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ASIEN/316: Menschenrechtsverletzungen in West-Papua drohen zu eskalieren


Presseerklärung vom 6. Juli 2009

Präsidentschaftswahlen in Indonesien (08. 07. 2009)

Menschenrechtsverletzungen in West-Papua drohen zu eskalieren


Alarmiert von Papua-Unterstützergruppen warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor einer Eskalation der Menschenrechtslage in West-Papua/West-Neuguinea im Vorfeld der Präsidentenwahl in Indonesien am 8. Juli 2009. Im von der Außenwelt abgeschotteten Hochland der Provinz sollen Einheiten der berüchtigten mobilen Polizeibrigade "Brimob" Ende Juni Dörfer angegriffen, mehrere Einwohner getötet und Mädchen vergewaltigt haben. Hunderte von Papua seien in die umliegenden Wälder geflohen. "Diese Berichte sind sehr ernst zu nehmen, denn immer wieder begehen die Brimob und indonesische Soldaten unter Ausschluss der Öffentlichkeit schwere Menschenrechtsverletzungen in Westpapua", kritisierte die Menschenrechtsorganisation am Montag in Göttingen. Die indonesische Regierung habe bereits Anfang Juni zusätzliche Brimob-Einheiten in die Region entsandt.

Schon Anfang April 2009 war es im Vorfeld der Parlamentswahlen in der Provinz zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen der indigenen Bevölkerung und indonesischen Sicherheitskräften gekommen. 13 Menschen kamen dabei ums Leben. In der Hauptstadt Jayapura stürmten bewaffnete Polizisten das Büro des traditionellen Papua-Rats, verhafteten 15 Aktivisten und steckten das Büro in Brand. In ganz West-Papua hatten daraufhin Zehntausende Demonstranten in verschiedenen Städten die Unabhängigkeit von Indonesien gefordert und zum Wahlboykott aufgerufen. In Nabire und Jayapura schossen Sicherheitskräfte auf Demonstranten. Mehrere Menschen wurden schwer verletzt, darunter ein Zehnjähriger. Eine Reihe von Demonstranten wurden verhaftet.

Seit 2008 verstärkt Jakarta seine Truppen in West-Papua. Mit Entführungen, "zufälligen" oder nicht aufgeklärten Todesfällen, willkürlichen Verhaftungen, Erschießungen, Folter und Vergewaltigungen wird die Papua-Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Hunderte von Papua-Bürgerrechtlern wurden zu hohen Haftstrafen verurteilt, weil sie ihre Flagge gehisst oder die Unabhängigkeit gefordert hatten.

Seit den 1960er Jahren kämpfen die Papua für die Unabhängigkeit ihrer Inselhälfte. Der Anschluss an Indonesien wurde 1969 mit Gewalt erzwungen. Gegen den bis heute noch teilweise mit Speeren, Pfeil und Bogen ausgerüsteten Widerstand geht die Zentralregierung militärisch vor. Seither kamen durch genozidartige Verbrechen über 150.000 Papua ums Leben. Zehntausende flüchteten in das benachbarte Papua-Neuguinea oder in das unwegsame Hochland.

Seit 2003 ist ausländischen Journalisten und unabhängigen Beobachtern die Einreise in die Provinz verboten. Durch eine gezielte Einwanderungspolitik wird die indigene Papua-Bevölkerung mit ihren 250 unterschiedlichen traditionellen Gemeinschaften mit eigenen Sprachen zur Minderheit im eigenen Land gemacht. Sie stellen heute nur noch rund die Hälfte der etwa 2,93 Millionen Einwohner der Provinz. In West-Papua befindet sich nicht nur der letzte intakte tropische Regenwald Asiens. Dort gibt es auch riesige Rohstoffvorkommen wie Kupfer, Gold, Silber, Nickel, Bauxit, Erdöl und Erdgas. Durch den massiven Abbau der Ressourcen durch multinationale Konzerne werden Umweltzerstörungen in unvorstellbarem Ausmaß verursacht.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Berlin, den 6. Juli 2009
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2009