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INTERNATIONAL/024: Brasilien - Kritik an staatlichen Maßnahmen gegen Gewalt im Amazonasgebiet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. Juni 2011

Brasilien: Kritik an staatlichen Maßnahmen gegen Gewalt im Amazonasgebiet

Von Fabiana Frayssinet


Rio de Janeiro, 3. Juni (IPS) - In Brasilien hat die Regierung von Staatspräsident Dilma Rousseff in Reaktion auf die Ermordung von vier Umweltschützern Ende Mai in den nordbrasilianischen Amazonas-Bundestaaten Pará und Rondônia die Bildung eines Sonderkabinetts angekündigt. Auch sollen Maßnahmen zum Schutz von 125 Aktivisten erörtert werden, die Todesdrohungen erhalten haben.

Die jüngste Mordserie nahm ihren Anfang am 24. Mai, als in Nova Ipixuna in Pará das Ehepaar José Cláudio Ribeiro da Silva und Maria do Espírito Santo erschossen wurde, das sich 24 Jahre lang für den Schutz der Wälder eingesetzt hatte. Drei Tage später starb der Umweltschützer Adelino Ramos in Vista Alegre de Abuña in Rondônia. Am 28. Mai wurde Erenildo Silveira dos Santos in Pará ermordet. Die Polizei nimmt an, dass er Zeuge des Verbrechens an dem Umweltschützerpaar gewesen war.


Verbrechen meist ungesühnt

Nach Ansicht von Joao Pedro Stédile von der Landlosenbewegung MST, werden die angekündigten staatlichen Maßnahmen angesichts der wirtschaftlichen Macht von Großgrundbesitzern und Unternehmen nichts bewirken. Stattdessen forderte er die konsequente Strafverfolgung der Mörder und ihrer Auftraggeber.

Denn in den überwiegenden Fällen werden die Verbrechen nicht gesühnt, wie Zahlen der kirchlichen Organisation 'Pastorale Kommission der Erde' belegen. In den letzten 25 Jahren wurden demnach in den ländlichen und abgelegenen Gebieten Brasiliens 1.580 Menschen ermordet. In nur 91 Fällen kam es zu Gerichtsverhandlungen, die mit der Verurteilung von 21 Auftraggebern und von 73 Auftragskillern endeten.

Brasilien verfügt über 5,3 Millionen Quadratkilometer Regenwald. Davon stehen 1,3 Millionen Quadratkilometer unter Naturschutz. Doch handfeste Wirtschaftsinteressen der Agrar-, Holz und Bergbauindustrie sorgen dafür, dass der Druck auf die kostbaren Wälder in letzter Zeit wieder zunimmt.

In den Jahren 2009 und 2010 wurden in dem südamerikanischen Land 700.000 Hektar Wald zerstört. Das war die niedrigste Rate seit 1988, als mit den Messungen des Waldschwunds begonnen wurde. Doch ein Regierungsbericht vom 19. Mai kommt zu dem Schluss, dass zwischen August 2010 und April 2011 27 Prozent mehr Wald vernichtet wurden. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2011