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EUROPA/647: Spanien - Scharfe Kritik an Deutschlands Umgang mit der Katalonien-Krise


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 27. März 2018

Scharfe Kritik an Deutschlands Umgang mit der Katalonien-Krise - Ignorieren, Aussitzen und Wegloben ersetzen keine Strategie zur Konfliktlösung


Göttingen, den 27. März 2018 - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der deutschen Bundesregierung schwere Fehler im Umgang mit der Katalonien-Krise vorgeworfen. "Seit der Eskalation des Konflikts im Oktober 2017 ignoriert die Bundesregierung die wachsenden Spannungen in Katalonien, sitzt sie aus oder lobt sie weg, indem sie der spanischen Regierung ihr Vertrauen ausspricht. Doch Deeskalation und verantwortungsvolles Konfliktmanagement sehen anders aus", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "In vielen Regionen der Welt bietet Deutschland Hilfe bei Konfliktlösungen an, vor der eigenen Haustür versagt die Bundesregierung jedoch." Zwar beteuere Regierungssprecher Steffen Seibert, das Verhältnis zu Spanien sei durch die Verhaftung von Puigdemont nicht belastet. "Doch wie die Richter in Schleswig-Holstein auch entscheiden, viele Spanier oder Katalanen werden dies als Affront ansehen."

Reflexartig habe die Bundesregierung seit Monaten betont, sie habe Vertrauen in Spaniens Umgang mit der Krise. "Eine angemessene und glaubwürdige Begründung für diesen rational nicht mehr nachvollziehbaren Vertrauensvorschuss bleibt die Regierung in Berlin jedoch schuldig", kritisierte Delius. "Alle Forderungen nach Vermittlung in dem festgefahrenen Konflikt wurden in den Wind geschlagen. Dabei ist es seit Monaten offensichtlich, dass die Konfliktparteien in Katalonien sich ohne Hilfe Dritter nicht auf eine Lösung verständigen werden. Nun ist der Konflikt in Mitteleuropa angekommen und jetzt sollen Schleswig-Holsteins Richter die Angelegenheit regeln. Verantwortungsvolles politisches Handeln sieht anders aus."

"Außerdem fehlt es an klaren Worten an die Adresse der befreundeten konservativen Regierung in Spanien", betonte der Menschenrechtler. "Madrid hat in den vergangenen sechs Monaten keinen einzigen glaubwürdigen Versuch unternommen, den politischen Konflikt mit politischen Mitteln zu lösen und so die Beilegung der Streitigkeiten erheblich erschwert."

"Die Details, die jüngst über die Umstände der Festnahme des katalanischen Politikers ans Licht kamen, machen deutlich, wie führend spanische Sicherheitsdienste daran beteiligt waren. So ist auch Spaniens Argumentation unglaubwürdig, man überlasse jetzt der Justiz das Feld", kritisierte Delius. "Dies muss ein Weckruf für die Regierung in Berlin und für die Europäische Union sein, der spanischen Regierung nicht mehr blind zu vertrauen, sondern auf eine internationale Vermittlung zu drängen."

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Quelle:
Pressemitteilung vom 27. März 2018
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2018

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