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ASIEN/270: Pakistan - Malala Yousafzai, Botschafterin des Gewissens (ai journal)


amnesty journal 01/2014 - Das Magazin für die Menschenrechte

Malala Yousafzai - Botschafterin des Gewissens

von Daniel Kreuz



Die pakistanische Schülerin und Menschenrechtsaktivistin Malala Yousafzai erhielt im September von Amnesty International die höchste Ehrung der Organisation.


Die feige Tat sorgte weltweit für Entsetzen: Am 9. Oktober 2012 stoppten zwei Mitglieder der pakistanischen Taliban mit ihrem Motorrad einen Schulbus in Mingora im Nordwesten Pakistans. Einer der Männer stieg mit einer Pistole bewaffnet in den Bus und rief: "Wer ist Malala?" Dann schoss er dem Mädchen in den Kopf. Malala Yousafzai überlebte das Attentat schwer verletzt, zwei weitere Mädchen erlitten ebenfalls Verletzungen.

Die damals 15-jährige Malala hatte sich den Zorn der Taliban zugezogen, weil sie sich entgegen deren Anordnung für das Recht auf Bildung für Mädchen engagierte. Mingora liegt im Swat-Tal, das die Taliban 2009 für mehrere Monate unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Sie führten damals Hinrichtungen und Auspeitschungen auf offener Straße durch, zerstörten Musikgeschäfte und Schulen und verhängten ein Schulverbot für Mädchen.

In mehreren Blog-Beiträgen beschrieb Malala, deren Vater eine Mädchenschule leitete, den Alltag unter der Taliban-Herrschaft. Sie berichtete vor allem enttäuscht über die Anordnung der Taliban, alle Mädchenschulen zu schließen. Malala wurde weit über die Grenzen des Swat-Tals hinaus bekannt. Die Taliban drohten ihr, doch sie gab nicht nach. Diesen Mut hätte sie beinahe mit dem Leben bezahlt.

Nach dem Attentat wurde sie mit ausländischer Hilfe zur Behandlung nach Großbritannien gebracht, wo sie heute mit ihrer Familie lebt und ihr Engagement fortsetzt. Am 12. Juli 2013, ihrem 16. Geburtstag, hielt Malala eine Rede vor der Jugend-Generalversammlung der UNO; im November wurde sie vom Europäischen Parlament mit dem Sacharow-Preis geehrt.

Wenige Wochen zuvor hatte sie von Amnesty International die Auszeichnung "Ambassador of Conscience" (Botschafterin des Gewissens) erhalten. Mit dieser höchsten Ehrung der Organisation würdigt Amnesty International Personen, die sich für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte engagieren und eine Vorbildfunktion einnehmen. Die Pakistanerin erhielt die Auszeichnung gemeinsam mit dem US-amerikanischen Sänger und Bürgerrechtler Harry Belafonte, der sein Leben dem humanitären Engagement gewidmet hat. Der Preis wurde am 17. September während einer Zeremonie in der irischen Hauptstadt Dublin verliehen.

"Die diesjährige Preisträgerin und der Preisträger unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht, gemeinsam ist ihnen jedoch ihr uneingeschränkter Einsatz für die Menschenrechte überall und für alle", sagte der internationale Generalsekretär von Amnesty International Salil Shetty. "Harry und Malala sind wahre 'Botschafter des Gewissens', sie treten für die Rechte ein, die allen Menschen zustehen, für Gerechtigkeit und Menschenwürde. Mit ihrem Engagement motivieren sie andere, ihrem Vorbild zu folgen."

Malala bedankte sich bei Amnesty International mit den Worten: "Ich fühle mich geehrt, dass ich diesen Preis erhalte. Es ist für mich auch eine Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass es Millionen Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt gibt, die ebenso wie ich jeden Tag dafür kämpfen, dass sie zur Schule gehen dürfen. Ich hoffe, dass wir, wenn wir alle gemeinsam dafür eintreten, irgendwann unseren Traum verwirklichen können, dass in jedem Winkel der Erde das Recht auf Bildung für alle gilt."

Malala ist weltweit zur Ikone für Bildung und Frauenrechte geworden. Die Taliban drohen ihr nach wie vor mit dem Tod. Doch die Schülerin sagt, sie hätte ihren Attentätern vergeben. Für Malala steht fest: "Stifte und Bücher sind die Waffen, die Terrorismus besiegen."

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Quelle:
amnesty journal, Dezember/Januar 2014, S. 13
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Januar 2014