Schattenblick → INFOPOOL → BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER


EUROPA/625: Katalonien-Streit droht zu eskalieren


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 26. September 2017

Katalonien: Streit um Unabhängigkeitsreferendum

Menschenrechtler warnen vor Verhaftung des katalanischen Ministerpräsidenten


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Spaniens Regierung vor einer Verhaftung des katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont gewarnt. Spaniens Generalstaatsanwalt José Manuel Maza hatte gestern in einem Interview ausdrücklich eine Festnahme des bedeutendsten Vertreters der katalanischen Regionalregierung nicht ausschließen wollen. "Spaniens Regierung setzt im Streit um das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien auf Einschüchterung und Repression statt auf Dialog und politische Konfliktlösung. Das ist für eine Demokratie äußerst unbefriedigend und ein Armutszeugnis. Die Repression wird den gegenteiligen Effekt haben und noch mehr Katalanen für eine Unabhängigkeit stimmen lassen", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen.

Nachdrücklich kritisierte die Menschenrechtsorganisation, dass am gestrigen Montag 17 Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen von der Polizei zu Verhören vorgeladen wurden. Sie werden beschuldigt, auf den Webseiten ihrer Organisationen für das am 1. Oktober 2017 geplante Unabhängigkeitsreferendum geworben zu haben. "Dies ist ein schwerwiegender Eingriff in die Meinungs-, Presse- und Organisationsfreiheit, der bei Katalanen den Eindruck der Willkür und Erinnerungen an die Zeit der Franco-Diktatur weckt", erklärte Delius.

Am 20. September 2017 waren bereits 14 katalanische Beamte und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen von der Polizei festgenommen worden, denen vorgeworfen wurde, das Referendum zu unterstützen. Sie wurden später wieder freigelassen, doch sechs der Festgenommenen stehen weiterhin unter polizeilicher Überwachung.

"Spaniens Regierung setzt auf Einschüchterung statt mit guten Argumenten zu überzeugen und den Dialog über die jahrelang von Madrid blockierte Reform des Autonomie-Statuts wieder aufzunehmen", sagte Delius. In diese Politik passt auch ein gestern angeordneter Zahlungsbefehl für den früheren katalanischen Ministerpräsidenten Artur Mas. Der Spanische Rechnungshof ordnete an, dass Mas 5,2 Millionen Euro in den nächsten 15 Tagen an den spanischen Staat zahlen muss, um die Kosten eines von der spanischen Regierung für illegal erklärten Unabhängigkeitsreferendums im November 2014 zu decken. Bei Nichtzahlung drohen Mas und drei weiteren früheren Mitgliedern seiner Regierung - Joana Ortega, Francesc Homs, Irene Rigau - die Beschlagnahme ihrer privaten Geldkonten.

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 26. September 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. September 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang