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AFRIKA/678: Äthiopien braucht Reformen - Oromo und Amhara nicht länger ausgrenzen!


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 16. Februar 2018

Nach dem Tod von zehn Demonstranten tritt Premierminister zurück - Äthiopien braucht Reformen und mehr Demokratie - Oromo und Amhara nicht länger ausgrenzen


Göttingen, den 16. Februar 2018 - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat nach dem Rücktritt des Premierministers von Äthiopien mehr Reformen, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in dem Land am Horn von Afrika gefordert. "Auch die Ausgrenzung der Oromo und Amhara muss endlich enden, wenn das Land nach Jahren der Proteste endlich zur Ruhe kommen soll. 61 Prozent der Bevölkerung wurden missachtet und diskriminiert, das schürte Konflikte", kritisierte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Freitag in Göttingen.

Mit Spannung wird in Äthiopien erwartet, aus welcher Volksgruppe die neue Führung des Landes stammen wird. Delius warnte jedoch davor, die ethnische Abstammung des zukünftigen Premierministers überzubewerten. "Mit der Auswahl des neuen Führungspersonals kann ein Zeichen gesetzt werden, doch am wichtigsten ist es, dass Korruption und Machtmissbrauch enden und die Menschenrechte der breiten Bevölkerung endlich beachtet werden."

Der seit 2012 amtierende Premierminister Hailemariam Desalegn hatte am Donnerstag überraschend seinen Rücktritt erklärt. Kurz zuvor waren mindestens zehn Menschen getötet und 13 Personen verletzt worden, als Sicherheitskräfte einen dreitägigen Generalstreik im Bundesstaat Oromia gewaltsam beenden wollten. "Die seit 2014 immer wieder ausbrechenden Massenproteste von Oromo und Amhara waren entscheidend für den Rücktritt des Premierministers. Seine Politik der brutalen Niederschlagung aller Proteste ist kläglich gescheitert. Mehr als 2.000 Oromo und Amhara haben dies mit ihrem Leben bezahlen müssen, Tausende sind trotz der jüngsten Begnadigungen noch immer als politische Gefangene in Haft", berichtete Delius und forderte ihre Freilassung.

Die GfbV verlangte außerdem eine Aufarbeitung der leidvollen Vergangenheit Äthiopiens. Es müsse untersucht werden, wer für die schweren Menschenrechtsverletzungen, die von Sicherheitskräften in der Zeit unter Premierminister Desalegn begangen wurden, die Verantwortung trage. "Äthiopien hat eine Jahrzehnte lange Geschichte der Straflosigkeit. Wenn es einen glaubwürdigen Neuanfang in dem Land geben soll, dann dürfen willkürliche Verhaftungen, Folter, Massaker und politisch motivierte Morde nicht ungesühnt bleiben", forderte Delius. "Auch muss der Spielraum von Menschenrechts- und anderen Nichtregierungsorganisationen erweitert werden, die in den vergangenen Jahren von den Behörden systematisch mundtot gemacht wurden. Wenn diese Reformen nicht endlich angegangen werden, wird die Massenflucht von Oromo aus Äthiopien anhalten." Die rund 42 Millionen Oromo stellen die größte Bevölkerungsgruppe Äthiopiens. Sie wurden seit Jahrzehnten systematisch entrechtet und ihrer Lebensgrundlage beraubt.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 16. Februar 2018
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2018

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