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MELDUNG/021: Jahreswechsel 2010/2011 - Mut im Kampf für Menschenrechte nicht sinken lassen


Presseerklärung vom 29. Dezember 2010

Zum Jahreswechsel 2010/2011

Mut im Kampf für Menschenrechte nicht sinken lassen


"Die Menschenrechtler in der Welt dürfen den Mut nicht sinken lassen, denn es gibt immer wieder Erfolge", ermuntert der Gründer der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen, Tilman Zülch zu noch mehr Engagement für Frieden und Gerechtigkeit. In einem Brief zum Jahresende an die Mitglieder und Unterstützer der GfbV schildert der 71-Jährige sehr persönlich, warum er für die Menschenrechte kämpft: Er selbst war ein Flüchtlingskind. Seine Familie schloss sich im eisigen Januar 1945 dem Treck der Pferdewagen aus dem Ostem an. Zülch war damals fünf Jahre alt.

Die eigene Vertreibung hat ihn zum Getriebenen gemacht: Oft bis spät in die Nacht schmiedet er Pläne, wie GfbV-Kampagnen gegen Völkermord, Vertreibung und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit noch schlagkräftiger werden können. "Denn nur durch Papiergeraschel wird heutzutage kaum noch jemand wach", sagt der Menschenrechtler, "wir müssen aktiv etwas tun."

Zülch rief noch einmal dazu auf, langjährig geduldete Flüchtlinge vor Abschiebung zu schützen. "Wir müssen es vor allem den hier geborenen und aufgewachsenen Flüchtlingskindern ersparen, aus dem Land gejagt zu werden, das längst zu ihrer Heimat geworden ist", heißt sein leidenschaftliches Plädoyer. Große Sorgen macht er sich auch um die Zukunft der assyro-chaldäischen Christen im Irak. Ihre Kirchen sind Ziel tödlicher Attentate extremistischer Islamisten. Seit 2003 mussten Hunderttausende fliehen. Um den Exodus der Christen aufzuhalten, fordert die GfbV eine Autonomie für ihr Hauptsiedlungsgebiet.

"Trotz moderner Kommunikationsmittel wie das Internet, die selbst Ureinwohner oft längst nutzen, suchen Betroffene aus aller Welt ständig Hilfe bei der GfbV", berichtet Zülch. "Denn so einfach stoßen sie bei Politikern nicht auf offene Ohren. Dafür brauchen sie unsere Unterstützung." Nach Recherchen bei den bedrängten Adivasi in Indien begleitete die GfbV 2010 einen Vertreter dieser Ureinwohner zu Gesprächen mit deutschen Politikern. Sehr wichtig war ein Termin bei Fachleuten für Strahlenschutz, weil einige Adivasi-Gemeinschaften den Risiken eines ungeschützten Uran-Abbaus ausgesetzt sind.

Die GfbV, die bei den Vereinten Nationen (UN) beratenden Status und beim Europarat mitwirkenden Status hat, klagte auch in diesem Jahr vor dem UN-Menschenrechtsrat die Verfolgung und Unterdrückung ethnischer Minderheiten wie der Tibeter, Uiguren, Südsudanesen oder Darfuri an. Schlagworte wie Klimawandel, Energiehunger, Bodenschatzabbau, Antiterrorkampf verschleiern nach Auffassung der Göttinger Menschenrechtsorganisation den Überlebenskampf vieler kleinerer Volksgruppen. So hätten beispielsweise Amazonas-Indianer in Brasilien um Hilfe beim Widerstand gegen die Errichtung eines riesigen Wasserkraftwerks am Xingu gebeten. Es wird ihre Lebensgrundlage vernichten.

Rund 40 Mitarbeiter sind hauptamtlich im Bundesbüro in Göttingen und in den GfbV-Sektionen in der Schweiz, Österreich, Italien, Bosnien-Herzegowina, Irakisch-Kurdistan sowie in New York und London tätig. Etwa 30.000 Menschen nehmen als Mitglieder, Förderer und Spender an der GfbV-Arbeit teil.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 29. Dezember 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Dezember 2010