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AFRIKA/403: Frankreich belohnt islamistischen Tuaregführer für Freilassung der Geiseln


Presseerklärung vom 31. Oktober 2013

Frankreich belohnt islamistischen Tuaregführer für Freilassung der Geiseln

Lösegeldzahlung bedeutet Rückschlag für Kampf gegen Straflosigkeit und islamistische Gewalt



Die Freilassung der vier französischen Geiseln in der Sahara wird den Kampf gegen Straflosigkeit und islamistische Gewalt in Nordwestafrika erschweren, befürchtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Tuareg berichten, dass Frankreich dem umstrittenen islamistischen Tuareg-Führer Iyad ag Ghaly im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln Straffreiheit zugesichert hat und dass 20 bis 25 Millionen Euro an Lösegeld an die Vermittler sowie an Islamisten gezahlt wurden", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag. Nachdem auch die führende französische Tageszeitung "Le Monde" die Lösegeldzahlung bestätigt hat, beteuert Frankreichs Regierung nun nur noch, es seien "keine Gelder der öffentlichen Hand" gezahlt worden. Anfangs hatte die französische Regierung jede Lösegeldzahlung kategorisch bestritten. Die vier Entführten waren nach dreijähriger Geiselhaft am Mittwoch wieder in Frankreich eingetroffen.

Der Tuaregführer Ghaly gilt als einer der ideologischen Köpfe der islamistischen Revolte in Nord-Mali. Seine islamistische Ansar-al-Dine-Bewegung war eng verbunden mit El Kaida im Maghreb (AQMI) und der "Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika" (Mujao), die nach der Einführung der Scharia in Nord-Mali im Sommer 2012 für unzählige Amputationen verantwortlich war. Mujao verbreitete selbst auf Youtube Filmaufnahmen von diesen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. "Es ist skandalös, Ghaly Straffreiheit zuzusichern: Mehr als 500.000 Menschen mussten vor seinen Verbrechen aus Nord-Mali fliehen!", kritisierte Delius. "Wer in Mali Versöhnung erreichen will, muss die Drahtzieher islamistischer Gewalt vor Gericht zur Rechenschaft ziehen."

Ghaly gilt als schillernde Persönlichkeit. Er hatte bereits in den 90er-Jahren bei Geiselnahmen von Europäern in der Sahara vermittelt. In den vergangenen Monaten war er auf Bitten Frankreichs von Vermittlern aus Saudi-Arabien und Katar kontaktiert worden, um eine Freilassung der Geiseln zu ermöglichen.

"So sehr wir uns darüber freuen, dass das Leben der vier Geiseln gerettet ist, so bedeutet ihre Freilassung auch einen Rückschlag im Kampf gegen die AQMI-Terroristen in der Sahara", erklärte Delius. "Neben Drogengeschäften ist der Handel mit europäischen Geiseln äußerst lukrativ für die Terrorgruppe und füllt wieder ihre Kriegskasse." AQMI hat seine Söldnertruppe, die vor allem aus jungen Arbeitslosen aus der Sahara besteht, vor allem mit mehreren Dutzend Millionen Euro Lösegeldern aus Geiselnahmen finanziert. "Es ist absurd, dass Frankreich nun erneut 20 Millionen Euro an diese Terroristen zahlt und zugleich mehr als 200 Millionen Euro für seinen Militäreinsatz in Nord-Mali gegen sie aufwendet", sagte Delius. "Dabei ist es zweitrangig, aus welcher Quelle dieses Lösegeld stammt."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 31. Oktober 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2013