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ASIEN/416: Taiwan - Militärische Bedrohung durch China nimmt trotz politischer Annäherung zu


Presseerklärung vom 23. September 2011

Taiwan: Militärische Bedrohung durch China nimmt trotz politischer Annäherung zu

China betreibt doppeltes Spiel mit Taiwan


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fürchtet, dass China mit Taiwan ein doppeltes Spiel betreibt. "Während Peking sich äußerlich um eine Verbesserung der Beziehungen zu Taiwan bemüht, nimmt sein militärischer Druck auf die Inselrepublik immer weiter zu", warnte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Peking geht nicht ehrlich mit Taiwan um. Wenn die Angst vor einem militärisch immer stärkeren China wächst, ist es verständlich, dass sich Taiwan in den USA um neue Rüstungslieferungen zu seiner Selbstverteidigung bemüht." Peking hatte gestern verärgert auf die Zusage der USA reagiert, taiwanesische Kampfflugzeuge zu modernisieren.

"Leider ignoriert die Europäische Union (EU) die dramatische Verschiebung des Kräftegleichgewichts zwischen China und Taiwan", kritisierte Delius. Die EU setze blauäugig auf eine vermeintliche Annäherung der beiden Länder in Fernost, ohne die realen Kräfteverhältnisse realistisch zur Kenntnis zu nehmen. "Offenbar möchte die EU um jeden Preis neuen Ärger mit der chinesischen Führung vermeiden, doch leider drängt sie nicht auf ein Ende der militärischen Bedrohung Taiwans. Dringend ist bei der EU mehr Realismus gefordert, um eine militärische Eskalation in der Taiwan-Strasse abzuwenden."

Trotz wirtschaftlicher und politischer Annäherung zwischen China und Taiwan hat die Volksrepublik noch immer mehr als 1.500 Kurz- und Mittelstreckenraketen auf Taiwan gerichtet und rund 400.000 Soldaten nahe der um Selbstbestimmung ringenden Insel konzentriert. Erst in den vergangenen Monaten hat China neue Dong-Feng-16-Raketen in den Küstenregionen vor Taiwan stationiert. Außerdem wurden neue Raketen-Brigaden aufgebaut, die mit Mittelstreckenraketen vom gerade entwickelten Typ Dong Feng 21 D ausgestattet sind. Taiwan liegt in deren Reichweite. Stetige Militärmanöver im Südosten der Volksrepublik machen deutlich, dass noch immer eine militärische Intervention Chinas in Taiwan droht. "Diese Gefahr wird in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen, da China ab dem Jahr 2020 voraussichtlich über ein eigenes Satelliten-gestütztes Beidou-Navigationssystem verfügen wird und dann unabhängig vom US-amerikanischen GPS-Navigationssystem agieren kann", warnte Delius.

"Alle politischen Parteien in Taiwan verfolgen mit größter Sorge, dass China militärisch aufrüstet", berichtete der Menschenrechtler. "Selbst die um einen Ausgleich mit der Volksrepublik bemühten taiwanesischen Politiker befürchten, dass Peking eine Politik der Umarmung betreibt, die Taiwan immer mehr die Luft zum Überleben als eigenständige Republik nimmt. Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen Taiwan und China hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Eine breite Mehrheit der Taiwanesen möchte die Selbständigkeit ihres Landes bewahren und sieht in der Modernisierung der eigenen Streitkräfte einen wichtigen Faktor, um die Unabhängigkeit ihrer Inselrepublik zu gewährleisten.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 23. September 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. September 2011