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AFRIKA/238: Ruanda - Friedhofsruhe statt Demokratie - trotz Wahlen droht Diktatur in Ruanda


Presseerklärung vom 9. August 2010

Ruanda wählt neuen Staatspräsidenten (heute)

Friedhofsruhe statt Demokratie - trotz Wahlen droht Diktatur in Ruanda


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat anlässlich der Präsidentschaftswahlen in Ruanda am heutigen Montag schwere Vorwürfe gegen Staatspräsident Paul Kagame erhoben. "In Ruanda wird eher Friedhofsruhe statt Demokratie geschaffen, denn Oppositionspolitiker und regierungskritische Medien werden dort systematisch mundtot gemacht", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Kagame benutzt die Schrecken der Vergangenheit um Regimekritiker auszuschalten: Ihnen wird willkürlich vorgeworfen, sie schürten ethnische Spannungen wie 1994. Damals waren eine Million Tutsi und gemäßigte Hutu in Ruanda einem Völkermord zum Opfer gefallen. "Als einer der wichtigsten europäischen Partner des zentralafrikanischen Landes darf Deutschland dieser Politik nicht länger tatenlos zusehen", forderte Delius. Die Bundesregierung müsse sich stärker für Menschenrechte und Demokratie in Ruanda engagieren.

Es gibt zwar keine Zweifel daran, dass der autokratisch regierende Kagame wiedergewählt wird. "Doch diese Wahl ist eine Farce, denn alle oppositionellen Kandidaten wurden mit gesetzlichen oder bürokratischen Auflagen oder durch Unterwanderungen ihrer Parteien daran gehindert, sich fristgemäß für die Wahl zu registrieren und offiziell ihre Kandidatur einzureichen." So wurde der Führer der "Sozialistischen Partei", Bernard Ntaganda, Ende Juni verhaftet. Der Vorsitzende der "Democratic Green Party", Frank Habineza, ist verängstigt, weil sein Stellvertreter Andre Kagwa Rwisereka im Juli ermordet wurde. Er selbst wurde mit 250 Regimekritikern bei einer Demonstration für freie Wahlen im Juni verhaftet. Viele der Festgenommenen berichteten, sie seien von Polizisten geschlagen und gefoltert worden.

Der Oppositionspolitikerin Victoire Ingabire von der "United Democratic Front" droht jahrelange Haft, nachdem sie beschuldigt wurde, ethnische Spannungen zu spüren. Die angesehene Kritikerin Kagames hatte es gewagt, in einer Rede nicht nur der bei dem Genozid getöteten Tutsi zu gedenken, sondern auch Gerechtigkeit für die damals ermordeten gemäßigten Hutu zu fordern.

"Es ist befremdend, wenn die Nationale Wahlkommission und Wahlbeobachter der Afrikanischen Union der Regierung Ruandas nun einen 'freien und fairen Wahlkampf' bescheinigen. Denn nach mehreren Morden oder Verhaftungen von Oppositionspolitikern und Journalisten fühlen sich viele Regimekritiker bedroht", sagte Delius. Seit Januar 2010 haben Einschüchterung, Verfolgung und politisch motivierte Morde drastisch zugenommen. Außerdem wurden zwei regimekritische Zeitungen von den Behörden für sechs Monate geschlossen. Ausländische Menschenrechtler wurden an der Einreise und Recherche von Übergriffen gehindert.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 9. August 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. August 2010