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ASIEN/571: Reise der Kanzlerin nach China - Wirtschaft contra Menschenrechte


Presseerklärung vom 4. Juli 2014

Bundeskanzlerin reist mit großer Wirtschaftsdelegation nach China (5.-8.7.)

Wirtschaft contra Menschenrechte - Menschenrechte sind kein Luxusgut



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die einseitige Fokussierung auf einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu China bei der morgen beginnenden Reise der Bundeskanzlerin in die Volksrepublik kritisiert. "Menschenrechte sind kein Luxusgut, sondern notwendig, damit die Wirtschaft auch langfristig unter stabilen Bedingungen produzieren kann", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Anhaltende massive Proteste in Tibet gegen Gold-, Kupfer- und Marmor-Bergbau und die Eskalation der Gewalt in der rohstoffreichen Region Xinjiang / Ostturkestan zeigen, wie heikel für Chinas Wirtschaft die Versorgung mit billigen Rohstoffen aus dem eigenen Land ist." Deutschland sei an einer gut funktionierenden Wirtschaft in China interessiert. "Die Bundeskanzlerin ist daher gut beraten, Fragen der Menschenrechte nicht als vermeintliches Luxusproblem auszugliedern, sondern an hochrangiger Stelle in China zu erörtern."

Die Bundeskanzlerin wird auf ihrem Besuch in Chengdu und Peking von einer hochrangigen deutschen Wirtschaftsdelegation begleitet, der führende Manager von VW, Lufthansa, Siemens, Airbus und der Deutschen Bank angehören. In Peking sollen bedeutende Wirtschaftsabkommen zwischen China und Deutschland geschlossen werden, kündigten beide Staaten vor der Reise an.

In der Tibetischen Autonomen Region sowie in tibetischen Siedlungsgebieten in den Provinzen Qinghai und Yunnan sind seit Mitte Juni 2014 mehr als 90 Tibeter wegen ihres Widerstands gegen Bergbauprojekte festgenommen worden. Gegen vier mutmaßliche Anführer des Protests in der Tibetischen Autonomen Präfektur Tsolho wird wegen "Störung der öffentlichen Ordnung" ermittelt.

Kritik übte die GfbV auch am in Chengdu am 6. Juli geplanten Deutsch-Chinesischen Dialogforum des zivilgesellschaftlichen Beratergremiums beider Regierungen. "Die chinesischen Delegierten vertreten nicht glaubwürdig die sehr lebendige Zivilgesellschaft, sondern sind amtierende oder ehemalige Parteikader oder Wirtschaftsführer", erklärte Delius. " Es ist ein Hohn, dass der Co-Vorsitzende dieses Gremiums der frühere Bürgermeister Schanghais (1995-2001) Xu Kuangdi ist. Unter ihm wurden mehrere tausend Bittsteller und Verlierer des Immobilienbooms inhaftiert und in Geheimgefängnisse gebracht sowie hunderte Falun Gong-Anhänger in Arbeitslager eingesperrt." Der Schanghaier Universitätsdozent und Falun Gong-Anhänger Li Bafian wurde von der Polizei Ende April 2001 von einem Hochhaus in den Tod gestürzt, weil er sich weigerte mit den Sicherheitsbehörden zu kooperieren. "Gewissenlose Parteikader wie Xu Kuangdi gehören vor den Internationalen Strafgerichtshof und nicht in das Deutsch-Chinesische Dialogforum", meinte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 4. Juli 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2014