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EUROPA/534: Mutmaßlicher Massenmörder Ratko Mladic heute in Den Haag vor Gericht


Presseerklärung vom 4. Juni 2011

Mutmaßlicher Massenmörder Ratko Mladic heute in Den Haag vor Gericht:

Srebrenica: Noch fehlen die sterblichen Überreste von mindestens 1.372 Knaben, Frauen und Männern.
Mladic soll endlich Auskunft über die Lage aller noch unbekannten Massengräber geben!


Für die Gesellschaft für bedrohte Völker-International (GfbV-Int.) appellierte deren Gründer Tilman Zülch dringend an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (ICTY), den ehemaligen Oberbefehlshaber der serbischen Truppen in Bosnien-Herzegowina schnellstmöglich zur Auskunft über die Lage aller noch unbekannten Massengräber zu bewegen. "Nach Angaben des bosnischen 'Instituts zur Erfassung von Kriegs- und Völkermordverbrechen' in Sarajevo waren 22.952 Personen freiwillig oder 'gezwungen' am Töten, Transportieren oder Verscharren der Ermordeten oder an der Militäraktion gegen Srebrenica beteiligt. Als Oberkommandierender der Armee der serbischen Teilrepublik Srpska könnte Mladic die ihm damals unterstellten Mittäter am ehesten bewegen, Auskünfte über die Lage der Massengräber geben", so Zülch.

Bisher sind die Namen von 8.372 Knaben (1.042 Minderjährigen) und Männern bekannt, die in Srebrenica und den umliegenden Ortschaften vom 11. Juli bis zum 19. Juli 1995 und danach verschwunden sind. Wenig bekannt ist, dass sich auch 570 Mädchen und Frauen unter den Opfern befinden. Die genannten Zahlen werden vom Gedenkzentrum in Potocari bei Srebrenica, von den Mütterbewegungen der Opfer, von bosnischen Genozidforschern sowie dem ICMP (International Commission on Missing Persons) bestätigt. Bisher wurden die sterblichen Überreste von 7.000 (ganz oder teilweise) Srebrenica-Opfern gefunden. 6.594 wurden bisher identifiziert und 4.524 auf dem Friedhof im Gedenkzentrum Potocari beerdigt. Am 11. Juli diesen Jahres werden weitere etwa 600 identifizierte Opfer dort bestattet.

Doch noch warten die Angehörigen von 1.372 der verschwundenen Opfer auf Aufklärung von deren Schicksal. Nach 16 Jahren fürchten viele der alten und kranken Mütter, dass sie sterben, ohne ihre Liebsten beerdigen zu können.

Um die Spuren zu verwischen und die Ermordeten zu verstecken, hatten die serbischen Täter unter Mitwirkung der serbisch-bosnischen Behörden die "primären" Massengräber mit Baggern ausgehoben und die Toten an verschiedenen Orten verscharrt. In der Folge wurden die sterblichen Überreste vielfach auseinandergerissen, so dass bei den Exhumierungen, die Identifizierungen erschwert und vielfach nur Teile der Gebeine der Opfer gefunden, identifiziert und den Angehörigen übergeben werden konnten. So haben immer weniger von ihnen ihre Toten angemessen bestatten können.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Den Haag, den 04. Juli 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2011