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MELDUNG/155: Großbritannien - Behörden spähten Amnesty aus


Amnesty International - Mitteilung vom 1. Juli 2015

Weltweite Spähprogramme und Massenüberwachung
Großbritannien: Behörden spähten Amnesty aus


01. Juli 2015 - Britische Regierungsbehörden haben das Internationale Sekretariat von Amnesty International in Großbritannien ausgespäht. Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty zeigte sich empört: "Wie sollen wir unserer wichtigen Arbeit weltweit nachgehen, wenn Menschenrechtsverteidiger und Opfer von Menschenrechtsverletzungen nun davon ausgehen müssen, dass ihre vertrauliche Korrespondenz mit uns voraussichtlich in den Händen der Regierung landet?"

Das Spezialgericht "Investigatory Powers Tribunal" (IPT), das die rechtsprechende Gewalt über die Geheimdienste in Großbritannien innehat, informierte Amnesty International heute darüber, dass britische Regierungsbehörden das Internationale Sekretariat der Menschenrechtsorganisation in Großbritannien ausgespäht haben. Die Behörden haben demnach die Kommunikation von Amnesty International in Großbritannien abgefangen und gespeichert.

"Nach 18 Monaten des Rechtsstreits und all den damit verbundenen Verleugnungen und Ausflüchten, wurde uns nun bestätigt, dass wir tatsächlich zum Ziel der Massenüberwachung durch die britische Regierung geworden sind. Es ist ungeheuerlich, dass etwas, das sonst oftmals tyrannischen Machthabern zugeschrieben wird, von der Regierung Großbritanniens ausgeht", so Salil Shetty, internationaler Generalsekretär von Amnesty International.

"Wie sollen wir unserer wichtigen Arbeit weltweit nachgehen, wenn Menschenrechtsverteidiger und Opfer von Menschenrechtsverletzungen nun davon ausgehen müssen, dass ihre vertrauliche Korrespondenz mit uns voraussichtlich in den Händen der Regierung landet? Die Enthüllung, dass die britische Regierung Amnesty International ausgespäht hat, unterstreicht die schwerwiegenden Unzulänglichkeiten hinsichtlich der Rechtsvorschriften zur Überwachung in Großbritannien. Hätte die Regierung unsere Kommunikation nicht länger gespeichert, als es erlaubt ist, hätten wir nie davon erfahren. Noch schlimmer ist jedoch, dass man das Ganze dann als vollkommen rechtmäßig betrachtet hätte", erklärte Salil Shetty weiter.

In einer heute verschickten E-Mail informierte das IPT Amnesty International darüber, dass es bei der Entscheidung des Spezialgerichts vom 22. Juni zu einer Verwechslung gekommen sei. Das IPT war im Juni zu dem Schluss gekommen, dass die britische Regierung die ägyptische Organisation "Egyptian Initiative for Personal Rights" (EIPR) und das südafrikanische "Legal Resources Center" unrechtmäßig ausspioniert hatte. Tatsächlich, so gab das IPT bekannt, war neben der Organisation in Südafrika jedoch Amnesty International Ltd. und nicht die ägyptische EIPR ausgespäht worden.

Die NGOs gehören zu insgesamt zehn Organisationen, die Klage gegen die mutmaßlich illegale Massenüberwachung ihrer Arbeit durch britische Geheimdienste eingereicht hatten.

Die E-Mail des IPT enthielt keinerlei Informationen dazu, wann und warum Amnesty International ausgespäht wurde, oder wozu die so gesammelten Informationen genutzt wurden.

All dies unterstreicht die dringende Notwendigkeit für wesentliche Gesetzesreformen. Unter anderem müssen gerichtliche Genehmigungsverfahren und wirksame Kontrollmechanismen für die Überwachungsbefugnisse der Geheimdienste in Großbritannien eingeführt werden. Zudem muss eine unabhängige Untersuchung klären, auf welche Weise und aus welchen Gründen ein britischer Geheimdienst Menschenrechtsorganisationen ausgespäht hat.

Zudem bekräftigen diese Enthüllungen die Forderungen von Amnesty International nach einem Ende der Massenüberwachung durch Regierungen.


#UnfollowMe-Kampagne

Anfang des Jahres hat Amnesty International die Kampagne #UnfollowMe gegen willkürliche Massenüberwachung gestartet, die sich gegen Regierungen richtet, die in einem großem Ausmaß in die Privatsphäre von Menschen eindringen und deren Freiheiten einschränken wollen. Amnesty International hat Klage gegen die anlasslose Massenüberwachung durch die britische und US-amerikanische Regierung eingereicht.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Sonderseite "Massenüberwachung stoppen, Privatsphäre schützen!":
http://www.amnesty.de/2015/6/12/massenueberwachung-stoppen-privatsphaere-schuetzen

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Quelle:
ai-Meldung vom 1. Juli 2015
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juli 2015

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