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MELDUNG/014: Tag gegen die Todesstrafe - USA halten an archaischer Strafe fest


Pressemitteilung vom 8. Oktober 2010

Tag gegen die Todesstrafe: USA halten an archaischer Strafe fest

Usa sind neben Japan der einzige G-8-Staat, der die Todesstrafe anwendet
In diesem Jahr bereits mehr als 40 Todesurteile vollstreckt

BERLIN, 08.10.2010 - Troy Anthony Davis aus dem US-Bundesstaat Georgia wurde 1991 zum Tode verurteilt. Das Gericht befand ihn schuldig, am 19. August 1989 einen Polizisten erschossen zu haben. Bis heute konnten die Behörden keine Beweise dafür vorlegen, dass Davis den Mord begangen hat. Sieben der neun Hauptzeugen haben ihre belastenden Aussagen inzwischen widerrufen. Troy Davis droht jedoch noch immer die Hinrichtung.

Die USA sind eine der wenigen Industrienationen, die weiterhin an der Todesstrafe festhalten. Mehr als 1.200 Menschen wurden von 1977 bis heute dort hingerichtet. In diesem Jahr wurden bereits mehr als 40 Todesurteile vollstreckt, zumeist durch die Giftspritze. "In den USA entscheiden viele Faktoren, die oft nichts mit dem Verbrechen zu tun haben, ob ein Angeklagter zum Tode verurteilt wird oder eine andere Strafe bekommt", sagt Sumit Bhattacharyya, USA-Experte von Amnesty International in Deutschland, anlässlich des Internationalen Tages gegen die Todesstrafe am 10. Oktober. "Viel hängt von der Verteidigung ab. Oftmals sind die Pflichtverteidiger schlicht überfordert."

Die Todesstrafe in den USA wird weiterhin rassistisch und diskriminierend angewendet. "Das zeigt sich besonders, wenn Weiße Opfer von Verbrechen sind. In diesen Fällen wird der Angeklagte deutlich häufiger - und zwar drei Mal so oft - zum Tode verurteilt, als in Fällen, in denen ein Afroamerikaner ermordet wird", sagt Sumit Bhattacharyya.

Seit der Wiederzulassung der Todesstrafe in den USA im Jahr 1977 mussten 138 zum Tode verurteilte Menschen wegen erwiesener Unschuld oder erheblicher Zweifel an ihrer Schuld freigelassen werden. Die USA richten mit China, Iran, Irak und Saudi-Arabien die meisten Menschen hin. Dabei hat sich das "Nein" zur Todesstrafe längst zu einem weltweiten Trend entwickelt: Eine Mehrheit von 139 Staaten wendet diese Strafe nicht mehr an. 58 Staaten halten weiter an der Todesstrafe fest. 2009 wurde lediglich in 18 dieser Staaten hingerichtet. "Immer mehr Staaten erkennen, dass die Todesstrafe eine zutiefst ungerechte Strafe ist, die die Menschenrechte auf brutale Weise missachtet. Sie ist überdies ein ungeeignetes Mittel zur Verbrechensbekämpfung", sagt Sumit Bhattacharyya. "Es ist höchste Zeit, dass auch die USA staatliches Töten ächten."


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TAG GEGEN DIE TODESSTRAFE (10.10)

ZAHLEN UND FAKTEN ZUR TODESSTRAFE WELTWEIT

1. China richtet jährlich mehr Menschen hin als alle anderen Staaten zusammen.

2. Mehr als zwei Drittel aller Staaten weltweit (139 Länder) haben die Todesstrafe abgeschafft oder ausgesetzt.

3. 2009 haben 18 Länder Menschen hingerichtet.

4. In Japan sitzt Hakamada Iwao seit 1968 im Todesstrakt, so lange wie kein anderer zum Tode Verurteilter.

5. Weißrussland (Belarus) ist das einzige Land in Europa, das Menschen hinrichtet.

6. 2009 wurden 106 Menschen in den USA zum Tode verurteilt. Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe 1977 ist dies die niedrigste Zahl.

7. Im Iran wurden seit Anfang 2010 mindestens 190 Personen hingerichtet. In den letzten Jahren hat Amnesty International über 141 Fälle dokumentiert, in denen Menschen zum Tode verurteilt wurden, obwohl sie zur Tatzeit unter 18 Jahren waren. Dies verstößt gegen das Völkerrecht.

8. Schweden hat 2010 seit 100 Jahren keine Hinrichtung mehr durchgeführt. Alfred Ander wurde mit einer Guillotine am 23. November 1910 enthauptet.

9. In den USA sitzen derzeit mehr als 3.000 Gefangene in Todeszellen. In Pakistan sind es mehr als 7.000.

10. Der US-Amerikaner Troy Anthony Davis sitzt seit 19 Jahren in der Todeszelle im US-Bundesstat Georgia. Sieben von neun Zeugen haben ihre belastenden Aussagen im Prozess gegen ihn mittlerweile zurückgezogen oder geändert.


Weitere Informationen finden Sie unter
www.amnesty-todestrafe.de


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AMNESTY INTERNATIONAL ist eine von Regierungen, politischen Parteien, Ideologien, Wirtschaftsinteressen und Religionen unabhängige Menschenrechtsorganisation. Amnesty kämpft seit 1961 mit Aktionen, Appellbriefen und Dokumentationen für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt. Die Organisation hat weltweit 2,8 Millionen Unterstützer. 1977 erhielt Amnesty den Friedensnobelpreis.


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Quelle:
ai-Pressemitteilung vom 8. Oktober 2010
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Oktober 2010