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AFRIKA/711: Äthiopien - 60 Tote bei Übergriffen, Minderheiten besser schützen


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 18. September 2018

Mehr als 60 Tote bei ethnisch motivierter Gewalt: Äthiopien muss Minderheiten besser schützen - Hetze in sozialen Medien und Straflosigkeit beenden


Göttingen, den 18. September 2018 - Nach dem gewaltsamen Tod von mehr als 60 Angehörigen kleinerer Volksgruppen in Äthiopien hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) einen besseren Schutz ethnischer Minderheiten vor politisch motivierter Gewalt und die Bestrafung der Verantwortlichen gefordert. "Wenn Äthiopiens Demokratisierung nicht gefährdet werden soll, dann dürfen die schweren Übergriffe auf Minderheiten nicht ungesühnt bleiben. Das Land braucht dringend mehr Rechtsstaatlichkeit, um Willkür und Gewalt wirksam zu beenden", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. Zudem müsse konsequent gegen Hassparolen in den sozialen Medien eingeschritten werden, die die Stimmung immer mehr aufheizten.

Bei gewaltsamen Übergriffen von Oromo auf Angehörige kleinerer ethnischer Gruppen wurden am vergangenen Wochenende in der Umgebung der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba mehr als 60 Menschen getötet. Fünf Personen wurden am Montag von Sicherheitskräften erschossen, als sie gegen die Gewalt protestierten. Mehrere tausend Angehörige kleinerer ethnischer Gruppen waren gegen die Gewalt auf die Straße gegangen.

Die GfbV bezeichnete Äthiopien nach Jahrzehnten ethnisch motivierter Ausgrenzung und Repression als Pulverfass. "In keinem anderen Land der Welt wurden in der ersten Jahreshälfte 2018 mehr Menschen aus ihrer Heimatregion vertrieben als in Äthiopien", berichtete Delius. Rund 1,4 Millionen Menschen mussten in dem Staat am Horn von Afrika zwischen Januar und Juli 2018 wegen politisch motivierter Gewalt aus ihren Häusern und Wohnungen in andere Landesteile fliehen. "Oromo drohen aus Opfern ethnischer Diskriminierung nach Jahrzehnten beispielloser Gewalt und Unterdrückung Täter zu werden. Dies ist eine sehr gefährliche Entwicklung, der mit einer Aufarbeitung der Gewalt und einer Stärkung des Rechtsstaates begegnet werden muss."

Die Übergriffe ereigneten sich nach dem triumphalen Empfang von aus dem Exil heimkehrenden Oromo-Aktivisten. Junge Oromo griffen im Distrikt Burayu in der Region Oromia vor allem Häuser von Gamo und Guraghe an. Augenzeugen berichteten von Plünderungen, Brandschatzungen, Vergewaltigungen und Morden. Rund 200 mutmaßliche Tatbeteiligte wurden festgenommen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 18. September 2018
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2018

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