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EUROPA/632: Europäische Union versagt im Katalonien-Konflikt


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 28. Oktober 2017

Europäische Union versagt im Katalonien-Konflikt

Europa ist für die Eskalation der Krise mitverantwortlich


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Europäischen Union Versagen im Katalonien-Konflikt vorgeworfen. "Statt ihre Erfahrung in Konfliktprävention und ihr ganzes diplomatisches Können einzusetzen, um eine Eskalation der Katalonien-Krise abzuwenden, haben die EU-Staaten einseitig für Spaniens Regierung Partei ergriffen, die auf Zwang und Repression setzt. Für die Eskalation des Streits ist die EU mitverantwortlich, denn es ist ein Konflikt mit Ansage, der sich durch Aussitzen und Untätigkeit nicht lösen lässt", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Samstag in Göttingen. "Dem Ansehen der EU wird dadurch schwerer Schaden zugefügt, denn bald werden hässliche Bilder aus Barcelona kommen, die wir aus diktatorisch regierten Ländern kennen. So liefert die EU Diktatoren in China, Russland und dem Sudan eine Steilvorlage, um zukünftig Kritik aus Europa an Menschenrechtsverletzungen zurückzuweisen."

"Wenn der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert Spaniens Regierung jede Unterstützung zusichert und nur in einem Nebensatz den Wunsch nach Dialog zwischen den Konfliktparteien äußert, dann ist dies das falsche Signal an Madrid. Denn Ministerpräsident Marino Rajoy hat sich in den letzten Jahren als unfähig und unwillig erwiesen, einen glaubwürdigen Dialog mit den Katalanen zu führen", erklärte Delius.

"Die einseitige Parteinahme für Spaniens Regierung ist besonders problematisch, da sie offensichtlich Ministerpräsident Rajoy in seiner Sturheit bestärkt hat, sich nicht um einen politischen Kompromiss zu bemühen", erklärte Delius. "Doch wer Konflikte beilegen will, muss auch zu Zugeständnissen bereit sein und dem Streitgegner einen würdevollen Ausweg aus der Krise ermöglichen. Rajoy hat diese Grundregel in den letzten Tagen ignoriert und aus wahltaktischen Überlegungen auf Stärke und eine Eskalation des Konflikts gesetzt. Seinem Land erweist er damit einen Bärendienst, der Spanien und die EU noch teuer zu stehen kommen könnte."

Die GfbV wies darauf hin, dass es kaum einen Konflikt in der Welt gibt, in dem die EU nicht mit Rat und Tat versucht, schlichtend aktiv zu werden. "Doch gerade im eigenen Haus versagt sie und verspielt damit weltweit ihre Glaubwürdigkeit. So schwächt sie auch Bemühungen von Nichtregierungsorganisationen um nachhaltigen Frieden und Demokratisierung", sagte Delius.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 28. Oktober 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2017

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