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ASIEN/555: Kambodscha - Urteile gegen 13 Bürgerrechtler als "politisch motivierte Willkürjustiz" kritisiert


Presseerklärung vom 11. April 2014

Willkürjustiz in Kambodscha: Nach Folter und erpressten Geständnissen 13 Bürgerrechtler verurteilt



Die Verurteilung von 13 Bürger- und Menschenrechtlern zu Haftstrafen zwischen fünf und neun Jahren in Phnom Penh hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Freitag als "politisch motivierte Willkürjustiz" scharf kritisiert. Als belastende Beweise gegen die Männer, unter ihnen sechs Angehörige der Khmer-Krom-Minderheit, waren größtenteils erpresste Dokumente vorgelegt worden. Vor Gericht hatten die Angeklagten ihre Aussagen widerrufen und beteuert, sie unter massivem Druck von Vernehmungsbeamten des Innenministeriums unterzeichnet zu haben. In den Verhören sollen sie eine Verschwörung gegen die kambodschanische Regierung zugegeben haben. Mindestens zwei Männer wurden in Untersuchungshaft gefoltert. Sechs Männer wurden in Abwesenheit verurteilt. In der Urteilsbegründung wurde der Vorwurf, die Angeklagten hätten ihre Aussagen unter Zwang unterschrieben, als unbegründet dargestellt.

"Offensichtlich will die Regierung unliebsame Kritiker aus dem Weg räumen lassen, die Menschen- und Minderheitenrechte einfordern", sagte die GfbV-Kambodscha-Expertin Judith Kunze. "Gerichtsurteile in Kambodscha werden häufig im Interesse von einflussreichen Politikern gefällt und weisen eklatante rechtsstaatliche Mängel auf. Wir fordern das Gericht deshalb auf, das Urteil zu revidieren."

Den Beschuldigten wurde vorgeworfen, Mitglieder der Khmer National Liberation Front (KNLF) zu sein. Der in Dänemark registrierten Organisation wird unterstellt, sie verfolge terroristische Ziele. Tatsächlich engagiert sie sich jedoch für Menschenrechte und Demokratisierung in Kambodscha. Premierminister Hun Sen hat Bewegungen wie die KNLF vor der Parlamentswahl 2013 bezichtigt, die Regierung und das Königshaus stürzen zu wollen und außerdem Oppositionspolitiker mit ihnen in Verbindung gebracht, um sie zu diskreditieren. Besonders Aktivisten der Khmer Krom geraten immer wieder in den Fokus der Behörden, wenn sie die Regierungen von Kambodscha und Vietnam kritisieren.

Sieben der jetzt verurteilten Männer wurden im März 2013 in Thailand in Anwesenheit von kambodschanischen Zivilbeamten verhaftet und nach Kambodscha gebracht, unter ihnen drei Khmer-Krom-Mönche. "Den Männern wurde weder ein Haftbefehl vorgelegt noch ein Haftgrund mitgeteilt. Während der Verhöre erhielten sie keinen Rechtsbeistand", kritisiert Judith Kunze das Verfahren. Auch die lange Untersuchungshaft von mehr als einem Jahr sei ein Verstoß gegen die Strafprozessordnung.

Die Khmer Krom stammen aus dem benachbarten Vietnam. Dort leben im Süden des Landes rund sieben Millionen Angehörige der Khmer-stämmigen Minderheit. Ihr Recht auf kulturelle und religiöse Identität, Meinungs- und Versammlungsfreiheit wird massiv unterdrückt. Hunderte Aktivisten, die sich für Minderheitenrechte einsetzen, mussten das Land bereits aus Angst vor politischer Verfolgung heimlich verlassen. Obwohl die kambodschanische Regierung Khmer Krom Staatsbürgerrechte verspricht, erhalten sie auch in Kambodscha keinen wirksamen Schutz und fliehen weiter nach Thailand. Viele von ihnen setzen sich von hier aus für den Schutz von Menschenrechten sowohl in Kambodscha als auch in Vietnam ein.

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Quelle:
Presseerklärung Phnom Penh/Göttingen, den 11. April 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2014