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AFRIKA/481: Ostafrika - Hexerei-Vorwürfe bedrohen Leben älterer Menschen


Presseerklärung vom 30. September 2014

Internationaler Tag der älteren Menschen (1.10.)

Älteste in Ostafrika bitten um Hilfe:
Hexerei-Vorwürfe bedrohen Leben älterer Menschen



Mit dem dramatischen Appell, ihr Leben zu schützen, haben sich Älteste vom indigenen Volk der Giriama in Kenia mit Hilfe der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an westliche Botschaften, die Vereinten Nationen und die Regierung Kenias gewandt. Die Ältesten fürchten ermordet zu werden, weil erfundene Hexerei-Vorwürfe sie akut bedrohen. Jeden Monat werden nach GfbV-Angaben bei den insgesamt etwa 800.000 Giriama rund 90 ältere Menschen umgebracht. Manche werden wegen Missernten, Epidemien und Naturkatastrophen der Hexerei beschuldigt und öffentlich verbrannt. Andere werden Opfer von vermeintlichen "Haushaltsunfällen" und beispielsweise mit brühend heißem Wasser übergossen, erstochen oder erschossen.

"Wir werden ausgelöscht, nur weil wir alt sind", klagen die Ältesten in dem Schreiben der Ältesten, das die GfbV weiterleitete. Der Afrikareferent der in Göttingen ansässigen Menschenrechtsorganisation, Ulrich Delius erklärte anlässlich des internationalen Tages der älteren Menschen (1.10.): "Wir haben den Ältesten zugesagt, ihren Hilferuf weltweit zu verbreiten, denn es ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, eine ganze Generation gezielt auszulöschen. Dringend muss die internationale Staatengemeinschaft reagieren: Niemand darf aufgrund seines Alters gezielt verfolgt werden. Kenia muss mehr für den Schutz der Alten tun und mehr Häuser einrichten, in denen bedrohte ältere Menschen zeitweise Aufnahme finden können." Die Ältesten der Giriama fordern mehr humanitäre Hilfe und eine bessere Ausstattung von Auffang-Zentren für die ältere Bevölkerung.

Nur wenige Morde an älteren Giriama werden aufgeklärt und die Verantwortlichen vor Gericht zur Rechenschaft gezogen, berichtete die GfbV. Es ist jedoch ein offenes Geheimnis, dass die Täter meist aus der eigenen Familie stammen und sich lästiger Angehöriger entledigen wollen. Polizei und Behörden reagieren oft gleichgültig. Sie wollen sich in Familienangelegenheiten nicht einmischen.

Motiv für eine Bluttat ist meist nicht Aberglaube. Vielmehr spielen handfeste wirtschaftliche Interessen eine viel gewichtigere Rolle. Viele Familien sind sehr arm und wissen nicht, wie sie die alten Menschen ernähren und pflegen sollen. Auch drängen oft Jüngere mit aller Gewalt darauf, ihr Erbe früher anzutreten.

Das indigene Volk der Giriama gehört wie acht weitere Völker zu der Gruppe der bantusprachigen Mijikenda. Sie leben an der Küste Kenias. Traditionell waren sie Jäger und Sammler, doch heute betreiben sie meist Landwirtschaft.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 30. September 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2014