear General Prosecutor / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 380) 44 280 2851

LEITER DES UKRAINISCHEN MIGRATIONSDIENSTES
Mykola Kovalchuk
vul. Akademika Bogomoltsa 10
01024 Kyiv
Ukraine
Fax: +380 44 254 78 81
E-Mail: info@dmsu.gov.ua


KOPIEN AN

INNENMINISTER
Vitaly Zakharchenko
Vul. Akademika Bogomoltsa 10
01024 Kyiv, UKRAINE
(korrekte Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00380) 44 256 1633
E-Mail: mvsinfo@mvsinfo.gov.ua

BOTSCHAFT DER UKRAINE
I.E. Frau Natalia Zarudna
Albrechtstraße 26
10117 Berlin
Fax: 030-2888 7163
E-Mail: ukremb@t-online.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Ukrainisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. April 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Urging the authorities to ensure that refugee applications are considered impartially, in a timely manner and according to international standards.

- Reminding them of the need to conduct an immediate investigation into allegations that detainees were beaten, threatened and suffered other forms of ill-treatment.

- Urging them to immediately release Somali and Eritrean asylum-seekers, reminding them that as a state party to the UN Refugee Convention, Ukraine cannot return anybody to a country where they would be at risk of grave human rights violations.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-029/2012-1, AI-Index: EUR 50/002/2012, Datum: 22. Februar 2012 - we
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2012