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ASIEN/578: Pakistan - Facebook-Eintrag löst Pogrom aus, drei Ahmadiyyah-Muslime sterben


Presseerklärung vom 28. Juli 2014

Facebook-Eintrag löst Pogrom aus: Drei Ahmadiyyah-Muslime sterben

Massive Zunahme von Blasphemie-Vorwürfen in Pakistan



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) berichtet über eine massive Zunahme von Blasphemie-Vorwürfen in Pakistan gegen Christen, Ahmadiyyah-Muslime, Hindu und gemäßigte Muslime. "Niemals zuvor hat es so viele Blasphemie-Verfahren vor der Justiz oder Angriffe wegen vermeintlicher Gotteslästerung auf Angehörige religiöser Minderheiten in Pakistan gegeben", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. So starben am Sonntagabend in der Stadt Gujranwala bei einem Pogrom gegen Ahmadiyyah eine Mutter und ihre beiden minderjährigen Töchter. Acht Menschen wurden schwer verletzt. Rund 150 aufgebrachte Muslime hatten fünf Wohnhäuser und ein Lagerhaus der Minderheit in Brand gesetzt. Ausgelöst wurde der Pogrom durch Vorwürfe, ein in den Häusern lebender Jugendlicher habe mit einem Facebook-Eintrag das Ansehen des Propheten Mohamed verletzt. Er überlebte den Angriff unverletzt.

Am 7. Mai 2014 war der wegen seines Engagements für Blasphemie-Opfer bekannte Rechtsanwalt Rashid Rehman von radikalen Islamisten ermordet worden. Zuvor hatte er Todesdrohungen erhalten. Am 14. Mai 2014 waren 68 muslimische Rechtsanwälte wegen angeblicher Blasphemie festgenommen worden. Ihnen wird vorgeworfen, im Namen der "islamischen Nation" ("Umar") gegen die Festnahme eines Anwalts protestiert zu haben. Am 17. Mai wurde eine Gruppe von Anhängern der "Zeugen Jehovas" angeklagt. Sie sollen Flugblätter verteilt und so das Ansehens des Propheten Mohamed verletzt haben. Am gleichen Tag wurden auch Blasphemie-Verfahren gegen einen 20 Jahre alten Muslim eingeleitet, dem vorgeworfen wird, den Koran verbrannt zu haben, sowie Ermittlungen gegen den bekannten Medien-Unternehmer Shakeel-ur-Rehman und gegen drei weitere prominente Persönlichkeiten aus den Medien begonnen.

Gab es im Jahr 2001 nur ein Gerichtsverfahren wegen Blasphemie, so waren es im Jahr 2011 bereits 80 Klagen. Im Jahr 2012 wurden 27 Fälle registriert. Im Jahr 2013 wurden in Pakistan 34 Menschen wegen Blasphemie angeklagt. Die Verfahren enden oft mit langjährigen Haftstrafen oder der Verhängung der Todesstrafe. Die Todesurteile wurden bislang jedoch nicht vollstreckt. So wurde die Katholikin Asia Bibi am 8. November 2010 als erste Frau in der Geschichte Pakistans wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt. Bis heute wartet die fünffache Mutter in der Todeszelle auf ihr weiteres Schicksal. Unterstützer im In- und Ausland haben erreicht, dass am 9. September in einem Berufungsverfahren erneut über ihren Fall entschieden wird.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 28. Juli 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2014