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AFRIKA/423: Zentralafrikanische Republik - Enttäuschende Bilanz der französischen Militärintervention


Presseerklärung vom 7. Januar 2014

Vor einem Monat intervenierte die französische Armee in der Zentralafrikanischen Republik

- Enttäuschende Bilanz der französischen Militärintervention
- Zivilbevölkerung tief verunsichert



Ein Monat nach Beginn der französischen Militärintervention in der Zentralafrikanischen Republik hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine enttäuschende Bilanz des Militär-Einsatzes gezogen. "Den französischen Soldaten ist es bislang nicht gelungen, gemeinsam mit der afrikanischen Friedenstruppe MISCA das Land zu befrieden", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Stattdessen sind immer mehr Menschen auf der Flucht, so dass die Hälfte der Bevölkerung des Landes heute auf humanitäre Hilfe aus dem Ausland angewiesen ist. Die französischen Soldaten haben aber zumindest neue Massaker verhindern können. Aber es sind zu wenig neutrale Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik, um wirksam die Milizen zu entwaffnen, und es fehlt ihnen an einer politischen Konzeption für eine demokratische Zukunft des Landes."

Frankreich intervenierte im Rahmen der Operation Sangaris am 6. Dezember 2013 mit der Entsendung von 1600 Soldaten, die 4.300 afrikanische Truppen der MISCA unterstützen sollten. Die Stationierung weiterer 1700 afrikanischer Soldaten wurde versprochen, jedoch bislang nicht umgesetzt. Französische Militärexperten schätzen, dass alleine für die Sicherung der Hauptstadt Bangui vier- bis fünfmal so viele Soldaten benötigt würden, doch aus Kostengründen nicht zur Verfügung stehen. Die Parteinahme von MISCA-Soldaten aus dem Tschad für die Seleka-Miliz löste massive Kritik aus und schadete dem Ruf der ausländischen Truppen.

Die französischen Soldaten sollten ursprünglich rund 20.000 bewaffnete Kämpfer verschiedener Milizen in dem Land entwaffnen. Dazu sind sie aber bislang nicht gekommen, weil sie zunächst verhindern müssen, dass es zu neuen Übergriffen von Milizionären auf Zivilisten oder zu Ausschreitungen zwischen Christen und Muslimen kommt. "Doch sicher fühlt sich die Zivilbevölkerung selbst im Großraum Bangui bislang nicht. Dies zeigt die Verdoppelung der Zahl der Flüchtlinge in der Hauptstadt seit Weihnachten 2013." Allein in Bangui sind heute 513.000 Menschen auf der Flucht. Landesweit sind mindestens 935.000 Menschen geflohen.

"Noch schwerer als der Mangel an neutralen Soldaten wiegt das Fehlen eines politischen Konzeptes für die Zukunft der Zentralafrikanischen Republik", erklärte Delius. "Eine Militärintervention macht nur Sinn, wenn sie eingebettet ist in einen politischen Prozess zur langfristigen Stabilisierung des Landes. Eine aktive Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen gemeinsam mit allen demokratischen Kräften in der Zentralafrikanischen Republik fehlt bislang vollkommen, so dass die Militärintervention zu scheitern droht."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 7. Januar 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2014