Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

MELDUNG/032: Nachrichten, Dezember 2011/Januar 2012 (ai journal)


amnesty journal 01/2012 - Das Magazin für die Menschenrechte

NACHRICHTEN

- Naher Osten - Waffen für Nordafrika
- Libyen - Muster der Vergangenheit


Waffen für Nordafrika

NAHER OSTEN - Deutschland und 16 weitere Staaten haben große Mengen Waffen in den Nahen Osten und nach Nordafrika geliefert, die jetzt zur Unterdrückung friedlicher Proteste eingesetzt werden. Ein aktueller Bericht von Amnesty International führt deutsche Exportgenehmigungen im Wert von 77 Millionen Euro auf, unter anderem für Kleinwaffen, Munition und Militärfahrzeuge. Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum 2005 bis 2010. "Diese Waffenlieferungen sind genehmigt worden, obwohl schon damals ein erhebliches Risiko bestand, dass mit diesen Waffen Menschenrechtsverletzungen begangen werden", sagt Mathias John, der Rüstungsexperte der Organisation.

In der hundertseitigen Studie untersucht Amnesty Rüstungslieferungen nach Ägypten, Bahrain, Jemen, Libyen und Syrien. Die wichtigsten Exportstaaten waren neben Deutschland Belgien, Bulgarien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Russland, Tschechien und die USA. Sie alle lieferten Waffen, Munition und andere Ausrüstung, mit deren Hilfe Polizei und Militär friedliche Demonstranten getötet, verletzt oder willkürlich verfolgt haben. "Wenn jetzt Waffenembargos verhängt werden, dann kommt das zu spät und ist zu wenig", erklärt John. "Wir brauchen dringend ein wirksames internationales Waffenhandelsabkommen. Es dürfen keine Rüstungsgüter geliefert werden, wenn das Risiko besteht, dass der Empfänger damit schwere Menschenrechtsverletzungen begeht. "Amnesty fordert die Bundesregierung auf, sich weiterhin für ein umfassendes internationales Waffenhandelsabkommen einzusetzen.


Waffenexporte zwischen 2005 und 2010 in Millionen Euro.

Auch die russische Regierung hat Waffenexporte nach Libyen und Syrien genehmigt, sie veröffentlicht darüber jedoch keine Berichte.

JEMEN
Bulgarien
Tschechien
USA
Deutschland
Niederlande
Österreich
Bosnien-H.
Italien
63,12
23,19
4,57
4,02
2,54
2,28
1,25
1,05

ÄGYPTEN
Deutschland
Serbien
Slowakei
Italien
Niederlande
Bulgarien
Bosnien-H.
Polen
63,36
62,47
49,83
48,64
38,41
12,31
7,42
6,44

SYRIEN
Italien
Österreich
Frankreich
Indien
2,81
2,00
1,25
1,13

BAHRAIN
Italien
Belgien
Großbritannien
Frankreich
USA
Österreich
Schweiz
Deutschland
6,80
5,64
2,90
2,88
0,67
0,41
0,24
0,09

LIBYEN
Italien
Belgien
Frankreich
Großbritannien
Deutschland
Bulgarien
Serbien
Spanien
299,72
17,95
16,63
14,65
9,48
5,58
5,42
3,82

Quelle: Amnesty


*


Muster der Vergangenheit

LIBYEN - Die alten Machthaber sind gestürzt, doch ihre Methoden sind nicht verschwunden. Soldaten der alten Regierung sowie mutmaßliche Söldner und Sympathisanten von Muammar al-Gaddafi sollen in Lagern und Gefängnissen geschlagen und misshandelt worden sein. In einigen Fällen gebe es "Beweise für Foltermethoden, um Geständnisse zu erpressen oder um zu bestrafen", heißt es in einem Mitte Oktober veröffentlichten Amnesty-Bericht. Er beruht auf Befragungen von 300 Häftlingen. Amnesty-Experten besuchten elf Gefängnisse. Nach Informationen von Amnesty nahmen die Kämpfer des Übergangsrats zwischen dem 18. August und dem 21. September mindestens 2.500 Menschen ohne Haftbefehl fest. Zwischen einem Drittel und der Hälfte der Gefangenen seien dunkelhäutige Libyer oder Menschen aus Ländern südlich der Sahara gewesen. Die stellvertretende Amnesty-Direktorin für den Nahen Osten und Nordafrika, Hassiba Hadj Sahraoui, sagte: "Die neue Führung muss die willkürlichen Festnahmen und die weitverbreitete Misshandlung von Gefangenen beenden." Sie forderte den Nationalen Übergangsrat zu schnellem Handeln auf. Es bestehe ein großes Risiko, dass "Verhaltensmuster der Vergangenheit wiederholt" würden. Willkürliche Festnahmen und Folter seien ein Kennzeichen der Herrschaft von Oberst Gaddafi gewesen.

Amnesty hat den Übergangsrat zudem aufgefordert, in einer unabhängigen und unparteiischen Untersuchung die Umstände des Todes von Gaddafi aufzuklären. Wenn er in Gefangenschaft getötet worden sei, liege ein Kriegsverbrechen vor.


*


Quelle:
amnesty journal, Dezember 2011/Januar 2012, S. 14
Herausgeber: amnesty international
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn
Telefon: 0228/98 37 30, E-Mail: info@amnesty.de
Redaktionanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
Postfach 58 01 61, 10411 Berlin, E-Mail: ai-journal@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de

Das amnesty journal erscheint monatlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Nichtmitglieder können das amnesty journal für
30 Euro pro Jahr abonnieren.
Ein Einzelheft kostet 4,80 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2011