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ASIEN/373: China - Wachsende Spannungen in der Inneren Mongolei


Presseerklärung vom 26. November 2010

China: Wachsende Spannungen in der Inneren Mongolei

Wird Förderung "Seltener Erden" gefährdet durch Streit um Schicksal eines mongolischen Menschenrechtlers?


Im Vorfeld des Tages der Menschenrechte am 10. Dezember und der regulär vorgesehenen Freilassung des bedeutendsten politischen Gefangenen aus der Inneren Mongolei, dem Buchhändler Hada, hat China den Druck auf mongolische Menschenrechtler deutlich erhöht: Regimekritiker wurden festgenommen, Internetseiten gesperrt und die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Dringend appellierte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an die Regierung Chinas, die Symbolfigur der mongolischen Minderheit nach Verbüßung der 15-jährigen Haftstrafe am 10. Dezember 2010 freizulassen. "Sollte Hada gesetzeswidrig länger festgehalten werden, drohen massive Proteste und Unruhen in der Inneren Mongolei", mahnte der Asienreferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. Der 54-Jährige Buchhändler und Verleger war am Tag der Menschenrechte 1995 verhaftet worden, weil er Bücher über die Zerstörung der mongolischen Kultur durch China veröffentlicht und verbreitet hatte. Mögliche Unruhen könnten auch die Förderung, der für die Industrie wichtigen Rohstoffe, die sogenannten "Seltenen Erden", gefährden.

In der "Autonomen Region" liegen 97 Prozent der Weltreserven an "Seltenen Erden" sowie umfangreiche Kohle-, Gold- und andere Mineralienvorkommen. Der Streit um chinesische Ausfuhrbeschränkungen für die begehrten 17 Metalle, die man als "Seltene Erden" bezeichnet, hatte in den letzten Wochen große Sorge unter Industrie-Unternehmen und Regierungen weltweit ausgelöst, die um ihre Versorgung mit den raren Rohstoffen fürchten.

Die regimekritische Schriftstellerin Govruud Huuchinhuu wurde am 11. November 2010 in der im Südosten der Inneren Mongolei gelegenen Stadt Tongliao festgenommen und später unter Hausarrest gestellt. Die Autorin hatte in ihrem Blog angekündigt, dass sie Hada bei seiner Freilassung aus dem Gefängnis in Chifeng willkommen heißen will. Der mongolische Rechtsanwalt Huhbulag, der zahlreiche mongolische Bürgerrechtler verteidigt hat, wurde am 28. September 2010 aus Sicherheitsgründen von den Behörden an der Ausreise in das Nachbarland Mongolei gehindert. In den letzten Monaten wurden außerdem die drei bedeutendsten Internetseiten mongolischer Menschenrechtler von den Behörden gesperrt. Seit Januar 2010 hat China die Sicherheitsvorkehrungen in der "Autonomen Region" massiv erhöht und nach eigenen Angaben mehr als 45 Millionen Euro in die Einstellung von 21.300 neuen Sicherheitsbeamten investiert. Zudem wurden 367 Strafen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verhängt.

Die rund 5,8 Millionen Mongolen in der Inneren Mongolei wurden im 20. Jahrhundert systematisch "sinisiert". Durch massive Einwanderung von Han-Chinesen wurden sie zur Minderheit in ihrer eigenen Region und stellen heute nur noch 20 Prozent der Bevölkerung in der Region. Die Zwangsansiedlung von hunderttausenden mongolischen Nomaden stößt unter Mongolen auf massive Kritik.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 26. November 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2010